Archive for November, 2010

ZEUGS: Happy Thanksgiving!

November 25, 2010

Wir unterbrechen unsere Unterbrechung um allen betroffenen interessierten Lesern ein schönes Thanksgiving zu wünschen. Kurz einige Links dazu, wegen der immer noch nassen Umstände noch etwas chaotischer zusammengestellt als sonst.

Zuerst: In unserem ursprünglichen Eintrag haben wir versucht zu erklären, dass Thanksgiving nicht einfach die amerikanische Version des christlichen Erntedankfestes ist. Dabei ist diesem Autor dummerweise nicht die offensichtlichste Art eingefallen, das zu demonstrieren: In dem man zeigt, dass es alle Religionsgruppen in den USA feiern. Das holen wir jetzt nach, schon allein weil die Schönste Germanin in diesem Jahr schon fünf Mal erklären musste, dass Thanksgiving nicht einfach die amerikanische Version des christlichen Erntedankfestes ist. Menno.

Fangen wir mit den Juden an – es gibt Haggadas (Erzählungen) zu Thanksgiving (Link hinzugefügt):

Thanksgiving links American and Jewish values that enrich our lives. This holiday commemorates the Pilgrims‘ first New World harvest. Its inspiration comes from the Hebrew Bible and the festival of Sukkot.

Moment, ist Thanksgiving dann eigentlich ein jüdisches Fest? Das sehen die amerikanischen Pagane ganz anders:

As Pagan Europeans immigrated, they brought their customs of harvest festivals: Lughnasadh, Mabon and Samhain. Both Pagan traditions, featuring special foods, later influenced celebrations of the American Thanksgiving.

Samhain kennen wir schon – es findet am selben Tag wie Halloween statt. Also ist Thanksgiving ein heidnisches Fest? Nun, wir haben auch diese hinduistischen Quelle zu dem Thema. Der zufolge ist es ein hinduistisches Fest, denn niemand geringeres als Abraham Lincoln sei eigentlich ein Hindu gewesen (Link hinzugefügt):

„The holiday of Thanksgiving has a Hindu origin,“ says Richard Salva, author of a book on the reincarnation of Abraham Lincoln entitled „Soul Journey: From Lincoln to Lindbergh“ which is based on a statement by the great master of yoga, Paramhamsa Yogananda, who declared that Abraham Lincoln had been a Himalayan yogi in a past life, and that he was reborn as the famous aviator, Charles Lindbergh.

Okay, das nicht nur ein viel zu langer Satz, sondern auch etwas abgefahren und unfair von diesem Autor gegenüber den bodenständigen Hindus in den USA:

There’s pumpkin pie on the table and chai on the stove. This is America, after all.

Auch amerikanische Muslime feiern Thanksgiving:

Our extended family looks forward to devouring a baked stuffed 20-22 lb turkey. I consider it an especial treat for me in serving all my family members with the „halal“ goodies that goes with it. We all relish this evening with joy, gratitude and thanks to Allah (swt) that brings this day.

Man beachte den Hinweis auf das Football-Spiel im Text. Wenn das nicht ein Zeichen für eine gelungene Integration ist, dann weiß dieser Autor auch nicht weiter. Wir finden das Fest auch bei amerikanischen Buddhisten (Link hinzugefügt):

The Buddha taught four mindfulnesses, common to all traditions. And mindfulness of feeling requires some feelings to go on. Mindfulness of thinking requires some thinking. Feeling and thinking are something to be grateful for. „I am grateful to be human. I am grateful to everyone.“ That’s a lot on the Thanksgiving plate.

Damit hat sich die Vorstellung von Thanksgiving als religiöses Fest hoffentlich endgültig erledigt, selbst wenn man es religiös begehen kann: Buddhisten haben bekanntlich gar keinen Schöpfergott, dem sie danken könnten.

Ach so, auch Christen feiern in den USA Thanksgiving. Nur um auch sie mal erwähnt zu haben.

