Archive for Februar, 2010

Was die Zahlenkette 36-24-36 zu bedeuten hat

Februar 28, 2010

Dieser Autor ist im Internet letztens an einem Bild von Seven of Nine aus Star Trek Voyager vorbeigesurft und aus völlig unerfindlichen Gründen kam ihm der Gedanke, dass man auf die Bedeutung der Zahlenkette 36-24-36 eingehen sollte.

Zuerst muss man wissen, dass es sich um ein Maß in Zoll handelt. Eigentlich muss man also 36″-24″-36″ schreiben. Da zwölf inches bekanntlich ein foot sind, könnte man stattdessen einfach 3′-2′-3′ benutzen, aber dann leidet die Genauigkeit, und die ist einigen Leuten wichtig.

Was uns zum Problem bringt, wie viele Zentimeter das sind. Wer jetzt 90-60-90 sagt, hat das Thema verstanden und darf zur Akademie der Sternenflotte. Fragt man die Umrechnungsmachine von Google, kommt aber nur für die Einzelwerte etwas heraus, nämlich 91,4 – 60,9 – 91,4.

Das lehrt uns zwei Sachen: Erstens, das Ding wurde von Schwulen programmiert. Zweitens, die Ansprüche in Europa sind offensichtlich geringer, denn, äh, gerundet sind das eigentlich 91-61-91. Think big, will man der Alten Welt da zurufen. In beiden Fällen bleibt allerdings das angeblich wichtige Taillen-Hüften-Verhältnis von etwa 0,7 erhalten.

Die Zahlen 36-24-36 und diverse Anspielungen findet man im angelsächsischen Raum überall. Damit die quängelnden Matt-Groening-Fans endlich Ruhe geben, sei hier neben den Maßen von Turanga Leela auch die Schulschrank-Kombination von Bart Simpson erwähnt. Weiter hätten wir die Telefonnummer in dem Lied „Dirty Deeds“ von AC/DC:

Pick up the Phone
I’m always home,
Call me anytime:
362-4360

Hier ist noch ein weiterer Witz eingebaut, denn die Null am Ende wird oh ausgesprochen.

Und Seven of Nine? Nun, es gibt wohl einen Grund, warum die Figur auch spöttisch 36 of D genannt wird – offenbar nicht zu Unrecht.

Guess the Party, das lustige politische Ratespiel

Februar 24, 2010

Heute wollen wir dem interessierten Leser ein besonders unter amerikanischen Konservativen beliebtes Spiel mit den Medien vorstellen: Guess the Party. Hintergrund ist der Vorwurf, dass Journalisten – angeblich alles linke Zecken – bei Berichten über das Fehlverhalten von Demokraten bewusst die Parteizugehörigen verschweigen. Habe dagegen ein Republikaner etwas ausgefressen, heißt es weiter, werde die Partei so prominent wie möglich genannt.

Nehmen wir dieses Beispiel aus dem konservativen Blog Moonbattery:

See if you can guess Texas State Rep. Borris Miles’s party affiliation after reading this news report: […] If you haven’t guessed his affiliation yet, here’s a giant clue: the news report doesn’t say.

(Wir hatten den Begriff moonbat bereits erklärt). Blogs wie The Colossus of Rhodey sammeln solche Fälle. Dummerweise geht die Unterstellung gelegentlich in die Hose und es war doch ein Republikaner. Zudem ist es besonders auf den unteren Ebenen in der US-Politik wegen der Direktwahl so, dass sie gar nicht zu einer Partei gehören müssen.

Es gibt Varianten von Guess the Party wie Guess the Religion. Dabei wird unterstellt, dass die Journalisten aus politischer Korrektheit den Glauben auslassen, wenn die Täter Muslime sind. Das folgende Beispiel stammt aus dem Blog der konservativen Kommentatorin Debbie Schlussel, die laut Wikipedia selbst auch für Zeitungen schreibt:

While both [newspapers] had big stories on the food stamp ring — which ripped off taxpayers to the tune of over $1.5 million — neither story would publish the names of the defendants even though they were in the press release. Why? Well, naming them would let readers know that all of the individuals in this ring are Muslim Arabs, Shi’ites from Lebanon.

Interessant ist dieses Beispiel im Zusammenhang mit unserem Eintrag zum police blotter, denn Schlussel druckt die Namen der 27 Verdächtigen dann selbst ab. Man beachte auch das Foto von der Razzia, bei dem die Gesichter – natürlich auch das des Polizisten – klar zu erkennen sind. In den USA ist das, wie gesagt, völlig legal.

