Archive for April, 2009

Der Name „Columbia“ (und einige Bemerkungen zu Star Trek Enterprise)

April 30, 2009

Da dieser Autor böse auf Buffy ist, muss er sich andere Unterhaltung suchen. Auf Drängen des interessierten Lesers MLJ hat er sich mit einigem Bauchgrummeln dazu entschlossen, Star Trek: Enterprise eine zweite Chance zu geben. Bekanntlich ist das die Serie, bei der die Produzenten Rick Berman und Brannon Braga ihre volle Verachtung für die Vision und die Ideale von Gene Roddenberry auslebten und die Franchise so an die Wand fuhren, dass der für den 8. Mai angekündigte Film von J.J. Abrams eigentlich den Untertitel It’s not dead yet, Jim tragen müsste.

Aber MLJ bestand darauf, dass zumindest die vierte und letzte Staffel von STE gut sei. Und so weiß dieser Autor jetzt, dass das Schwesterschiff der Enterprise (NX-01) Columbia hieß. Nun, wie auch sonst bei einer amerikanischen Serie.

„Columbia“ findet man in den USA überall: Die Columbia University, dem Regierungsbezirk District of Columbia, dem Fluss Columbia, diverse Kriegsschiffe und natürlich bei der verunglückten Raumfähre. Die Liste in der Wikipedia ist lang. Dass sich der Name von Christopher Columbus ableitet, ist klar und wäre hier nicht eine Erwähnung wert.

Allerdings ist in Deutschland weniger bekannt, dass „Columbia“ lange Zeit als ein poetisches Synonym für die USA benutzt wurde, ähnlich wie Albion lyrisch für England steht.

Die Engländer waren auch diejenigen, die es eingeführt haben. Die erste Nennung – damals noch in Bezug auf die Kolonien – fand 1739 in der Zeitschrift „Gentleman’s Magazine“ statt und diente dazu, die Zensur zu umgehen: Die Briten waren mit der Demokratie noch nicht ganz so weit, und es war verboten, über Sitzungen des Parlaments zu berichten. Man behalf sich mit „Berichten über den Stand der Dinge in Lilliput“ und benutzte dazu einen erweiterten Satz von Namen aus Gullivers Reisen. Deutschland war übrigens „Allemanu“.

Der Spitzname überstand die Revolution. Das Lied „Hail Columbia“ war lange Zeit eine der vielen Pseudo-Nationalhymnen der USA, bis die richtige kam. Mitte des 19. Jahrhunderts gesellte sich „Columbia, the Gem of the Ocean“ [Vorsicht, Heimorgelmusik] dazu:

O, Columbia! the gem of the ocean,
The home of the brave and the free,
The shrine of each patriot’s devotion,
A world offers homage to thee.
Thy mandates make heroes assemble
When Liberty’s form stands in view;
Thy banners make tyranny tremble

Hier haben wir wieder das poetische thy.

Es gab auch eine personifizierte Columbia. Wie es sich für das 18. Jahrhundert gehört, wurde sie in Anlehnung an die griechisch-römische Kunst oft (aber nicht immer) als Frau im Bettlaken dargestellt. Das kennen wir von ihren Freundinnen Justitia, Marianne und Britannia [JPG]. Frau Germania [JPG] ist da wohl eher eine entfernte Cousine.

Das Motiv kennen wir auch von dem Sinnbild der Freiheit, die bei den Amerikanern als Lady Liberty als Teil der Freiheitsstatue Schiffe begrüßt und bei den Franzosen als La Liberté die Barrikaden [JPG] stürmt. Ein Unterschied besteht darin, dass Frau Freiheit in Frankreich zu wardrobe malfunctions neigt.

Der letzte große Auftritt von Columbia war im Ersten Weltkrieg, als sie Rekrutierungsposter zierte. Dort tauchte auch schon der Mann auf, der sie inzwischen verdrängt hat: Uncle Sam [JPG]. Ein Grund dürfte sein, dass Sam mit seinem übertrieben ernsten Gesichtsausdruck und leicht tölpelhaften Benehmen eher den Bedürfnissen amerikanischer Zeichner entgegenkommt als eine übernatürliche Frau, die Schwärmerei inspirieren soll. Wie soll man da ausreichend zynisch sein?

Auch die Südamerikaner dürften eine Mitschuld am Niedergang von Columbia haben. Im Jahr 1819 sagte sich der nordwestliche Teil des Kontinents von Spanien los und wurde zu Gran Colombia, aus dem Ecuador, Panama, Venezuela und das heutige Colombia hervorgingen – Kolumbien.