In den Reihen der Hindus und Buddhisten gibt es viele Vegetarier, daher findet man auf den entsprechenden Websites viele Diskussionen über einen Ersatz für den Truthahn. Die „New York Times“ hat entsprechende Rezepte zusammengestellt.

War das jetzt zu viel Religion? Zu viel Liebe und Frieden und so? Dann verweisen wir schnell auf das Magazin Slate, das eine Anleitung zum Familienstreit gibt. Wenn schon, dann bitte richtig:

The enterprising uncle of a friend of mine distributed red-and-blue plastic cups at the start of the meal so everyone could identify each family member’s party affiliation before the shouting started.

In dem Eintrag werden die jeweiligen Positionen zu den aktuell strittigsten politischen Themen in den USA aufgeführt — das Prinzip kann der interessierte Leser bestimmt für ein traditionelles deutsches Weihnachtsessen übernehmen. Das selbe Magazin bespricht die Weitergabe von Kochtraditionen von Mutter zu Tochter, was offenbar auch ziemlich heftig werden kann.

Amerikanische Genetiker arbeiten an einem besseren Truthahn. Das Drehbuch zu dem dazugehörigen Horrorfilm ist vermutlich auch schon irgendwo in der Schublade.

„Scientific American“ bloggt über Thanksgiving und die wechselnden Vorurteile über Indianer. Bekanntlich sind diese immer entweder blutrünstige Barbaren oder friedliebende Naturkinder, aber nie normale Menschen mit etwas von beidem.

Und schließlich zur Erinnerung: Die Pflichtfolge von Buffy zu Thanksgiving ist „Pangs“, wo genau diese Diskussion über Indianer sehr handfest Gestalt annimmt – und Buffy den Briten in der Serie verzweifelt zu erklären versucht, wie ein richtiges Thanksgiving auszusehen hat.

META: Blogpause wegen Wasserschadens bis zum 6. Dezember

November 21, 2010

Water, water, everywhere,
Nor any drop to drink.

— Samuel Taylor Coleridge, The Rime of the Ancient Mariner

Es fing mit einem nassen Socken auf dem Kellerfußboden an, neben einer Gipswand, die sich auch als nass erwies, hinter der eine Pumpe lebt, die eigentlich Kondenswasser aus dem Schornstein über eine kleine Leitung in eine große Leitung befördern sollte. Stattdessen hat die Pumpe über Tage, wenn nicht sogar über Wochen, das Wasser in die Wand gepumpt. Jetzt müssen die Platten und die Dämmung herausgerissen und ersetzt werden, etc.

Deswegen und wegen anderer Arbeiten im Keller, die gleich mit erledigt werden, liegt dieses Blog bis

Montag, dem 06. Dezember 2010

brach. Vermutlich wird der erste Eintrag dann ein ZEUGS sein, weil die sich auch mit nassen, klammen Fingern einfach schreiben lassen.

Fringe und die Verschwörungstheorien um Jimmy Hoffa

November 17, 2010

Dieser Autor verfolgt mit inzwischen wachsender Begeisterung die TV-Serie Fringe von J.J. Abrams. Was zuerst ein banaler Klon der X Files zu sein schien, hat Schritt für Schritt so viel an Tiefe gewonnen, dass die ersten Folgen im Rückblick geradezu primitiv wirken. Noch besser: Im Gegensatz zu Lost scheinen die Autoren tatsächlich zu wissen, wo sie mit der Geschichte hin wollen. Einen großen Spaß macht es entsprechend, mit dem Wissen aus der dritten Staffel nochmal zur ersten zurückzukehren und zu sehen, was alles an Anspielungen (foreshadowing) eingebaut wurde.

Was uns zur Folge „In Which We Meet Mr. Jones“ bringt.

In einer Szene arbeitet der nicht mehr ganz verrückte Wissenschaftler Dr. Walter Bishop mit Hilfe seines erwachsenen Sohnes Peter Bishop daran, Informationen aus dem Gehirn eines Bösewichts zu gewinnen. Dieser ist nicht nur tot, was lästig genug wäre, sondern wurde dummerweise auch durch einen Kopfschuss niedergestreckt. Walter Bishop hat ein Verfahren für solche Situationen entwickelt, das er vor Jahrzehnten schon einmal bei einem schwierigen Patienten anwenden musste:

Walter: ’75, the FBI asked me to use this procedure. Someone had been murdered. I don’t recall his name. „James“, I believe, or „Jimmy“. They wanted to identify his assassin. [A] union leader, I think.

