Archive for Juli, 2006

META: Neue Liste von Einträgen, sortiert nach Themen

Juli 31, 2006

Auf Anregung von PerUbi (danke nochmal) habe ich für den leichteren Zugang zu älteren Einträgen eine Liste geordnet nach Themen erstellt. Die List wird nach jedem neuen Eintrag ergänzt, die neusten Einträge stehen oben. Der Link steht links unter der Überschrift „Pages“.

Nachtrag: Senator McCain und wo Marines gemacht werden

Juli 31, 2006

Der jüngste Sohn von Senator John McCain aus Arizona, Jimmy McCain, geht zu den Marines. Das ist politisch interessant, weil McCain als einer der aussichtsreichsten potenziellen Kandidaten der Republikaner für die Präsidentenwahl 2008 gilt. Zumindest dürfte er nach den Senats-Wahlen im November Vorsitzender des einflussreichen Streitkräfte-Ausschusses werden (wenn die Republikaner die Mehrheit halten). Es ist menschlich interessant, weil er sich gegen Truppenreduzierungen im Irak ausspricht. John McCain war selbst Pilot der Navy und verbrachte fünf Jahre in vietnamesischer Kriegsgefangenschaft, wo er gefoltert wurde. Kein Wunder, dass amerikanische Medien der Geschichte breiten Raum einräumen.

Wir wollen die Gelegenheit nutzen, unser bisheriges Wissen über die Marines um einen kleinen Punkt zu erweitern, den wir vergessen hatten: Wo man hingeht, um Marineinfanterist zu werden.

Die contiguous United States – also der Block der 48 Staaten in der Mitte, ohne Alaska und Hawaii – werden praktischerweise durch den Fluss Mississippi in zwei Hälften getrennt. Wie viele andere Dinge in den USA sind die Einzugsbereiche für Ausbildung der Marines mehr oder weniger genau an dieser Linie geteilt: Im Osten geht es nach Parris Island (nicht: „Paris“) in South Carolina, im Westen nach San Diego in Kalifornien.

Alle Frauen kommen nach Parris Island, und da es gewisse Teile der Medien selbst im 21. Jahrhundert faszinierend finden, dass Frauen kämpfen können, werden dort die meisten Fernsehberichte gedreht. Nach eigenen Angaben haben die Marines einen Frauenanteil von sechs Prozent. In allen Materialen – auch für die Eltern von Rekruten [PDF] – wird betont, dass Frauen Teil des Corps sind. Es fällt daher inzwischen auf, wenn in einem Film wie Jarhead keine einzige Frau in Uniform zu sehen ist.

Ob Jimmy McCain mit 18 Jahren noch bei seinen Eltern in Arizona wohnt, wissen wir nicht – Amerikaner ziehen deutlich früher als Deutsche aus dem Elternhaus aus. US-Medien berichten aber, dass er nach Kalifornien kommt, also San Diego. John McCain sagt selbst zu der Entscheidung von Jimmy, er sei stolz – „aber verständlicherweise auch etwas nervös“.

Root Beer oder wie man Deutsche und Amerikaner unterschiedet

Juli 29, 2006

Dieser Autor hat ein Verfahren entwickelt, um Deutsche von Amerikanern zu unterscheiden: Man verabreicht ihnen Root Beer. Root Beer ist kein Bier, sondern gehört zur Familie der softdrinks wie Cola, ist also süß. Es ist alkoholfrei und enthält Kohlensäure und wurde früher aus der Rinde der Sassafras-Wurzel hergestellt. Dummerweise soll es da ein Problem mit krebserregenden Substanzen geben, weswegen heute Ersatzstoffe benutzt werden.

Nun mögen Amerikaner Root Beer oder sie mögen es nicht, ähnlich wie man Fanta mag oder eben nicht. Verabreicht man aber Deutschen Root Beer, spucken sie es aus, mehr noch, sie springen auf, reißen sich an den Haaren, schreien, rennen wild im Kreis, spülen sich den Mund aus – notfalls mit Fußbodenreiniger – und werfen einem dann mit hochrotem Kopf empört vor, sie vergiften zu wollen. Dieser Autor hat langjährige Experimente auf diesem Gebiet durchgeführt und kann mit großer Sicherheit sagen: Die Zahl der Deutschen, die Root Beer mögen, geht gegen Null.

Warum bleibt unklar. Da Deutsche problemlos wahrhaft widerliche Dinge wie Waldmeister oder gezuckertes Popcorn vertragen, kann es nicht an einem besonders erlesenen germanischen Geschmackssinn liegen. Eine Theorie besagt, dass irgendeine Substanz mit einem ähnlichen Geschmack bei deutschen Zahnärzten eingesetzt wurde und dass die Abneigung gegen Root Beer auf ein frühkindliches Trauma zurückgeht.