Man beachte die Schreibweise: Im Englischen und (wichtiger) im Spanischen heißt das Land Colombia mit „o“, im Gegensatz zu Columbia mit „u“. An den Germanen gingen dummerweise die Feinheiten der Namensgebung in der Neuen Welt vorüber, und so trägt der Staat in Südamerika im Deutschen jetzt den Spitznamen der USA. Bevor man sich um „US-amerikanisch“ Sorgen macht, sollte das vielleicht zuerst behoben werden.

Und wie ist Star Trek Enterprise jetzt? Zumindest bei der vierten Staffel scheinen die Autoren sich tatsächlich zusammengerissen zu haben. Es fehlt der Anspruch von Next Generation, aber zumindest die Spannung und der Humor ist da.

Einen Rat nur: Die letzte Folge ist katastrophal und man versteht sofort, warum sie Schauspieler und Fans rasend gemacht hat. Der interessierte Leser tut gut daran, nach „Terra Prime“ die DVD aus dem Player zu nehmen und so zu tun, als hätte es „These are the Voyages“ nie gegeben. Denn wer waren die Autoren? Berman und Braga. Natürlich.

[Korrigiert 11. Juni 2009: „Adams“ ist eigentlich Abrams“, zuerst gesehen von AT, vielen Dank]

ZEUGS: Die USA sollen weiß werden, Obamas Morde und die Stargate-Synchro

April 25, 2009

Da der pädagogische Gemüsegarten im Moment eher eine Einladung zur Wasserschlacht ist, macht dieser Autor mit Kind Nummer Eins Experimente zum Thema Solarenergie. Dazu wurde eine Wasserflasche schwarz und eine andere weiß gespritzt und beide in die Sonne gesetzt. Und siehe da: Das Wasser in der schwarzen Flasche war am Abend wärmer, sehr viel wärmer sogar.

Allerdings gibt es auch hier einen fragwürdigen Aspekt: Der Nachwuchs kann jetzt mit einer Spraydose umgehen. Oops.

  • Zum Energieverbrauch: Wie auch immer – eine einfache Lösung, den Energieverbrauch von Klimaanlagen zu senken, besteht darin, das Dach des zugehörigen Hauses weiß zu streichen. Befürworter halten das für effektiver als Solarzellen im Kampf gegen die Klimaerwärmung:

    [F]or the same $1,000 investment you could buy one square meter of photovoltaic cells, or cover 2,000 square meters with white paint. It would take more than 2,000 times 25 days, or about a century, for the CO2 mitigation from $1,000 of solar panels to catch up with the albedo increase of a large painted roof!

    (Albedo ist ein Maß für die Reflexionsfähigkeit von Gegenständen) Entsprechend fragen jetzt einige Leute, warum der Kongress nicht etwas Geld für weiße Farbe locker macht, wenn er es schon mit vollen Händen ausgibt. Für eine Milliarde Dollar, so das Argument, kriegt man sehr, sehr viele Farbeimer.

  • Zur Meinungsfreiheit und Prominenten: Ein kritischer Bericht über die Zurückhaltung der US-Medien nach dem von Präsident Barack Obama verübten Doppelmord zeigt wieder, was erlaubt ist. Wie, nichts von der brutalen Bluttat gehört? Kein Wunder:

    So far, the president’s double-homicide has not been covered by any major news outlets. The only two mentions of the heinous tragedy have been a 100-word blurb on the Associated Press wire and an obituary on page E7 of this week’s edition of the Lake County Examiner.

    Vielleicht sollten wir erwähnen, dass der Bericht in der Satirezeitung The Onion erschien, wo ihn der interessierte Leser DKS entdeckte. Interessant ist, dass es gar nicht um Obama selbst geht, sondern die Presse für ihre „Hofberichterstattung“ angegriffen wird. Der Präsident der USA muss sich trotzdem gefallen lassen, als geisteskranker und blutdurstiger Mörder dargestellt zu werden, der „die Schatten schreien hört“.

  • Zur Meinungsfreiheit, ein Link aus der Restekammer: Während der Bush-Ära gab es die Behauptung, es sei in den USA verboten, Särge von Soldaten zu fotografieren. Wir verweisen als Gegenbeispiel auf eine Text- und Fotostrecke zur Beisetzung von

    Lance Corporal Robert T. Mininger, 21, of Sellersville, Pennsylvania, [who] died June 6, 2005, from wounds received as a result of an explosion while conducting combat operations against enemy forces in Fallujah, Iraq.