Peter: [Ungläubig] Jimmy Hoffa?

Walter: Yes!

Um den Witz zu verstehen, muss man wissen: Hoffa war ein mächtiger und einflussreicher Gewerkschaftsführer der Teamsters, der sich unter anderem mit der US-Regierung und der Mafia anlegte. Anders formuliert, er hatte jede Menge Feinde. Seit 1975 ist er verschwunden. Normale Menschen gehen davon aus, dass er ermordet und seine Leiche irgendwo vergraben oder einbetoniert wurde. Gesucht wird sie immer noch (2006), an ganz verschiedenen Orten (2009).

Verschwörungstheoretiker – nun, die sehen bekanntlich überall Männer mit Glatzen und so etwas. Bei Hoffa hätten wir zum Beispiel:

Others have claimed that he isn’t dead, just in hiding. One teamster stuck to his story when diligently questioned by the authorities that Hoffa had run off to Brazil with a black go-go dancer.

Wo er sich vermutlich wunderbar mit den Hitler-Klonen versteht.

Das mysteriöse Verschwinden Hoffas ist inzwischen in die Populärkultur übergegangen. Anspielungen findet man unter anderem bei den Simpsons, bei Veronica Mars und jetzt halt auch bei Fringe.

Eine Warnung: „Mr. Jones“ ist die einzige Folge von Fringe, die man sich vielleicht besser in der Synchron-Fassung anschaut. Ein Teil spielt in dem „Wissenschaft Prison“ bei Frankfurt am Main, wo seltsamerweise alle mit amerikanischem Akzent sprechen, wie auch der Abgeordnete des Bundestages „Lucas Vogel“ mit einem amerikanischen Akzent spricht, von der Frauenstimme bei den Ansagen am „Frankfurter Flughafen“ ganz abgesehen (dort werden die Passagiere natürlich mit Achtung!-Rufen angetrieben).

Immerhin sind die Sätze als solche richtig, ein gewisses Bemühen ist also erkennbar. Das ist wichtig, denn ein zentrales, wenn auch noch mysteriöses Dokument der Serie trägt den deutschen Titel „Zerstörung durch Fortschritte der Technologie“, kurz „ZFT“. Vielleicht erfahren wird daraus auch endlich, was wirklich mit Elvis passiert ist.

ZEUGS: Der Versuch einer kürzeren Version

November 14, 2010

Die Zeugs-Einträge werden wieder viel zu lang. Daher versuchen wir (wieder), uns kürzer zu fassen. Außerdem hat dieser Autor How it should have ended entdeckt, was doch sehr vom Schreiben ablenkt. Man bemerke den Eintrag für The Wizard of Oz.

  • Zu Halloween, zum letzten Mal in diesem Jahr: Popular Mechanics hat eine Bilderserie mit extremen Kürbissen. Vergangenes Jahr hatte die Zeitschrift eine Anleitung für haunted houses.
  • Zu dem Gebrauch des Wortes porn: Der Künstler Jonathan Keats will mit Hilfe von God porn Gott dazu bringen, mehr Universen zu erschaffen.

    Using his Mac laptop, incense, candles, a votive altar and his own bottomless curiosity, he’s going to tickle God’s naughty bits and unknowable mind with quark-gluon plasma and other interstellar aphrodisiacs.

    Kann man den Teufel auf diese Weise ansprechen, wenn man statt eines Macs einen Windows-Rechner benutzt?