Programmiert ist der Vorwurf der aktiven, äh, Verschleierung der Religion bei Berichten über Unruhen in den Vororten von Paris (Paris, France wohlgemerkt, nicht Paris, Texas). Hier wird, so die Behauptung, ständig nur von „Jugendlichen“ gesprochen, ohne auf deren Glauben hinzuweisen. Dem Religions-Redakteur der Nachrichtenagentur Reuters Tom Heneghan wurden die Vorwürfe irgendwann zu doof, und er schrieb in seinem Blog eine lange Erwiderung: Die Religion sei nach seiner Ansicht hier nicht relevant.

Why should we inject religion into this when these neighbourhoods are actually a religious patchwork and there is no sign that faith has been a factor in the rioting?

Es gibt weniger kontroverse Varianten von Guess the Religion. Der interessierte Leser mag sich angesichts des jüngsten Treffens zwischen US-Präsident Barack Obama und dem Dalai Lama anschauen – ob in den amerikanischen oder deutschen Medien – wie häufig der ältere der beiden Friedens-Nobelpreisträger nur „das geistliche Oberhaupt der Tibeter“ genannt wurde. Hinweise darauf, dass er irgendwas mit dem Buddhismus zu tun haben könnte, fehlen gerne, trotz des geschorenen Kopfes und des doch recht auffälligen rot-gelben Gewandes.

(Wer als Buffy-Fan jetzt stutzt: Ja, in der achten Staffel werden die tibetanischen Mönche mit gelben Roben gezeichnet, aber das ist ein Fehler: Gelb tragen die chinesischen Mönche [Foto], rot und gelb die tibetanischen [Foto]. Offenbar handelt es sich um einen Recherchefehler.)

Ob bei irgendeinem der Ratespiele wirklich eine Verschwörung oder Boshaftigkeit im Hintergrund steht, kann dieses Blog natürlich nicht sagen. Der Vollständigkeit halber verweisen wir am Ende aber auf eine Variante von Hanlon’s Razor als alternative Erklärung:

Never attribute to malice that which can be adequately explained by incompetence.

Das wusste schon Goethe.

ZEUGS: Die schönsten Menschen der Welt, Literatur in nackt und ein Leben ohne Heizung

Februar 19, 2010

Irgendwann im Herbst, können wir jetzt schon sagen, wird dieses Blog eine längere Pause machen: Firaxis hat die Veröffentlichung von Civilization V angekündigt. Wie sie selbst zugeben, gehört das Spiel zu the franchise responsible for sleep deprivation and reduced productivity for nearly two decades, auch bei diesem Autor. Allerdings wird entsprechend vielleicht niemand merken, wenn das Blog eine Pause macht …

Weitere, im Vergleich dazu zweitrangige Entwicklungen der vergangenen Tage:

  • Zu Duh-Selbstverständlichkeiten: Endlich haben die Engländer die Wahrheit erkannt: Dass die Amerikaner die attraktivsten Menschen der Welt sind (und die Kanadier weit abgeschlagen). Leider zeigen sich einige Engländer uneinsichtig, wie die interessierte Leserin SJ bemerkt (Link hinzugefügt):

    The moment you travel in the „flyover states“ you encounter a race of Ork-like creatures with low foreheads, hairy hands and torsos that look as if they’ve been pumped full of custard.

    Die Briten sehen demnach aus wie Hobbits, am schönsten seien die Menschen in Israel.

  • Zur Swimsuit Edition: In diesem Zusammenhang müssen wir nachreichen, dass Brooklyn Decker die Titelseite der Bademode-Ausgabe von Sports Illustrated für 2010 ziert.
  • Zu prüden Amerikanern: Und das bringt uns zwanglos zu einem neuen Trend in der Literatur: Öffentliche Lesungen von nackten Frauen (also, die Frauen lesen).

    [T]he performance of the night belonged to Sapphire Jones, who read the Death of Snowden scene from Catch-22. Standing tall and straight as a lamppost, with light inflection and perfect rhythm, Sapphire evoked the bleak sorrow of Yossarian’s inability to save, or even comfort, the dying Snowden beyond feebly repeating „There, there. There, there.“ That she was tall, trim, and not wearing a stitch of clothing meant very little by the end of her reading, compared to the stark beauty of Joseph Heller’s devastating prose.

    Die nächste Lesung findet in New York statt. Thema: Science Fiction.

  • Zur Häuserdämmung: Ehrlich, warum überhaupt eine Heizung? Ist das nicht irgendwie für Warmduscher? Die New York Times berichtet (mit Fotostrecke) über Amerikaner, die freiwillig auf eine Heizung verzichten. Warum tun sie das? Nun, Justen Ladda in New York ist ein Musik-Freak:

    Proper temperature control, you see, would require insulating his wooden ceiling, and ruining its fine acoustics. „I know this sounds really lame, but I listen to a lot of music and it just sounds better,“ he said.