    Man beachte am Ende die Fotos des Gunnery Sergeant, der vor den trauernden Eltern kniet, sowie die Bilder von der erschütterten Freundin und dem weinenden Bruder (die alle mit vollem Namen genannt werden). Allein diese private Website enthält seitenweise Berichte über getötete US-Soldaten, mit Fotos, auf deren Grabsteinen immer wieder drei Worte zu lesen sind: Operation Iraqi Freedom. Auch die Briten berichten offen und mit Fotos der Angehörigen über Militärbegräbnisse. Angelsachsen verstehen nicht, warum Bundeswehrsoldaten dagegen „heimlich“ beigesetzt werden und wittern ihrerseits Zensur.

  • Zu Namensschildern bei Polizisten, wenn wir bei den Briten sind: Der Londoner Polizei wurde nach dem G-20-Gipfel (unter anderem) vorgeworfen, ihre „Erkennungsmarken“ versteckt zu haben. Die Polizeiaufsicht IPCC ist erbost (Übersetzung von Spiegel Online):

    Das ist nicht hinnehmbar. Es geht darum, Diener zu sein, nicht Herrscher.

    Das ist etwas drastischer, als wir es formuliert haben, aber gut, die Briten haben halt immer noch eine Monarchie.

  • Zu den Kommata in Überschriften: Sebastian Heiser von der „taz“ hat eine Erklärung für den deutschen Komma-Mangel: Deutsche Überschriften seien meist keine ganzen Sätze. Erstaunlich, wer alles dieses Blog liest (grins).
  • Zum Wizard of Oz, weil was wäre ein Zeugs-Beitrag ohne Kansas: Der interessierte Leser K verweist auf das deutsche Stargate Wiki, wo es einen ganzen Eintrag zu den Anspielungen gibt und wie die Synchronisation damit klar gekommen ist. Eher schlecht, offenbar.

Die Transition Movement, eine neue angelsächsische Öko-Bewegung

April 21, 2009

Frühere Einträge der Schönsten Germanin mögen den Eindruck erweckt haben, dass der Garten der Stevensons nur aus Rasen besteht. Das ist so nicht wahr. An der Südseite des Hauses gibt es einen „pädagogischen“ Gemüsegarten von etwa sechs Quadratmetern, der den Kindern zeigen soll, wo Lebensmittel herkommen. Die Brut ist begeistert, obwohl erst einige Erbsen und Radischen durch die Erde gucken: Es hat im Dorf seit drei Wochen nicht nennenswert geregnet, und Landwirtschaft bedeutet für sie, mit Eimern und Bechern und Spritzen und Schaufeln zu spielen, während Daddy das Wasser aus dem Schlauch beisteuert. So war das nicht gedacht.

Wir nehmen die Große Brandenburger Frühjahrsdürre von 2009 zum Anlass, auf eine angelsächsische Bürgerbewegung hinzuweisen, die es in dieser Größenordnung in Deutschland (noch) nicht gibt: Die Transition Movement. Das ist die ökologische Umwandlung ganzer Orte, die entsprechend transition towns genannt werden.

Vorher müssen wir kurz auf den bevorstehenden Untergang der menschlichen Zivilisation eingehen.

Wir haben in den Einträgen über Notfallausrüstungen und der Häuserdämmung im Vorbeigehen die Theorie des Peak Oil angesprochen. Das ist der Punkt, an dem das Maximum der weltweiten Ölförderung überschritten ist, sprich, ab dem die Produktion nicht weiter gesteigert werden kann und abzufallen beginnt. Es ist ausdrücklich nicht der Punkt, an dem „das Öl alle ist“, wie es schon mal falsch zusammengefasst wird.

Die Folgen, so die Anhänger der Theorie, werden untragbare hohe Ölpreise und ein Zusammenbruch unserer Gesellschaft sein. Und zwar bald, denn die Welt soll Peak Oil schon erreicht haben oder zumindest kurz davor stehen.

Ob das alles so stimmt, ist für uns nicht wichtig. Was wir wissen müssen: Peak Oil ist in den USA und Großbritannien ein größeres Thema als in Deutschland. Das liegt daran, dass beide Staaten einen solchen Wendepunkt selbst erlebt haben (USA: etwa 1970, Großbritannien: 1999), während Deutschland zumindest gefühlt schon immer ein Öl-Importeur war. Zudem ist der Begriff in den USA von dem Investmentbanker und Autor Matthew Simmons unters Volk gebracht worden. Und schließlich ist „Peak Oil“ einfach griffiger als der furchtbare Begriff des „globalen Ölfördermaximums“. Ein wenig besser ist „die Energiewende“. Allerdings beschreibt das mehr die Reaktion als das Problem.

Die Transition Towns (TT) sind dabei ein Teil dieser Reaktion auf Peak Oil wie auch auf den Klimawandel. Angestoßen wurde die Bewegung 2005 von dem britischen Ökologen Rob Hopkins, der nebenbei das Blog Transition Culture führt. Nach ersten Erfahrungen in Irland zog er nach Totnes in England, das er zum Energiewende-Dorf umbaut.