  • Zu porn, nochmal: Die „Nacktscanner“ an Flughäfen werden in den USA offenbar inzwischen porno-scanners genannt. Die englische Wikipedia zitiert einen afrikanischen Medienbericht, dem zufolge die Maschinen genau dazu benutzt wurden. Darin ist von e-stripping die Rede.
  • Zu FanFic: Da man amerikanische Politiker und Prominente faktisch beliebig beleidigen kann, gibt es neuerdings einen Aufruf zu politislash:

    Is Obama turning to Biden for comfort in the aftermath of Rahm’s betrayal? Have Carly Fiorina and Maxine Waters shared a tender moment or two?

    Allerdings soll FanFic ja irgendwie unterhaltsam sein, daher ist sich dieser Autor nicht wirklich sicher, ob das Genre Erfolg haben wird.

  • Zu Kommata in Überschriften, ein wunderbares, wenn auch nicht ganz passendes Beispiel aus Kanada:

    Days from death, Fla. wildlife officials free plastic jar that was stuck on bear cub’s head

    Der Eintrag in dem schönen Blog Language Log versucht verzweifelt, aus dieser Überschrift die eigentliche Bedeutung herauszukitzeln. Ganz aktuell ist die Diskussion über den Harry-Potter-Werbeslogan Nowhere is safe.

  • Zu Millionen und Billionen: Der interessierte Leser R weist darauf hin, dass man das Problem mit Begriffen wie „Mega-Euro“ oder „Giga-Dollar“ umgehen kann. Bei dem Zombie-Beispiel wären das dann 29 giga-dead.

  • Zu Nixon in China: Der Feuilletonist Charles Krauthammer spricht ein wahres Wort anlässlich des Besuchs von Präsident Barack Obama in Indien (Hervorhebung im Original):

    No one remembers what Nixon did in China; what changed the world is that Nixon went to China.

    Krauthammers Ausführungen zu den Kokosnüssen sind dagegen bei allem Respekt etwas kurzsichtig: Schließlich könnten sie als Bombe von Schwalben [YouTube] getragen werden – so weit ist es von Afrika ja nicht nach Indien.

Einige Bemerkungen zum Wasserfluss von amerikanischen Toiletten

November 8, 2010

Heute befassen wir uns mit einer Frage des interessierten Lesers CL: Warum spülen amerikanische Toiletten so schlecht?

Dieser Autor würde die Behauptung gerne als fiese anti-amerikanische Propaganda abtun, als üble Nachrede von verbitterten Kryptokommunisten, die die freie Welt in den, äh, Dreck ziehen wollen. Allein, das Problem existiert tatsächlich: Ganze Generationen von Toiletten in den USA packen es nicht.

Schuld daran sind die Politiker in Washington – wer sonst, würde der gemeine Amerikaner sagen. Unter Präsident George Bush (Senior) erließ der Kongress ein umfangreiches Umweltschutzpaket, den Energy Policy Act. Darin wurde unter anderem festgelegt, dass ab 1994 nur noch 1,6 Gallonen (sechs Liter) pro Spülvorgang statt 3,5 Gallonen eingesetzt werden dürften. Damit sollte der Wasserverbrauch gesenkt werden, ein großes Problem in den trockeneren Teilen der USA. Bis dahin hatten 17 Bundesstaaten bereits ähnliche Gesetze verabschiedet.

Dummerweise zeigten sich die amerikanischen Klo-Bauer der Herausforderung nicht gewachsen, mit weniger Wasser auszukommen. Installateure berichteten noch 1999 von vier Hauptbeschwerden ihrer erbosten Kunden:

[M]ultiple flushes are needed to clear solids from the bowls; residue remains in the bowl even after multiple flushes; the units clog easily; and they require more maintenance than 3.5-gallon models and cause more damage when they overflow.

(Wer sich über die vornehmen Umschreibungen wie solids amüsiert, wird auch Gefallen an den Amtsvokabeln bei der entsprechenden Diskussion in Deutschland finden, wo von „Spülgut“ die Rede ist. Was gut spült, spült auch Spülgut gut!)

An dieser Stelle spielen wir das Lied „Flakes“ [YouTube] von Frank Zappa ein, denn die Amerikaner schimpften wie die Rohrspatzen:

Builders report that most clients do not accept the explanation that the toilets are working, and can’t be replaced with ones that use more water and work better because they are against the law.

