Als Teil ihrer kulturellen Bildung wird Kind Nummer Eins langsam in das Marvel-Universum eingeführt, denn offenbar bekommt die Jugend von heute auf dem Schulhof nur The Clone Wars und Harry Potter vermittelt. Die bisherige Entwicklung ist vielversprechend: Letztens wollte sie wissen, warum Spiderman nicht bei The Avengers mitspielt, eine Frage, die dieser Autor an den örtlichen Comic-Experten und interessierten Leser CHR weiterleiten musste.
Der etwas ernstere pädagogische Hintergrund sind die Diskussionen, die sich aus den Filmen entwickeln. Da wäre der auffällige Mangel an starken weiblichen Figuren in The Avengers (und das bei Joss Whedon), die moralischen Fragen von Tony Starks Rüstungsgeschäften oder einfach die Spannungen, die aus den unterschiedlichen Persönlichkeiten von Iron Man und Captain America entstehen, obwohl beide eigentlich zu den Guten gehören. Kind Nummer Eins hat die Begriffe chaotic good und lawful good jetzt wenigstens schon mal gehört.
Allerdings ist es gerade Captain America, der Probleme bereiten könnte, denn hier muss sehr viel Hintergrund mitgegeben werden. Da wäre der ganze Komplex des Zweiten Weltkriegs, der nicht einfacher dadurch wird, dass die eine Seite der Familie gegen die andere gekämpft hat. Die gesellschaftliche Rolle der Frau in den 40er Jahren ist da schon einfacher, besonders für jemand, die irgendwie alles über Ahsoka Tano und Aayla Secura zu wissen scheint und entsprechend erwartet, dass Frauen auch an vorderster Front gegen das Böse kämpfen.
Dazu kommt noch die veraltete Sprache. Ähnlich wie kein Mensch im Deutschen noch ernsthaft von „Ganoven“ oder „Schurken“ spricht, hat das Englische eine ganze Reihe von antiquierten Begriffen, die sich bei solchen Filmen wunderbar hervorkramen lassen.
Wir werden uns heute mit einigen der älteren Schimpfwörter und Ausrufen befassen, denn deren Charakter überlebt meist die Synchronisation nicht, sie werden nicht in der Schule gelehrt und sind in Buch und Film wichtige Marker, um die Persönlichkeit der Figuren zu beschreiben. Während wir dabei sind, nehmen wir einige der vergleichsweise höflicheren Begriffe dazu. Umgekehrt muss man Amerikanern schließlich auch erst erklären, warum Germanen „Scheibenkleister“ rufen, wenn sie sich mit dem Hammer auf den Daumen gehauen haben.
Fangen wir mit damned! an, also „verdammt“. Ähnlich wie es im Deutschen das eher historische „verflixt“ gibt, wartet das Englische auf mit
darn, darn-it, drats, dog-gone
Das wird dann in Filmen wie The Hangover für witzige Dialoge benutzt:
Phil Wenneck: God damn it!
Alan Garner: Gosh darn it!
Phil Wenneck: Shit!
Alan Garner: Shoot!
Womit wir auch gosh für God eingeführt hätten (golly ist eine richtig veraltete Variante) und shoot für shit. Letzteres gibt es in einer etwas abgeschwächten, aber immer noch relativ mächtigen Variante als crap, sonst auch als sheesh oder shucks. Für Jesus gibt es jeez und heck für hell. Offenbar gibt es für den Heiligen Geist keine entschärfte Form.
Wer eine Alternative für das Allzweck-Schimpfwort fuck sucht, wird bei fricking fündig. Wegen Battlestar Galactica hat es allerdings in den Medien ernsthafte Konkurrenz von frak bekommen. Die ursprüngliche Schreibweise hatte ein „c“. In dieser Form finden wir es zum Beispiel auch in einem Stück von 2007 über die Zustimmung der damaligen US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton zum Irak-Krieg:
Most of the presidential candidates have gotten the „I fracked up the vote“ stuff out of the way last year.
Für den reboot von BSG wurde das Wort dann auf frak verkürzt, vermutlich damit es ein echtes four-letter-word — Schimpfwort — sein kann. Die Wikipedia listet die Verwendung in TV-Serien wie Eureka, The Big Bang Theory, Veronica Mars, 21 Jump Street, Better Off Ted, Warehouse 13, Chuck, 30 Rock, Babylon 5, Transformers: Prime und Castle auf, was dieser Autor jetzt nicht überprüft. Glaubwürdig ist das schon, denn wir haben bei den meisten dieser Sendungen einen Bezug zu Nerds. Und was sagt Kennedy in Buffy Staffel 8, Heft 18 zu Willow, als diese frustriert frak ruft?
Hey, baby, there’s no reason to curse like a nerd.
Überhaupt, Buffy. Wie der regelmäßige interessierte Leser mitbekommen haben wird, liegt es zum großen Teil am Wortwitz der Serie, dass sie in den englischsprachigen Ländern ein Erfolg wurde, während in Deutschland die Synchro wieder ganze Arbeit leistete.
Besonders Willow Rosenberg bietet viele Gelegenheiten für Spielereien, da sie sich von einer braven Schulstreberin zu einer lesbischen Wicca entwickelt (und dabei ihre jüdische Identität aufgibt). Nehmen wir die Stelle, an der sie die Kraft der magischen Axt auf alle potenziellen Slayerinnen übertragen hat [YouTube]:
That was nifty.
Nifty ist hier nicht nur klassisches understatement — Willow ist für kurze Zeit so etwas wie eine Göttin geworden — sondern ein wundbar altmodisches Wort, das in dieser Extremsituation ihren immer noch spießigen Kern enthüllt. Der interessierte Leser mag es mal selbst im Englischen als Synonym für cool verwenden und gucken, wie anwesenden Angelsachsen reagieren.
Die aufgeführten Begriffe sind natürlich nur eine Auswahl. Im Internet finden sich ganze Listen wie „141 Alternative Ways to Cuss Politely“ (dort auch bummer als Ausruf). Ohnehin müssen wir einschränken, dass dieser Autor schon wegen seines Alters keine Ahnung vom gängigen Slang in den USA hat. Mag sein, dass gosh in gewissen Kreisen wieder total angesagt ist.
Wem golly und nifty zu neumodisch sind, kann sich — wie immer im Englischen — mit Shakespeare behelfen. Was uns wieder zu The Avengers zurückbringt: Den Witz mit Shakespeare in the Park“ musste dieser Autor dann doch noch erklären.