    Da nimmt man schon mal in Kauf, dass die Zahnpasta gefriert oder sich der Kühlschrank von selbst ausschaltet. Einer der Leute, die (kaum) heizen, bloggt im Cold House Journal.

  • Zu Avatar: io9 hat eine Liste mit allen, äh, Einflüssen auf den Film zusammengestellt.
  • Zu Rosie the Riveter: Das Poster gibt es inzwischen auch als Star Wars-Motiv. Und dann hätten wir noch Bilder von ihrem BH. So geschützt konnte der Krieg gar nicht verloren gehen …
  • Zu Anreden: Dale Askey von der Uni Leipzig hat ein Diagramm für Angelsachsen erstellt, damit sie wissen, wann „Du“ und wann „Sie“ angebracht ist. Man beachte den Hinweis auf die Tätowierungen.

Milliarden und Billionen (oder wie man mit Python tote Zombies zählt)

Februar 17, 2010

Eigentlich wollte dieser Autor zu diesem Thema keinen eigenen Eintrag machen, aber in jüngster Zeit ist der Fehler wieder mehrfach aufgetaucht, und daher gehen wir doch kurz darauf ein: Wie man im Englischen und Deutschen große Zahlen nennt.

Im Englischen ist alles ganz einfach. Man nimmt eine Reihe von Vorsilben, die sich zwanglos aus toten Sprachen ableiten – mi, bi, tri, quadri – und hängt jeweils -llion an. Es wird also schön der Reihe nach einzeln durchgezählt. Für die Python-Fans unter den interessierten Lesern:

for s in ["mi", "bi", "tri", "quadri"]:
… print s+"llion"

[Der code-Tag von WordPress ist zu doof, um Whitespace zu erhalten, daher die Punkte]

Im Deutschen gibt es dagegen immer einen Doppelschritt. Auf „Million“ folgt „Milliarde“, auf „Billion“ dann „Billiarde“ und auf „Trillion“ halt „Trilliarde“. Die Vorsilben sind die gleichen, aber es wird paarweise durchgezählt:

for s in ["mi", "bi", "tri", "quadri"]:
… print s+"llion"
… print s+"lliarde"

Aber Moment, so einfach ist das nicht, denn die Deutschen beharren ja immer noch auf die Großschreibung:

import string
for s in ["mi", "bi", "tri", "quadri"]:
… print string.capitalize(s+"llion")
… print string.capitalize(s+"lliarde")

Eine billion hat aber damit nichts mit einer „Billion“ zu tun, außer, dass beide ziemlich große Zahlen sind. Formell spricht man von den long and short scales, auf Deutsch von „Leitern“. Die Briten haben seit 1974 das US-System. In der Praxis bedeutet das für die Übersetzung:

Million -> million
Milliarde -> billion
Billion -> trillion
Billiarde -> quadrillion

Die häufigsten Fehler gibt es bei der Umwandlung von billion zur Milliarde, daher ist die Zeile oben hervorgehoben: Wenn man sich das merkt, reicht das meistens. Außer natürlich, man arbeitet in der Astronomie, einer mathematischen Fakultät oder, nun, im US-Finanzministerium.

Üben wir das zum Abschluss an einem praktischen Beispiel: Wenn die Spielhersteller von Valve bekanntgeben, dass zwei Monate nach der Veröffentlichung von Left 4 Dead 2 weltweit knapp 29 billion Zombies getötet wurden, dann sind das nur 29 Milliarden Zombies, nicht „29 Billionen“ (man beachte aber den Hinweis für die jüngeren Leser).

Das hört sich doch gleich viel humaner an, oder?

ZEUGS: Lob für Bin Laden, Shakespeare-Katzen und Hitlers Empörung

Februar 13, 2010

Der Superbowl vor einer Woche war in den USA die meistgesehene TV-Sendung aller Zeiten, und das natürlich völlig zurecht. Ein äußerst spannender Kampf zwischen einer Mannschaft mit wunderbarer Technik und einer mit viel Herz, bei dem sich die Führung sich immer wieder abgewechselt hat. Ach, und die Richtigen haben gewonnen. Was will man mehr?

Eine Ausstrahlung in HD natürlich. Aber die ARD arbeitet angeblich daran.

Zurück ins Berliner Umland: Parallel zum Schnee haben sich hier große Mengen von Zeugs-Einträgen angehäuft, daher wird es in den kommenden Wochen mehr davon geben.

  • Zu Kyoto-Protokoll: Trotz aller Bemühungen auch dieses Blogs scheint die Vorstellung unausrottbar, dass Präsident George W. Bush für die Ablehnung des Klimaprotokolls verantwortlich ist. Die Leute sollen sich alle Mal ein Beispiel an Al-Kaida-Chef Osama bin Laden nehmen, der es begriffen hat (Hervorhebung hinzugefügt):

    Bush Junior, however, and the Congress before him, rejected this pact to appease the giant corporations.