Die guten alten Toiletten von vor 1994 wurden gehortet (eine Reaktion, die wir bei solchen Verordnungen auch von Deutschen kennen) und gebraucht gekauft. Amerikaner gingen dazu über, zwei Mal abzuziehen, der Begriff low-flow toilet wurde zum Schimpfwort, Umweltschützer hatten ihren Ruf als Hygienefeinde weg und deutsche Touristen wunderten sich.

Inzwischen hat das Volk, das die Atombombe entwickelt, Menschen zum Mond gebracht und das Internet erfunden hat, auch die technologische Herausforderung der modernen Toilettenspülung gemeistert. Die Verspätung hatte einen wirtschaftlichen Preis: Der amerikanische Toiletten-Markt mit einem Wert von 320 Millionen Dollar wird zu einem Drittel von dem japanischen Konzern Toto gehalten.

Das neue Schlagwort heißt high efficiency toilet (HET) mit einem GPF-Wert (gallons per flush) von 1,4. Die amerikanische Umweltbehörde EPA vergibt Zertifikate und ist begeistert:

Unlike some first-generation, „low-flow“ toilets, WaterSense labeled toilets combine high efficiency with high performance. Design advances enable WaterSense labeled toilets to save water with no trade-off in flushing power. In fact, many perform better than standard toilets in consumer testing.

Man beachte die Schlagworte high efficiency, high performance und flushing power – fast wie bei einem Sportwagen. Wer kann da noch nein sagen? Nach offizieller Darstellung geben inzwischen 80 Prozent der Amerikaner an, mit den sparsameren Klos zufrieden zu sein. Ja, offenbar gibt es dazu Studien.

Wie auch immer, die neuen amerikanischen Toiletten sollen je Familie gut 100 Dollar und mehr als 10.000 Liter Wasser im Jahr sparen. Und das beste: Sie funktionieren sogar.

ZEUGS: Weg mit den Richtern, her mit dem Urin und was Gandalf wirklich sagte

November 4, 2010

Es ist erstaunlich, wie viele Mathematiker dieses Blog lesen. Vielen Dank hiermit an alle für den tapferen Versuch, diesem Autor das Auswahlaxiom zu erklären. Für mathematisch völlig unbedarft hält er sich zwar nicht — im vergangenen Jahr hat er ganz stolz der Schönsten Germanin mit Hilfe von Gradengleichungen demonstriert, dass sich eine LED-Glühbirne am Hauseingang innerhalb eines Jahres bezahlt macht. Allerdings hat er als Spross einer Familie von Maschinenbauern gewisse Probleme, wenn die Sache zu abstrakt wird (sein erster Gedanke in der Schule bei der Vorstellung der imaginären Zahlen war that’s bullshit). Vielleicht bleibt er doch lieber beim Rechnen.

Die Schönste Germanin hat bereits über Halloween berichtet, daher konzentrieren wir uns heute auf einige Splitter zur Wahl und diverses Zeugs.

  • Zur Direktwahl und direkten Demokratie: Wir haben darauf hingewiesen, dass in einigen Teilen der USA auch Richter sich dem Volk stellen müssen. Meist sieht das so aus, dass sie zwar ihr Amt durch eine Ernennung erhalten — eine gewisse fachliche Begabung ist hier doch ganz hilfreich — sich aber nach einigen Jahren vom Wähler im Amt bestätigen lassen müssen. In Iowa hat das am Dienstag dazu geführt, dass gleich drei oberste Richter gefeuert wurden. Sie hatten 2009 entschieden, dass ein Verbot von gleichgeschlechtlichen Ehen nicht mit der Landesverfassung vereinbar sei. Damit hätten die Richter faktisch die Verfassung umgeschrieben, sagten die Gegner:

    This is not their role. The Legislature makes the law. The Governor executes the law. And, only „we the people“ can amend our constitution.