Root Beer ist in Deutschland auch praktisch unbekannt. Es spielt bei Star Trek: Deep Space 9 einige gewisse Rolle bei philosophischen Diskussionen im Quarks, und in dem Film The Big Lebowski kommt das verwandte Getränk Sarsaparilla vor. Es ist hierzulande nur (völlig überteuert) in Läden zu finden, die amerikanische Spezialitäten führen. Stereotyp, aber leider wahr: Im KaDeWe in Berlin geht dieser Autor Root Beer suchen, während die Schönste Germanin bei der Austernbar vorbeischaut. Was widerlicher ist, sei dahingestellt.

Etwas besser sieht die Situation bei einem anderen Softdrink, nämlich Dr Pepper (nicht: „Dr. Pepper“, also ohne Punkt, warum auch immer), aus. Auch dabei handelt es sich um eine Art Cola, allerdings um eine, die sich nicht zur Trennung zwischen Amerikanern und Deutschen eignet: Auch Germanen trinken sie ohne offensichtliche Vergiftungserscheinungen. Die Verbreitung in der Populärkultur ist nicht ganz so groß wie bei Root Beer. In einigen Folgen von Buffy the Vampire Slayer gibt es Product Placement dafür (zum Beispiel in „Halloween“, dt. „Die Nacht der Verwandlung“).

Man kommt in Deutschland recht gut an Dr Pepper. Verkauft wird es allerdings nur an seltsamen Orten, zum Beispiel in den Läden von Autobahn-Tankstellen. Der deutsche Vertreiber Apollinaris-Schweppes sieht Dr Pepper wohl als Chance, die Macht des viel gerühmten amerikanischen Kulturimperialismus im Feldversuch zu testen: Dieser Autor hat in Deutschland noch keine einzige Werbung für Dr Pepper gesehen. Anscheinend ist man bei Schweppes der Meinung, das Zeugs verkauft sich von selbst. Würden das doch auch die zuständigen Manager von Coke Zero glauben.

Oder die Marketingabteilung von Schweppes sammelt ihre Kräfte für eine größere Herausforderung: Den Deutschen doch noch Root Beer schmackhaft zu machen. Dieser Autor würde das mit gemischten Gefühlen sehen: Es wäre zwar schön, zum Essen ganz normal Root Beer (oder auch nur Dr Pepper) bestellen zu können. Besonders zur Pizza fehlt einem das einfach. Auf der anderen Seite hat es schon einen gewissen Unterhaltungswert, einem Deutschen bei seinem ersten Glas Root Beer zuzuschauen …

Der Bund Teil 4: Wie Gesetze entstehen

Juli 26, 2006

Nachdem wir den Senat und das Repräsentantenhaus vorgestellt haben, wollen wir sie jetzt auch etwas tun lassen: Heute besprechen wir, wie in den USA Gesetze entstehen. Das ist nichts für schwache Nerven, daher ist vielleicht ein kleiner Vorrat an Schokolade angebracht.

Wir hatten gesehen, dass beide Kammern bei der Gesetzgebung gleichberechtigt sind (die Ausnahme waren Finanzgesetze, die vom Repräsentantenhaus ausgehen müssen). Es ist also eigentlich egal, wo wir anfangen: Der bill, also die Gesetzesvorlage, muss am Ende von beiden angenommen werden. Wir gehen einfach mal vom Senat aus, weil das Wort kürzer ist.

Eines Morgens wacht also ein Senator auf und hat eine Idee für ein Gesetz, ohne das die Amerikaner seiner Meinung nach nicht mehr leben können, obwohl sie es seit mehr als 200 Jahren tun. Egal: Er weckt seinen Stab und die formulieren dann einen Entwurf, der seit 1871 mit den Worten anfängt:

Be it enacted by the Senate and House of Representatives of the United States of America in Congress assembled

Dann kommt der eigentliche Text. Der Entwurf wird im Senat in einen „Eingangskorb“ gelegt, einem hopper. Es folgt eine kurze Orgie bürokratischer Formalismen, in deren Verlauf der Bill offiziell ins Protokoll aufgenommen und mit einer Nummer versehen wird. Diese Nummer ist wichtig, denn damit kann man über die Kongress-Datenbank THOMAS (benannt nach Thomas Jefferson) herausfinden, wie der genaue Text lautet und welchen Status der Entwurf hat.

Der nummerierte Bill wird als nächstes an einen der committees, der Ausschüsse, übergeben.

Ausschüsse und Unterausschüsse werden mit keinem Wort in der Verfassung erwähnt, haben aber eine ungeheuere Macht. Der jeweils zuständige Ausschuss entscheidet darüber, ob der Entwurf überhaupt der ganzen Kammer vorgelegt wird. Sie haben also eine Filterfunktion, ähnlich wie in Deutschland. Die Ausschuss-Mitglieder besprechen den Entwurf, halten vielleicht einige Anhörungen (hearings) ab und können ihn mit Anhängen (amendments) versehen. Dann wird abgestimmt. Wenn der Ausschuss damit glücklich ist, geht der Entwurf an die ganze Kammer, also in unserem Beispiel an den Senat. Anderenfalls ist er tot.

Überlebt der Bill den Ausschuss, wird er oft von der ganzen Kammer mit nur kurzer Debatte abgenickt.