Zwei Fragen stehen dabei im Vordergrund (umformatiert):

For all those aspects of life that this community needs in order to sustain itself and thrive, how are we going to:

– significantly rebuild resilience (in response to peak oil)
– drastically reduce carbon emissions (in response to climate change)?

(Die TT-Leute haben ein eigenes Vokabular. Resilience – Widerstandsfähigkeit, Anpassungsfähigkeit – beschreibt wie gut eine Gemeinschaft mit den Belastungen durch Peak Oil fertig werden kann. Ein anderer Begriff ist reskilling, bei dem handwerkliche Fähigkeiten wiedererlernt werden, der Gemüseanbau zum Beispiel. Und wenn eine Gruppe von „Übergängern“ zusammenkommt, um irgendwo ein Stück Land schnell mal in einen nachhaltigen Garten zu verwandeln, dann nennt man das einen permablitz – von permaculture, der nachhaltigen Landwirtschaft, und „Blitzkrieg“.)

Inzwischen gibt es in Großbritannien etwa 80 Gruppen, weltweit mehr als 150. Einen Überblick bekommt man mit Hilfe von Google Maps. Für England werden drei Seiten benötigt. In Deutschland ist die Zahl offenbar klein.

Ein Unterschied zwischen den Übergängern und der „traditionellen“ Öko-Bewegung ist die freudige Einstellung, die in einem Bericht der BBC [YouTube] gut herüberkommt. Statt den Leuten ins Gewissen zu reden, bis sie vor lauter Schuldgefühlen über den Transportweg der Becher keinen Joghurt mehr zu essen wagen, wird der energy descent als eine Chance dargestellt, wie die „New York Times“ (NYT) in einem langen Artikel über die Bewegung erklärt:

Transition, Hopkins has written, meets our era’s threats with a spirit of „elation, rather than the guilt, anger and horror“ behind most environmental activism. „Change is inevitable,“ he told me, „but this is a change that could be fantastic.“

Hurra, die Grundlage unserer Zivilisation bricht weg, jetzt kommt die Utopie! Das ist selbst für Amerikaner etwas viel Optimismus: Die Überschrift bei der NYT lautet The End Is Near! (Yay!). Auch in der Bewegung entstehen da gewisse Spannungen, wie ein Teilnehmer eines Treffens in Sandpoint im Bundesstaat Idaho der Zeitung sagt:

Some people on the food group want to feel good […] and some people want to figure out how to feed 40,000 people in case the trucks stop rolling.

Dafür steuern die Amis wieder das Prinzip think big bei. Warum sich ein kleines Dorf vornehmen, wenn man gleich Los Angeles umbauen könnte?

Es wird spannend werden zu sehen, wo sich die Bewegung am besten durchsetzt, in den USA oder Großbritannien. Dieser Autor würde (oh Wunder) auf die USA setzen: Wegen der geringeren Bevölkerungsdichte haben die Amerikaner mehr Platz, um mit ihren Kartoffeln zu spielen. Zudem ist die Übergangsbewegung kommunal organisiert:

What we are convinced of is this:

– if we wait for the governments, it’ll be too little, too late
– if we act as individuals, it’ll be too little
– but if we act as communities, it might just be enough, just in time.

Das Handbuch [PDF] der Transition Movement besagt zwar, dass man die örtlichen Behörden möglichst einbeziehen soll. Aber die Bewegung ist bürgergetrieben (also grass-roots statt astroturf), dezentralisiert und überpolitisch. In den USA ist man autonome, eigenwillige Kommunen eher gewohnt als in Europa. Entsprechend schließt die NYT mit der Bewertung, dass viel von der amerikanischen Transition-Bewegung eine weitere Ausprägung der guten, alten direkten Demokratie der USA sei.

Amerika hat noch einen anderen Trumpf: Henry David Thoreau. Der Schriftsteller und Philosoph zog Mitte des 19. Jahrhunderts zwei Jahre in den Wald, alleine. Aus der Erfahrung ging Walden hervor, die amerikanische Bibel für das self-sufficient life (und ein zentraler Einfluss auf Gandhi). Der Vater der britischen Landwirtschaft, Jethro Tull, war dagegen ein Maschinenfreak. Wer kommt wohl besser mit Peak Oil zurecht?

Eben.

Und jetzt müssen wir aufhören, denn die Brut steht mit einer Ansammlung von Eimern und Gießkannen vor dem Autor und macht ein hoffnungsvolles Gesicht. Den ganzen Garten in Gemüsefelder umwandeln? Die Kinder wären dafür.