    Dazu muss man wissen, dass in Iowa die Bevölkerung alle zehn Jahre gefragt wird, ob eine verfassungsgebende Versammlung einberufen werden soll; alle Änderungen an der Verfassung müssen per Volksentscheid gebilligt werden. Im Fall der drei Richter fasste der Wortführer der Gegner das Argument so zusammen:

    [I]t is „We the people,“ not „We the courts.“

    Das dazugehörige Schlagwort in den USA lautet judicial activism, der Vorwurf, dass Richter als nicht-gewählte Beamte sich Entscheidungen anmaßen, die eigentlich nur die Abgeordneten als Vertreter des Volks oder das Volk selbst über Referenden treffen dürften. Die Debatte über die Abwahl der Richter in Iowa zeigt, dass wir es hier mit einem extremen und kontroversen Beispiel zu tun haben. Es demonstriert aber sehr schön, welche Macht der Bürger in den USA hat.

  • Zu Geld und Wahlkampf: Die ehemalige eBay-Chefin Meg Whitman hat 160 Millionen Dollar bei dem Versuch verbraten, Gouverneurin von Kalifornien zu werden. Umsonst. Davon waren 140 Millionen Dollar ihr eigenes Geld – noch nie hat ein Kandidat in Amerika so viel von seinem Vermögen für irgendeinen Wahlkampf ausgegeben (keine Angst, sie hat noch eine Milliarde oder so). Der Sieger, Jerry Brown, investierte dagegen insgesamt 50 Millionen Dollar. Wenn das nicht die Frage erledigt, ob Wahlen in den USA käuflich sind, dann weiß dieser Autor auch nicht mehr, was er tun soll.
  • Zu Plain English: Es gibt noch einen Ort in den USA, wo man eine klare, leicht verständliche Sprache für dummes Zeug hält: In den Hallen der amerikanischen Notenbank Federal Reserve Bank („die Fed“). Zum Glück hilft moderne Technologie dabei, Sätze wie diese

    To promote a stronger pace of economic recovery and to help ensure that inflation, over time, is at levels consistent with its mandate, the Committee decided today to expand its holdings of securities.

    verständlich zu machen, im Sinne von

    So to give the economy a kick in the ass — and to pump up inflation a little bit — we decided to go on a shopping spree.

    Nicht, dass es die Lage an sich besser macht; aber the economy still sucks macht doch eher klar, was Sache ist.

  • Zum Bürgerkrieg: Die New York Times bloggt den Krieg wie er sich vor 150 Jahren entwickelte, Tag für Tag, mit Bildern.
  • Zu grammar nazis: Der interessierte Leser AP weist auf Batmans Probleme mit diesen Bösewichten hin.
  • Zu pinkeln in der Öffentlichkeit: Die Briten versuchen, die entsprechenden angelsächsischen Hemmungen im Dienste des Umweltschutzes abzubauen. Die Schönste Germanin will davon nichts wissen, vielleicht, weil der Pädagogische Komposthaufen direkt an der Straße steht.
  • Zu Gandalf the Yellow: Wer so ein Blog wie dieses schreibt, hat nicht Angst davor, die großen Dinge falsch zu machen – wann fing der Amerikanische Bürgerkrieg an, was ist das Auswahlaxiom – sondern einen „Schalke-05-Fehler“ zu begehen. Daher lief es diesem Autor kalt den Rücken runter, als der interessierte Leser TB sehr höflich nachfragte, ob Gandalf auf der Brücke von Khazad-dûm nicht doch eher

    You shall not pass!

    rief statt

    You cannot pass!

    Selbstverständlich hatte dieser Autor aus reiner Paranoia die Stelle im Buch nachgeschlagen, und dort heißt es eindeutig und durchgehend cannot. Allerdings sagt Gandalf im Film tatsächlich beim zweiten Mal shall [YouTube], warum auch immer. Nur falls sich noch jemand gewundert hat. Im Zuge seiner Recherchen hat dieser Autor jetzt gelernt, was Gandalf’s mistake [YouTube] ist – wobei die MTV-Parodie mit Sarah Michelle Gellar und Jack Black immer noch die beste [YouTube] ist.

[ÄNDERUNG 4. Nov 2010: „komplexe“ Zahlen durch „imaginäre“ ersetzt]