Ein solcher Fall ist der jüngst von Senator Jack Reed aus Rhode Island eingebrachte Vorschlag S.3187, die Postfiliale an der Post Road Nummer 5755 in East Greenwich in Rhode Island in „Richard L. Cevoli Post Office“ umzubenennen. Das Postsystem untersteht dem Bund, deswegen ist der Kongress dafür zuständig. Hier fand der Ausschuss des Senats für Homeland Security and Governmental Affairs alles in Ordnung, und auch der ganze Senat war so begeistert, dass er den Entwurf einstimmig verabschiedet hat. Cevoli war übrigens ein Kriegsheld aus, wer hätte das gedacht, Rhode Island.

Aber nicht alle Entscheidungen sind so unumstritten, und dann geht die Debatte in der Kammer weiter. Es können auch hier Amendments hinzugefügt werden – wir hatten bei einem früheren, kurzen Ausflug in die Welt der US-Gesetzgebung gesehen, dass 100 Senatoren problemlos 122 Anhänge hinbekommen. Über diese Anhänge wird nun einzeln abgestimmt.

Dieser Vorgang sorgt regelmäßig für heillose Verwirrung unter deutschen Journalisten. Nach der Abstimmung über einen Amendment schreiben sie schon mal atemlose Meldungen über ein „Gesetz“, das der Senat oder das Repräsentantenhaus „verabschiedet“ haben soll. Abgesehen davon, dass eine Kammer alleine nie ein Gesetz verabschiedet, sondern nur einen Gesetzentwurf, muss man sich klar machen, dass viele Amendments taktischer Natur sind: Manche werden als Verhandlungsmasse für die späteren Debatten mit der anderen Kammer eingefügt, andere sind bewusst so extrem formuliert, dass selbst die Befürworter des ursprünglichen Entwurfs nicht anders können, als gegen den kompletten Text zu stimmen (poison pills). Bei Abstimmungen über Amendments gilt daher die Regel: Ruhe bewahren.

Irgendwann hat die Kammer über alle Anhänge abgestimmt. Dann ist der Entwurf als Ganzes an der Reihe. Wir er abgelehnt, ist er tot. Wird er angenommen, ist es vielleicht Zeit für die Schokolade, denn der Text landet in den Hopper der anderen Kammer und der ganze Prozess beginnt noch einmal von vorne. Mit Ausschüssen, mit Anhängen, mit allem. Wir sind bei unserem Beispiel jetzt im Repräsentantenhaus.

Wenn dieser ihn durchnickt, ist alles gut – so dürften weder das zuständige House Committee on Government Reform noch das ganze Repräsentantenhaus tiefgehende Bedenken gegen die Cevoli-Postfiliale haben. Allerdings kann die Kammer den Text auch verändern oder einen komplett eigenen Entwurf vorlegen. Dann wird am Ende ein Schiedskomitee (conference committee) einberufen. Dieser wird von Mitgliedern beider Kammern besetzt und darf sich nur mit den Unterschieden zwischen den Entwürfen befassen. Die Kompromissversion wird – mehr Schokolade, bitte – dann wieder den Kammern zur Abstimmung vorgelegt. Wenn sie ihn ablehnen, ist der Entwurf tot, oder man versucht nochmal, sich zu einigen.

Hat der Entwurf aber auch das überstanden, wird er als enrolled bill dem Präsidenten geschickt, der ihn unterschreiben soll. Tut er es nicht, ist das Gesetz nach zehn Tagen (Sonntage nicht mitgezählt) trotzdem amtlich. Der Präsident kann ein Veto einlegen. Wenn er das tut, muss jede Kammer den Entwurf nochmal mit zwei Dritteln der Stimmen verabschieden, um das Veto zu überstimmen. Klappt das nicht, ist er tot (der Entwurf, nicht der Präsident).

Und so entstehen in den USA Gesetze, oder eben auch nicht.

Das ist die kurze Version: Die lange findet sich unter How Our Laws Are Made auf der Website der Kongressbibliothek. Was wir erstmal festhalten sollten:

Erstens: Eine Kammer allein macht noch kein Gesetz. Ein Medienbericht über einen Entwurf, der im Senat verabschiedet wird, muss immer auch erwähnen, wie das Repräsentantenhaus dazu steht und umgekehrt. Fehlt das, heißt es meist, dass der Autor keine Ahnung hat, wie das US-System funktioniert.

Zweitens: Einige Abstimmungen sind wichtiger als andere, und viele kann man als Betrachter im Ausland ganz ignorieren. Im Zweifelsfall selbst bei THOMAS nachschauen, was wirklich passiert ist.

Drittens: Der Präsident ist an der Gesetzgebung nicht beteiligt. Der Kongress erlässt Gesetze eigenmächtig und gerne auch gegen den Willen der Regierung. Nur am Ende kann der Präsident sein Veto einlegen.