Kommata in Überschriften

April 16, 2009

Dieser Autor amüsiert sich an diesem schönen Morgen mit einer Liste von „unbequemen Zusammenfassungen“ von Filmen wie

LORD OF THE RINGS: Midget destroys stolen property.

oder

KING KONG: Endangered animal stolen, shot.

Warum die Zusammenfassungen „unbequem“ sind, sehen wir hier:

300: Gays kill blacks.

Die Zeile zu Mel Gibsons The Passion of the Christ wäre in Deutschland vermutlich eine Klage wert, daher nochmal der Hinweis, dass wir keine Verantwortung für die Inhalte verlinkter Websites übernehmen. Wie besprochen muss Gibson in den USA damit leben. In den Kommentaren gehen die Vorschläge weiter, und dort finden wir (natürlich) auch den Wizard of Oz:

Transported to a surreal landscape, a young girl kills the first person she meets and then teams up with three strangers to kill again

Unsere Entschuldigung, diesen Link hier vorzustellen, ist aber eigentlich ihr Stil, denn viele Zusammenfassungen sind wie Zeitungs-Überschriften geschrieben. Und dabei wird der aufmerksame interessierte Leser einen Unterschied bemerken: Angelsächsische Journalisten benutzen in Überschriften Kommata (liebe Jugend: gemeint sind „Kommas“), germanische nicht.

Das finden wir auch im Internet: Die „New York Times“ bietet heute in ihrer Online-Ausgabe Überschriften wie Unsure of Saturn’s Fate, Dealerships Are Closing oder For Gov. Palin, a Rough Return to the Day Job. Auf der Website der „Frankfurter Allgemeinen“ finden wir kein einziges Komma in den Überschriften und bei Spiegel Online nur eins in einer Aufzählung: „Krankheit, Tabu und Tat“. Da ist es auch zulässig. Sonst nicht.

Woher das Kommata-Tabu in der deutschen Presse kommt, ist unklar, denn „normale“ germanische Schreibtätige leiden nicht an dieser Phobie. Dieser Autor hat in den vergangenen Jahren reichlich Gelegenheit gehabt, deutsche Journalisten zu fragen, und die Erklärung war immer etwas in der Art von „Haben wir schon immer so gemacht, wo kämen wir denn da hin, da könnte ja jeder kommen.“

Wie das Passiv bei Anschlägen und der Endkontrolle von Interviews ist es einfach eine andere Vorgehensweise. Wir werden sehen, wann hier der Kulturimperialismus greift.

Benedict Arnold, der fiese Mutterlandsverräter

April 14, 2009

Eigentlich sollte dieses Blog langsam zu Buffy zurückkehren. Aber dieser Autor ist böse auf die Macher, den sie haben in Heft 24, wie der interessierte Leser wissen wird, Giles und Faith nach Deutschland geschickt – einem sehr seltsamen Deutschland allerdings, wo es keine Autos gibt und die Menschen in ihren braunen Mänteln und komischen hohen Fellhüten mit der Dampfeisenbahn herumtuckern. Dass „Oktoberfest“ mit „c“ auftaucht und „Bäckerei“ gleich auf drei verschiedene Arten falsch geschrieben wurde, macht die Sache nicht besser.

Angeblich soll es nach Berlin weitergehen. Wir werden dann sehen, ob die ausführliche und ungehaltene Beschwerdemail dieses Autors Wirkung gezeigt hat.

Bis dahin gehen wir zurück ins Forum von Left 4 Dead, wo es letztens Vorschläge für neue Varianten der schon besprochenen Achievements gab. Eine dieser Errungenschaften, nicht ganz ernst zu nehmen, würde einen Zombie belohnen, der entgegen seiner Natur einem hilflosen Spieler hilft (umformatiert):

„Benedict Arnold“: As an Infected, revive an incapacitated Survivor.

Was im Forum zur Frage eines (hoffentlich) Nicht-Amerikaners führte, wer Benedict Arnold sei.

Arnold gehört neben dem deutschen Atomforscher Klaus Fuchs, dem FBI-Agenten Robert Hanssen und seinem CIA-Kollegen Aldrich Ames zu den bekanntesten Verrätern der amerikanischen Geschichte. Weil er als General im Unabhängigkeitskrieg der erste wirklich große Verräter war, wird sein Name bis heute mit besonderer Verachtung bedacht.

(Einige Amerikaner werden in der Liste Jane Fonda vermissen, in diesem Zusammenhang als „Hanoi Jane“ bekannt. Die Barbarella-Schauspielerin unterstützte während des Vietnam-Kriegs den Norden, ließ sich in Flak-Stellungen der Vietcong fotografieren und nannte zurückkehrende US-Kriegsgefangene, die von ihrer Folter im „Hanoi Hilton“ berichteten, Lügner. Später entschuldigte sie sich. Wir werden die Diskussion hier nicht aufgreifen.)