    Wer ein Top-Terrorist sein will, muss halt die Fakten kennen. Sonst kommt man nie in den Evil League of Evil.

  • Zum do as I say: Wenn man einmal angefangen hat, passende Situationen zu suchen, kann man kaum aufhören. Präsident Barack Obama hat in seiner ersten Rede zur Lage der Nation gefordert, dass Lobbyisten alle Kontakte mit Regierungs- oder Kongressmitgliedern offenlegen müssen. Na fein, schreibt die Bürgerrechtsgruppe Electronic Frontier Foundation (EFF), denn wir klagen gerade, um solche Informationen zu bekommen, und die Regierung wehrt sich mit Händen und Füßen. Wie könnte also die Antwort des Präsidenten lauten? Genau.
  • Zu alten Sprachformen: Die LOLcats haben eine Shakespeare-Version mit den üblichen Fehlern veröffentlicht (Hervorhebung hinzugefügt):

    Shakespeare Kitten dost not approve of thou foul grammar

    Allerdings deutet natürlich der Inhalt darauf hin, dass es absichtlich ist.

  • Zum Energieverbrauch in den USA, oder genauer, zum Energiemix: Im Forbes-Blog vergleicht Robert Rapier die Preise für Energieträger in Amerika und kommt zum folgenden Schluss:

    It isn’t difficult then to see why wood pellets have a difficult market in North America. For people with access to natural gas, the lower price and convenience of natural gas is compelling. In Europe, a combination of taxes and supply insecurity has resulted in high natural gas prices, so wood pellets are more competitive there.

    Nicht vergessen, mit corn ist Mais gemeint. In den Kommentaren wird darauf hingewiesen, dass in der Liste Erdwärme fehlt.

  • Zu Nazi als Alltagsbegriff, erstens: In Kalifornien gibt es, nun, umfangreiche Regeln, was die Überprüfung des Reifendrucks angeht (was dabei helfen soll, Benzin zu sparen). Wie nennt man dann die dazugehörigen Bürokraten? Tire Nazis.
  • Zu Nazi als Alltagsbegriff, zweitens: Die Untergang-Persiflage „Downfall of Grammar“ [YouTube] ist nach Ansicht dieses Autors die handwerklich beste der ganzen Serie, denn sie schafft es, Hitler als den einzigen Normalen in einer Gruppe von Irren darzustellen, was aus offensichtlichen Gründen nicht wirklich einfach ist:

    We are fighting a goddamned war here, and all they can think about is correcting my grammar?

    Es sollte nochmal betont werden, dass man im Englischen selbstverständlich Präpositionen ans Ende setzen darf. Also, meistens.

  • Zu Nazi als Alltagsbegriff, drittens und zum Abschluss des Themas, denn irgendwann reicht es: Was hält eigentlich Hitler davon, dass die Amis diese ganzen Nazi-Formen benutzen? Nun, er ist fürchterlich empört [YouTube]:

    I have had it with these Americans. If they cannot tell the difference between a genocidal maniac and those fucking teabaggers, they can all go to hell.

    Da werden wir wohl auf Bin-Laden-Videos umsteigen müssen.

[Reifen-Nazis gefunden über Instapundit.]

Eine Brücke und ein Währungsraum zu weit

Februar 8, 2010

Der Wirtschafts-Nobelpreisträger Paul Krugman wettert in seinem Blog weiter gegen den Euro. Dabei ist der letzte Halbsatz des Eintrags vielleicht nicht für alle Leser verständlich (Hervorhebung hinzugefügt):

[W]hat’s happening to Spain reflects the inherent problems with the euro, which now more than ever looks like a monetary union too far.

Wer jetzt mit dem too far nichts anfangen kann, guckt nicht genug Kriegsfilme: A Bridge Too Far (1977) handelt von der Operation Market Garden im Zweiten Weltkrieg, als alliierte Luftlandetruppen Brücken in den Niederlanden einnehmen sollten. Der Film mit Sean Connery, Anthony Hopkins, Hardy Krüger, Laurence Olivier, Robert Redford und Maximilian Schell basiert auf einem Buch von Cornelius Ryan.

Der Plan war etwas überambitioniert, daher der Titel, der als Bild in die Alltagssprache übergegangen ist. Das klappte in Deutschland nicht, denn die Synchro leistete wieder ganze Arbeit: Hier lautet der Titel Die Brücke von Arnheim.

[Korrektur 9. Feb 2010: Vorlage von Ryan war kein Roman, sondern ein Sachbuch, zuerst gesehen von DKS, vielen Dank]