(Der letzte Punkt ist nicht ganz richtig. Zwar hat der Präsident formell von der Verfassung her genau die gleichen legislativen Rechte wie dieser Autor, er hat aber einflussreichere Freunde. Und so kann der Präsident oder ein anderes Kabinettsmitglied eine executive communication an den Kongress schicken, in dem ein Gesetz vorgeschlagen wird. Dieser Schrieb geht dann an den Vorsitzenden des zuständigen Komitees, der ihn dann dort einbringt. Auf diese Weise fängt auch der Haushaltsprozess an: Der Präsident schlägt dem Kongress etwas vor, alle lachen herzlich, und dann wird verhandelt.)

Schaut man sich die Statistik [PDF] für die erste Hälfte der 109. Legislaturperiode an, stellen wir fest, dass im Senat 2169 Bills und im Repräsentantenhaus 4653 eingebracht wurden, aber am Ende nur 169 Gesetze herauskamen. Nun wurden einige Bills nur geschrieben, um die Wähler zu Hause glücklich zu machen: In Europa müssen nur die Parteien zeigen, dass sie etwas leisten, in den USA ist es jeder einzelne Abgeordnete. Einige Bills sind also reiner Wahlkampf, der Preis für die Direktwahl. Aber selbst wenn man das berücksichtigt, scheint die Versagerquote sehr hoch zu sein. Das US-System wirkt ziemlich umständlich und ineffektiv.

Das ist mit Absicht so.

Die Verfassungsväter hatten sehr genaue Vorstellungen, wie der jeweilige „Charakter“ der drei Gewalten sein sollte. Die Legislative, so die Idee, soll deliberative, also „abwägend“ oder „beratend“ sein. Und genau das tut der Kongress mit Gesetzentwürfen: Abwägen. Sie werden durch Ausschüsse gezerrt, in Anhörungen auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt, von beiden Kammern auf den Kopf gestellt und so lange bearbeitet, bis alle damit mehr oder weniger zufrieden sind. Das dauert und das soll auch dauern. Jeder soll Zeit haben, darüber nachzudenken und neue Ideen einzubringen. Am Ende sollen nur wirklich gute Gesetze herauskommen – sonst lieber gar keins.

So gesehen sind 169 Gesetze vielleicht eher zu viele. Viel zu viele. Ist noch Schokolade da?

Bleibt die Frage, wie so eine „nachdenkliche“ Legislative auf Krisen, Kriege und Katastrophen reagieren kann, die ein schnelles Handeln erfordern. Die Antwort lautet, gar nicht. Für schnelle Entscheidungen sieht das US-System einen ganz anderen Mechanismus vor, einen, der sehr viel effektiver ist, als es irgendein Verfahren im Parlament es je sein könnte: Anweisungen (executive orders) des Präsidenten.

Und damit beschäftigen wir uns in der nächste Folge.

Kurz erklärt: Vorsicht beim Datum

Juli 24, 2006

In den USA wird das Datum meist in dem Format Monat/Tag/Jahr angegeben. Das bekannteste Beispiel dafür ist die Abkürzung „9/11“ für die Terroranschläge des 11. September 2001. Während bei „8/15/1998“ schon klar wird, was gemeint ist, sind Angaben wie „8/6/1945“ für Deutsche gefährlich: Vergisst man die richtige Reihenfolge, liegt man fast zwei Monate zu früh.

Im Umgang mit Amerikanern sollte man den Monat wenn irgendwie möglich ausschreiben, um diese Probleme zu vermeiden. Bei amerikanischen Formularen auch bitte sehr genau darauf achten, welches Format unter den Kästchen vorgegeben wird.

Kurz erklärt: Echtes Popcorn

Juli 21, 2006

Echtes Popcorn wird nicht mit Zucker, sondern mit Butter und Salz gegessen.

Zu den schwersten jugendlichen Traumata dieses Autors gehört sein erster Griff in eine Schüssel mit deutschem Popcorn. Das gab ihm mit sechs Jahren ein Ziel im Leben: den kulinarischen Heiden der Alten Welt den Reinen Glauben des Popcorns nahe zu bringen. Gut, vielleicht ist es eher ein Neben-Lebensziel. Aber immerhin konnten schon diverse Eingeborene erlöst werden, darunter die Schönste Germanin. Kind Nummer Eins wird selbstverständlich strikt von dem gezuckerten Teufelszeug fern gehalten.

Wichtig ist dabei, dass es sich um frische, echte Butter handelt. Leider kommen viele Deutsche nur in Multiplex-Kinos mit salzigem Popcorn in Berührung, wo es gar keine richtige Butter gibt und das Alter des Popcorns nicht in Minuten, sondern bestenfalls in Stunden, wenn nicht sogar in Tagen gemessen wird. Dieses Zombie-Popcorn verhält sich zu echtem Popcorn in etwa wie der Satanismus zum Christentum, Orcs zu Elben oder Charmed zu Buffy the Vampire Slayer.

Um in den vollen Genuss des Wahren Glaubens zu kommen, muss man Popcorn selbst machen. Das kann entweder in einer Schüssel mit etwas Öl geschehen, oder (besser) in einer Popcorn-Maschine, die es inzwischen auch in Deutschland gibt. Wenn das Popcorn ausgepoppt ist, wird die Butter vorsichtig in der Mikrowelle verflüssigt und unter umrühren mit einer Gabel gleichmäßig verteilt. Wenn man danach Salz darüber streut, klebt es an den gepoppten Körnern.