Arnold (1741 bis 1801) war ein Händler, der sich früh als Offizier im Unabhängigkeitskrieg auf Seiten der Guten bewährte. Er war aber der Ansicht, dass seine Leistungen nicht genug von der Heeresleitung unter George Washington gewürdigt wurden, nicht ganz zu unrecht, wie Historiker heute sagen. Zudem wollte er keinen kompletten Bruch mit dem Mutterland, sondern eine Rückkehr unter die Herrschaft der Krone, wenn der Streit um die politische Rolle der Kolonien beigelegt worden war. Und schließlich hielt er das Bündnis der Rebellen mit den Franzosen für einen fürchterlichen Fehler, denn das waren böse Katholiken.

Arnold nahm Kontakt mit John André auf, einem Mitarbeiter des britischen Generals Henry Clinton. Über Monate hinweg verriet er Geheimnisse an die Briten. Im August übernahm er das Kommando über West Point. Er bot den Briten an, die Festung zu übergeben. Im Gegenzug wollte er 20.000 Pfund und einen hohen Offiziersrang in der britischen Armee. André wurde im September von kolonialen Milizen geschnappt, zusammen mit Dokumenten über West Point. Er wurde hingerichtet, während sich Arnold rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte. Obwohl Arnold versagt hatte, gaben ihm die Briten Geld.

Eine Zeit lang kämpfte er gegen seine ehemaligen Kameraden, aber die Briten misstrauten ihm, und so zog er nach London. Er schrieb einen Brief an die Amerikaner, in dem er seine Taten zu rechtfertigen versuchte, ein wunderbares Beispiel dafür, dass plain English ein modernes Phänomen ist:

In the firm persuasion, therefore, that the private judgement of an individual citizen of this country is as free from all conventional restraints, since as before the insidious offers of France, I preferred those from Great Britain; thinking it infinitely wiser and safer to cast my confidence upon her justice and generosity, than to trust a monarchy too feeble to establish your independency, so perilous to her distant dominions; the enemy of the Protestant faith, and fraudulently avowing an affection for the liberties of mankind, while she holds her native sons in vassalage and chains.

Wie es sich für einen Verräter gehört, waren sein letzten Jahre von Krankheit und Geldsorgen geprägt. Kommt davon.

Arnold stellt die Amerikaner vor ein Problem. Er mag später zwar eine fiese Verrätersau gewesen sein, der sich gegen sein Vaterland Mutterland wandte. Aber er war dummerweise am Anfang des Krieges ein äußerst fähiger General. Seine heldenhafte Leistung bei der Battle of Saratoga macht es schwer, ihn einfach aus der Geschichte zu löschen: Die Schlacht war der Wendepunkt des Unabhängigkeitskrieges und überzeugte die Franzosen davon, dass der zusammengewürfelte Rebellenhaufen gewinnen konnte (was natürlich ironisch ist). Zudem wurde Arnold bei der Schlacht am Bein verletzt.

Das Problem wurde mit folgender Inschrift am Boot Monument im Saratoga National Park gelöst:

In Memory of the most brilliant soldier of the Continental Army. who was desperately wounded on this spot, the sally port of Burgoyne’s „Great (Western) Redoubt“ 7th October 1777, winning for his countrymen the Decisive Battle of the American Revolution and for himself the rank of Major General.

Der aufmerksame interessierte Leser wird bemerken, dass nirgendwo der Name des Geehrten auftaucht. Die Amerikaner ehren in gewisser Weise nur sein Bein.

Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn die deutschen Söldner bei Saratoga besser gezielt hätten. Wäre Arnold dort gestorben, würde man ihn heute einen der größten Amerikaner der Revolution nennen, nicht einen Verräter, den selbst Zombies verachten.

ZEUGS: Twilight, Waffengesetze und Indianer-Sprachen

April 9, 2009

Eigentlich ist dieser Autor Buffy-Fan. Aber als Frauenversteher sensibler Ehemann hat er sich hingesetzt und Twilight geguckt, ein Film, in dem Vampire keine spitzen Eckzähne haben, im Licht herumlaufen und nicht schlafen. Nee, ist klar. Wie auch immer:

  • Zu The Wizard of Oz: In Twilight zieht die Hauptdarstellerin von Phoenix, Arizona (Sonne, Sonne, Sonne) nach Forks, Washington (Regen, Regen, Regen) und tritt dort in eine Pfütze. Schock! Ihr Vater sagt:

    You’re not in Phoenix anymore.