Das ist echtes Popcorn.

Der Bund Teil 3: Die mutierte Länderkammer: Der Senat

Juli 19, 2006

Was macht man, wenn man eine Republik haben will, aber dem Pöbel nicht ganz traut? Man stellt ihm eine Gruppe von Leuten zur Seite, die weniger leicht anfällig für politische Modeströme, die verantwortungsbewusster, ja vielleicht sogar weise sind. Die Väter der amerikanischen Verfassung hatten dabei so etwas wie das House of Lords im Sinn, denn für sie war das britische Parlamentssystem eine fast perfekte Lösung des Problems, wie in den Federalist Papers argumentiert wird.

Nur, woher die Lords nehmen? Einen amerikanischen Adel, selbst wenn man ihn hätte wirklich haben wollen, gab es nicht. Es musste auf eine andere Art dafür gesorgt werden, dass die Abgeordneten dieses „Oberhauses“ wenigstens etwas über der Tagespolitik stehen. Die Weisheit musste erzwungen werden.

Es gab noch ein anderes Problem, das die zweite Kammer lösen musste, wie wir in der letzten Folge gesehen haben. Die großen Staaten wollten im Kongress stärker vertreten sein, denn sie hatten mehr Leute. Das wurde im Repräsentantenhaus umgesetzt. Nun wollten aber die kleinen Staaten genau so viel zu sagen haben, um nicht von den großen beherrscht zu werden. Mehr noch, den Staaten sollte auch ein direktes Mitspracherecht eingeräumt werden, denn sie hatten Hemmungen, ihre Souveränität komplett abzugeben. Das war ein fast so wichtiger Knackpunkt wie die Frage, ob alle Staaten gleich oder nach der Bevölkerungszahl vertreten sein sollten.

Alle diese Probleme löst der Senat. Die Abgeordneten werden auf sechs Jahre gewählt, was ihnen etwas mehr Unabhängigkeit gibt. Damit die Kontinuität gewahrt wird, ist die Wahl so gestaffelt, dass sich ein Drittel alle zwei Jahre stellen muss. In den USA werden damit alle zwei Jahre das gesamte Repräsentantenhaus (435 Abgeordnete) und ein Drittel des Senats (33 bzw. 34 Abgeordnete) neu gewählt. Jeder Bundesstaat, egal wie groß oder klein, schickt genau zwei Senatoren. Um ein Gesetz zu verabschieden – das Thema das nächsten Eintrags – müssen beide Kammern zustimmen.

Damit ist der Senat nicht in europäischen Sinne ein „Oberhaus“, auch wenn man hin und wieder den Begriff findet, denn er ist bis auf Einzelpunkte gleichberechtigt zum Repräsentantenhaus: Beide können Gesetze einbringen. Nur bei Finanzfragen hat das Repräsentantenhaus ein Vorrecht. Damit die Bundesstaaten auch etwas zu sagen hatten, ließ man sie darüber entscheiden, wer sie vertreten würde, wie beim deutschen Bundesrat heute.

Etwa 120 Jahre blieb es bis auf kleinere Änderungen auch dabei. Dann hatten die Amerikaner genug von der Länderkammer: 1913 kam der 17. Verfassungszusatz und seitdem werden die Senatoren direkt gewählt. Die Länderkammer wurde zu einer zweiten Volkskammer.

Aber warum? Alles lief doch nach Plan! Und mehr noch, wie wir gesehen haben wurde durch die Änderung einiges im Gesamtsystem gehörig durcheinander gewirbelt.

Ein Teil des Problems kennen die Deutschen vom Bundesrat: Ständige Blockade. In den USA kam aber noch ein anderes Problem hinzu: Ort genug konnte sich Bundesstaat intern nicht darauf einigen, wen er nach Washington schicken sollten. Die Arbeit der ganzen Kammer wurde durch dieses Provinzgezanke behindert. Zudem galten Senatoren als faul und korrupt. Bis zum 20. Jahrhundert hatte man auch viel von der Scheu abgelegt, dem Bürger direkt mit Macht zu betrauen; die Bundesstaaten hatten nach dem Bürgerkrieg einiges an Macht eingebüßt und das alte System erschien auch einfach nur undemokratisch.

Als erster Staat stellte Oregon um – wir hatten ja gesagt, dass sie dort experimentierfreudig sind. Auf eigene Faust wurde 1907 die Direktwahl eingeführt, ganz so, als würde Bayern morgen beschließen, seine Bürger bestimmen zu lassen, wer sie im Bundesrat vertritt. Andere Staaten folgten, und schließlich wurde die Verfassung geändert.

Der Senat ist trotzdem bis heute, fast 100 Jahre später, immer noch die etwas nachdenklichere, weniger leicht zu beeinflussende Kammer geblieben. Der Effekt dürfte insbesondere in der längeren Amtszeit liegen: Bei sechs Jahren überlegt man als Wähler schon sehr genau, wer den Sitz haben soll, und als Senator weiß man, dass die Sau, die heute durchs Dorf getrieben wird, bei der Wahl in einigen Jahren schon lange Schinken sein wird. Ob das mit der Weisheit zutrifft, sei dahingestellt.

Ein Nebeneffekt der Änderung ist dass der einzelne Senator sehr viel Macht hat. Die Verfassung sieht keine großartigen Kontrollen vor, denn es wurde angenommen, dass die Bundesstaaten schon auf ihre Leute aufpassen würden. Es gibt nur 100 Senatoren, und in sechs Jahren kann man mehr Verbindungen knüpfen, Allianzen aufbauen und Pläne schmieden als in zwei. Senatoren können auch beliebig häufig wiedergewählt werden: Der Demokrat Robert Carlyle Byrd aus West Virginia ist seit 1959 im Senat und damit zum Zeitpunkt dieses Eintrags seit etwa 47 Jahren und sechs Monaten. Für solche Senatoren sind Präsidenten Leute, die kommen und gehen. Die Kollegen bleiben.

Die Macht des einzelnen Senators hat auch etwas mit den beiden Sonderaufgaben zu tun, die bei der Kammer liegen: Er ratifiziert alle Verträge und bestätigt die Ernennungen des Präsidenten.

In Deutschland werden die Konsequenzen daraus oft nicht verstanden. Zwar ist es richtig, dass Bill Clinton für das Kyoto-Klimaschutzabkommen war und George W. Bush dagegen ist. Das ist aber völlig egal, denn der Senat ist dagegen, wie er im Juli 1997 in der Byrd-Hagel Resolution mit 95 zu 0 Stimmen unmissverständlich klar machte. Und ohne den Senat passiert gar nichts. Clinton legte ihm den Vertrag dann auch gar nicht erst vor. Seitdem hat sich nicht viel verändert. Bush als den großen Klima-Killer dazustellen, ist also irreführend: Die Kyoto-Befürworter haben die wichtigsten amerikanischen Politiker nicht von dem Wert des Protokolls überzeugen können, ob Republikaner oder Demokrat. Wer hier auf Bushs Nachfolger hofft, hofft wohl vergeblich.

Tatsächlich spielt der Senat für die Außenpolitik der USA so eine wichtige Rolle, dass bei Verhandlungen oft Senatoren einbezogen werden, zum Beispiel die Vorsitzenden der betroffenen Ausschüsse. Deswegen verfolgen auch US-Medien sehr genau, wenn ein Senator nach Nordkorea fliegt: An diesen Leuten kommt der Präsident nicht vorbei.

Auch die zweite wichtige Aufgabe wird häufig nicht verstanden. Jede Ernennung des Präsident – 4.000 zivile Posten pro Legislaturperiode, plus 65.000 beim Militär – muss vom Senat bestätigt werden. Die ganze Riege der in Deutschland viel kritisierten, wenn nicht sogar verhassten Bush-Minister wie Donald Rumsfeld [PDF] oder Condoleezza Rice hat also die Unterstützung des Senats. In der Praxis kümmert sich der Senat nicht um alle Ernennungen, sondern nur um die wichtigsten – wir haben das Verfahren am Beispiel des neuen Geheimdienstchefs bereits in der Praxis betrachtet. Die unteren Ränge werden „aus Höflichkeit“ dem Präsidenten überlassen.

Die US-Außenpolitik auf die Person des Präsidenten zu beschränken ist damit ein Fehler, oft ein schwerwiegender. Zumindest hinter den groben Zügen steht auch der Senat. Durch ihn entsteht eine Kontinuität über Präsidenten hinweg, die man sehr schön an Fragen wie der Kuba-Politik (Embargo seit 44 Jahren) oder Nordkorea (Truppenstationierung seit fast 60 Jahren) sieht. Wer wissen will, wie es im Irak oder Afghanistan weitergeht, tut gut daran, auch die Stimmung im Kongress allgemein und im Senat im Speziellen zu verfolgen. Was diese Leute über den den Irak denken oder über den Islam hat sehr weitreichende Konsequenzen. Bush geht in zwei Jahren. Sie werden wohl bleiben.

Am Ende noch eine Besonderheit, die aus europäischer Sicht geradezu bizarr ist:

Wenn ein Senator stirbt, entscheidet nach alter Manier der Gouverneur seines Bundesstaates über seinen Vertreter, der den Posten zunächst übernimmt. Traditionell wird als Zeichen der Anteilnahme und des Respekts der Ehepartner in den Kongress berufen. Oft ist das nur eine Formalie – aber halt nicht immer. Als 1931 der Senator Thaddeus Horatius Caraway aus Arkansas starb, übernahm seine Frau Hattie Wyatt Caraway nicht nur seinen Sitz, sie stellte sich auch 1932 zur vorgezogenen Wahl und gewann – als erste Frau, die in den Senat gewählt wurde.

Sie galt als integer, unabhängig. Sie war auch, so will man hoffen, wenigstens etwas weise.