    Der Kansas-Spruch ist halt überall. Twilight ist kein schlechter Film – das Baseball-Spiel war lustig – aber Männer werden ihren iPod dabei haben wollen.

  • Zu Pig Latin: Der interessierte Leser JH weist auf die Computersprache mit dem gleichen Namen hin. Schweinereien überall.
  • Zu Militärtechnologie: Was nach Ansicht dieses Autors im Moment in der Presse nicht genug diskutiert wird ist der massive Umbau bei der amerikanischen Luftwaffe. Ganze Staffeln von F-16 werden ersetzt durch unbemannte Predator- und Reaper-Drohnen. Das Tempo der Umstellung ist dramatisch:

    Including drones that the Army has used to counter roadside bombs and tiny hand-launched models that can help soldiers to peer past the next hill or building, the total number of military drones has soared to 5,500, from 167 in 2001.

    Zum Einsatz von „Kampfrobotern“ erscheinen inzwischen Bücher.

  • Zu Waffengesetzen, wenn wir dabei sind: Die Zustimmung zu strengeren Gesetzen zum Besitz von Schusswaffen ist in den USA auf dem niedrigsten Stand seit dem Beginn der Erhebungen vor 50 Jahren und liegt bei 29 Prozent. Die angeführte Kurve ist interessant: Sie zeigt, wie kurz nach Amokläufen die Quote kurz ansteigt und dann wieder zurückfällt.
  • Zu Indianer: Wir haben in diesem Blog viel über den zunehmenden Einfluss des Spanischen gesprochen. Allerdings ist das Bild zu einfach, den die USA haben nach Indien die größte Sprachvielfalt, Dank der Einwanderer und der verschiedenen Indianer-Nationen. Deren Sprachen sterben allerdings aus. Wie überall auf der Welt gibt es handfeste Karriere-Vorteile, wenn man Englisch spricht. Es gibt daher eine heftige Diskussion darüber, ob das „Ende von Babel“ wirklich schlecht ist:

    Should people really be forced (or even encouraged) to „preserve“ languages if to do so might stand in their way of achieving middle-class comforts — even if they get some vague additional promise of „cultural richness“ — simply because linguists want to be able to study the living languages?

    Die Diskussion ist in Deutschland nicht völlig unbekannt, aber Sprachen wie Altpreußisch sind halt schon ausgestorben. In Großbritannien wird noch um Walisisch gekämpft.

  • Zu Korrelation und Kausalität: Das Cartoon-Blog xkcd hat einen wunderbaren Strip dazu.

Crownd – Wenn Angelsachsen an ihrer eigenen Rechtschreibung verzweifeln

April 7, 2009

Heute befassen uns mit Angelsachsen, die an ihrer eigenen Rechtschreibung verzweifeln. Der interessierte Leser, der vermutlich in der Schule damit gequält wurde, darf dazu ruhig das gute englische Wort schadenfreude hervorholen.

Es geht um die richtige Aussprache des Wortes crownd (wie crowned, nur ohne e), einer der Errungenschaften bei Left 4 Dead.

[Fußnote: Offenbar haben wir mit dem Hinweis auf die Schnitte bei L4D die interessierten Leser in Österreich irritiert, denn in den Alpen ist man emotional robuster und spielt wie die Angelsachsen die unzensierte Version. Nochmal ausdrücklich: Nur die bundesdeutsche Version ist geschnitten. Sorry für die Verwirrung.]

Für die Leute, die lieber etwas pazifistisches wie Schiffe Versenken oder Risiko spielen: Die Auszeichnung wird verliehen, wenn man eine Witch mit einem einzigen Schuss tötet. Die offizielle Beschreibung lautet:

Kill a Witch with a single headshot.

Die Hexe ist ein Monster, das weinend auf dem Boden sitzt und nur dann angreift, wenn man es reizt – zum Beispiel wenn man in seiner Nähe dumm herumballert, weil man das Spiel nicht verstanden hat. Der Kopfschuss ist eine Verzweiflungstat für den Fall, dass man die Hexe nicht vorsichtig umgehen kann.

Auf den ersten Blick ist es einfach: to crown heißt nicht nur „krönen“, sondern jemanden auf den Kopf hauen. Damit wäre die Aussprache von crownd etwa „kraund“.

Aber dagegen spricht die komische Schreibweise. Mehr noch, wenn man auf der Website ganz genau hinschaut, das Licht im richtigen Winkel auf den Monitor fallen lässt und die Augen etwas zukneift, dann erkennt man, dass dort eigentlich nicht crownd mit einem „o“ steht, sondern cr0wnd mit einer Null.