Kurz erklärt: Wingnuts und Moonbats

Juli 17, 2006

Blogs spielen in den USA bei der politischen Diskussion eine zunehmend größere Rolle. Dabei sind einige neue Begriffe entstanden, denn wo Menschen zusammenkommen, werden Beleidigungen ausgetauscht. Zwei der häufigsten neuen Schimpfworte, die der interessierte Leser von US-Blogs kennen sollte, sind wingnut und moonbat.

Ein Wingnut („Flügelschraube“) ist ein durchgeknallter Konservativer. Vermutlich handelt es sich um eine Kurzform von right-wing nutcase, also einem rechten Spinner. Ein praktisches Beispiel findet sich hier bei dem bekannten politischen Blog DailyKos. Die Beleidigung wird von Linken benutzt.

Ein Moonbat („Mond-Fledermaus“) ist das Gegenstück, nämlich ein verrückter Linker. Hier scheint der Ursprung eindeutig auf Perry de Havilland’s barking moonbat zurückzugehen. Ursprünglich ein Begriff für jede Art von Mensch mit sehr radikalen Ansichten, ist das Anwendungsgebiet inzwischen eingeschränkt. Ein praktisches Beispiel findet sich hier bei dem ebenfalls recht bekannten Blog von Michelle Malkin. Es wird von Rechten benutzt.

Zum französischen Nationalfeiertag: Die Bastille, Lafayette und die USA

Juli 14, 2006

Heute ist der französische Nationalfeiertag, denn vor 217 Jahren stürmten aufgebrachte Pariser Bürger das berüchtigte Gefängnis Bastille. Kurz darauf wurde das Symbol der staatlichen Unterdrückung abgerissen und der Schlüssel im Triumph in die USA geschickt.

Was vielleicht erklärt werden muss, denn heute würden die Franzosen eher überreifes Gemüse, ranzige EU-Butter oder langstrahlenden Atommüll über den Atlantik schicken als einen nationalen Schatz. Es ist vielleicht schwer vorstellbar, aber Ende des 18. Jahrhunderts waren kaum zwei Völker so dicke wie Franzosen und Amerikaner.

Die Franzosen waren die Geburtshelfer der amerikanischen Unabhängigkeit. Paris schickte im Krieg Truppen und insbesondere Schiffe, ohne die ein Sieg der 13 Kolonien über die Supermacht Großbritannien unmöglich ausgesprochen schwierig gewesen wäre. Nicht aus Liebe zur Freiheit und Demokratie – einigen klügeren Monarchisten war schon klar, dass die Amerikanische Revolution zu einer existenziellen Bedrohung für sie werden könnte. Aber die Versuchung, den verhassten Briten eins auszuwischen, war einfach zu groß.

Bei einigen Franzosen brannte die Leidenschaft für die Freiheit schon lichterloh. Unter ihnen war ein junger Adeliger mit dem bescheidenen Namen Marie Joseph Paul Yves Roche Gilbert du Motier, der Marquis de La Fayette. Mit 19 Jahren reiste er auf eigene Faust nach Amerika und stellte sich in den Dienst der etwas perplexen Rebellen, die zunächst nicht so richtig wussten, was sie mit ihm machen sollten. Aber La Fayette – in den USA „Lafayette“ geschrieben – brachte neben seinen persönlichen Fähigkeiten zwei wichtige Eigenschaften mit: Er war jemand, der Paris für die Sache der Kolonien gewinnen konnte, und er wollte keinen Sold. Lafayette wurde zum Generalmajor von George Washington.

Die Männer wurden lebenslange Freunde. Zeichnungen aus dem Krieg zeigen Washington und Lafayette nebeneinander auf ihren Pferden, wie sie den hungernden und frierenden Soldaten in Valley Forge Mut zusprechen. Lafayette befehligte Soldaten, wurde verwundet, und schlug sich wacker, auch bei der Schlacht von Yorktown, die das Ende des Kriegs markiert. Danach kehrte Lafayette nach Frankreich zurück (und wurde wieder La Fayette). Er und Washington blieben Freunde. La Fayette gab seinem Sohn den Namen George Washington.

La Fayette spielte auch eine wichtige Rolle während der Französischen Revolution, auf die wir aber hier nicht eingehen werden. Man muss vielleicht erwähnen, dass die Farben der Trikolore auf ihn zurückgehen sollen: Für Amerikaner ist damit völlig klar, dass ihre Fahne Pate stand, egal, was die Franzosen dazu sagen. Wichtiger für uns: Als die Bastille gestürmt wurde, schickte La Fayette seinem Freund besagten Schlüssel mit einem Brief, datiert auf den 17. März 1790:

Give me leave, my dear General, to present you with a picture of the Bastille, just as it looked a few days after I had ordered its demolition, with the main key of the fortress of despotism. It is a tribute, which I owe, as a son to my adoptive father, as an Aide-de-Camp to my General, as a Missionary of liberty to its Patriarch.

Wie wir wissen, lief es danach in Paris nicht so gut. Während Europäer sich damit trösten, dass die Französische Revolution langfristig auch ihnen liberté, egalité, fraternité brachte, war sie aus amerikanischer Sicht ein Desaster, das die Sache der Demokratie in Europa um mindestens 100 Jahre zurückwarf. Die Guillotine streckte Lady Liberty hin und mit ihr starb scheinbar jede Hoffnung von La Fayette und Washington, die Freiheit von der Neuen in die Alte Welt tragen zu können. Für die Amerikaner haben die Franzosen ihre Revolution schlicht verkackt.

Darüber sind die Amerikaner bis heute unglücklich. Was hätten zwei freie Nationen nicht gemeinsam erreichen können, so die wehmütige Klage, wenn der europäische Bruder nicht in einen Blutrausch verfallen wäre? Welche Chancen hätten sich der Menschheit geboten, wenn das mächtige Frankreich seine erste stabile Republik bereits 1792 und nicht erst 1870 geschaffen hätte? Wie viel Leiden wäre Europa, vielleicht der ganzen Welt erspart worden, wenn die Franzosen nicht versagt hätten?

Denn immer wenn Amerikaner und Franzosen Beleidigungen austauschen – im Moment mal wieder eine Art Hobby beider Staaten – liegt schnell dieser Vorwurf in der Luft: Versager! (die französische Erwiderung hat meistens irgendwas mit terminalem Kulturmangel zu tun). Dass die Franzosen sich sofort nach der (gescheiterten) Revolution hinter einen Diktator stellten, mit ihm Europa in Schutt und Asche legten und inzwischen bei der fünften Republik angekommen sind, macht die Sache aus amerikanischer Sicht nicht besser. Fünf Republiken? Die Franzosen hätten doch schon beim ersten Mal nur von der amerikanischen Verfassung abschreiben müssen!

Bei allem Streit, bei allem Zank ist La Fayette (bzw. Lafayette) ein gemeinsamer Held geblieben. In Frankreich und den USA werden Schulen und Einkaufszentren, Straßen und ganze Städte nach ihm benannt. Die US-Marine gab bislang drei Kriegsschiffen den Namen „Lafayette“. Eine vermutlich unwahre aber trotzdem gern zitierte Legende besagt, dass der Kommandeur der US-Truppen im Ersten Weltkrieg, General Pershing, bei der Ankunft in Frankreich rief: Lafayette, here we are! Am 23. Januar 2002 stimmte der US-Kongress dafür, Lafayette zum Ehrenbürger der USA zu machen, eine Auszeichnung, die außer ihm nur fünf andere Menschen erhalten haben. Über seinem Grab weht bis heute die amerikanische Fahne, egal, welches kurzlebige Geschrei über Pommes die Medien dominieren mag.

Und der Schlüssel der Bastille hängt weiter auf dem Landsitz von George Washington Mount Vernon, eine Erinnerung an bessere Zeiten und ein Zeichen der Hoffnung, dass sie wiederkehren werden. Streit unter Brüdern ist bekanntlich häufig und heftig; aber trotz ihrer unterschiedlichen Wege sind die USA und Frankreich am Ende zwei Demokratien, deren Wurzeln nicht zu trennen sind, ob es ihnen gefällt oder nicht.

In diesem Sinne: Happy birthday, Frankreich, und danke noch mal für Lafayette. Wie auch immer er geschrieben wird.

(Danke an DKS für Hlife bei der Recherche)

Kurz erklärt: Warum niemand, wirklich niemand, in Oregon zur Wahl geht

Juli 11, 2006

Die Bürger des Bundesstaates Oregon hatten irgendwann die Nase voll von den ganzen Wahlkabinen und -Zetteln, davon, dass alles aufgebaut und gesichert und dann wieder abgebaut werden musste, dass die Urnen erst von A nach B und dann wieder zurück geschleppt wurden, dass man schon mal endlos in einer Schlange stand, dass man nur einen Tag hatte, um seine Stimme abzugeben.

Also entschieden sie 1998 per Volksentscheid, dass alle – alle – Wahlen nur noch per Briefwahl (vote by mail) durchgeführt werden. Keine Kabinen mehr, keine Urnen, keine Schlangen. Das gilt auch für die Wahlen auf Bundesebene, die von den einzelnen Staaten organisiert werden. Wer unbedingt will, kann seinen Zettel an bestimmten Orten zu Fuß abgeben, aber zugeschickt wird er nur per Post.

Oregon gibt dafür mehrere Gründe an: Eine höhere Wahlbeteiligung, ein größeres Zeitfenster für die Stimmabgabe (die Wahlzettel werden 14 bis 18 Tage vorher verschickt), mehr Zeit für die Wähler, sich mit den Argumenten vertraut zu machen (wichtig in einem Staat mit starker direkter Demokratie) und zusätzliche Sicherheit gegen einige Formen des Betrugs. Billiger ist es noch dazu.

Die Entscheidung war und ist nicht unumstritten, wie man an den Argumenten zu dem Referendum sieht. Die Mehrheit sagt jedoch, dass es sich bewährt hat. Ob das Modell Schule in anderen Bundesstaaten macht, ist noch nicht klar. Mit Interesse verfolgt wird es auf jeden Fall. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Experiment eines Bundesstaates am Ende vom ganzen Land übernommen wird.