Jetzt müssen wir einen Ausflug in die Welt des Leetspeak machen, eine Form des Internet-Slangs, die viel mit Zahlen statt Buchstaben arbeitet. Dort finden wir die Begriffe to p0wn und p0wnd, die sich von to own ableiten. Bei Online-Spielen wird damit im Sinne von „dein Arsch gehört mir“ ausgedrückt, dass man jemanden besiegt hat. Über den Ursprung des zusätzlichen „p“ streiten sich die Gelehrten: Entweder kommt es von player owned oder es ist ein Tippfehler, der sich verselbstständigt hat.

(Pwn finden wir inzwischen auch außerhalb des Internets wie bei dem T-Shirt Indiana Pwns, eine Anspielung den Archäologen mit Hut und Peitsche.)

Damit würde cr0wnd etwa „krohnd“ statt „kraund“ ausgesprochen. Wenn man noch weiß, dass eine crone eine verschrumpelte alte Frau ist und wie own ausgesprochen wird, hat man ein Wortspiel. Das passt, denn viele der Auszeichnungen sind Anspielungen auf irgendwas (Dead Baron statt „Red Baron“ oder Dead Wreckening für „Dead Reckoning“).

Aber trotzdem. Das angelsächsische Gehirn sträubt sich dagegen, in crownd oder auch cr0wnd etwas anderes zu sehen als crowned. Online wird es „kraund“ ausgesprochen. Das treibt die grammar nazis zum Wahnsinn (umformatiert):

Every person I’ve ever heard has said „crowned“, like a crown and it drives me bat-shit crazy. It’s all I can do to keep myself from raging over the mic about how stupid they are.

(Da ist die schon besprochene Fledermauskacke) Das beeindruckt die Gegenseite aber überhaupt nicht:

I call it „crowning“ because „croneing“ sounds stupid. I.e. „I’m going to crone the witch“. That sentence basically says „I’m going to witch the witch“. I.e. stupid. Whereas „I’m going to crown the witch“, i.e. give her „a crown of lead“.

Dem schließt sich eine Diskussion an, ob man aus crone überhaupt ein Verb bilden kann. Wie gesagt, ein Spiel für Intellektuelle und Schöngeister.

Am Ende muss die Frage offen bleiben, denn das Grundproblem ist nicht lösbar: Die Vokale bei to own und to crown werden zwar völlig anders ausgesprochen, aber gleich geschrieben.

Und diesen ganzen Spaß würde man verpassen, wenn das Englische eine phonetische Rechtschreibung hätte.

Raus aus Dodge!

April 3, 2009

Bei The Making of the Atomic Bomb fehlen noch wenige Seiten, dann wird wieder etwas intensiver gebloggt und sich vor allem um E-Mails gekümmert. In der Zwischenzeit können wir unsere Diskussionen über Atlas Shrugged, Left 4 Dead und dem Superbowl mit einem nützlichen Alltagsspruch verbinden: to get [the hell] out of Dodge.

Wir finden ihn bei konservativen Bloggern, die sich Strategien überlegen, um ihr Geld mit einem Obama-proof portfolio vor dem neuen Präsidenten zu schützen. Ein Weg ist das besprochene going John Galt, eine andere eine Flucht aus dem Dollar:

Get your investments out of Dodge, get them offshore.

Dodge ist in diesem Fall die USA. Wenn eine Stadt von einer hungrigen, wilden, aufgebrachten Horde überfallen wird, ist es auch Zeit zu gehen – wir reden hier natürlich von American-Football-Fans zum Superbowl, weswegen die Zeitung Arizona Republic im Februar 2008 Tips for getting out of Dodge veröffentlichte. Für Flugpassagiere zum Beispiel:

If you have a Super Bowl program, carry it with you. The programs are very thick, and it may take longer to screen your bag.

Football ist halt auch ein intellektuelles Lesevergnügen. Den gleichen Spruch kennen wir aus Situationen, in denen die Stadt von Zombies überrannt wurde. In L4D sagt die Figur Bill beim Ankunft des Rettungsfahrzeuges gerne: Let’s get the hell out of Dodge! Daran sieht man, dass es sich nicht um den modernsten Slang handelt, denn Bill ist ein Vietnam-Veteran.

Ursprung ist Dodge City, Kansas, Schauplatz des Hörspiel-Westerns Gunsmoke. In Deutschland ist die TV-Version als Rauchende Colts gesendet worden, allerdings wohl nur ein Drittel der Folgen. Bösewichte bekamen nach ihrer Niederlage gesagt, dass sie sich verpissen sollen. Wie der Dodge-Spruch übersetzt wurde, weiß dieser Autor nicht.

Und wo ist man, wenn man nicht mehr in Dodge ist? Vermutlich auch nicht mehr in Kansas. Natürlich.

(Nach einem Vorschlag von DKS, vielen Dank)