Archive for Januar, 2009

META: USAE-Interview auf Trackback bei Radio Fritz

Januar 31, 2009

Wir unterbrechen unsere Unterbrechung für einen Hinweis: Marcus Richter von Trackback, einer Radiosendung von Fritz zum Thema Internet und Bloggen, will heute (Samstag) mit mir ein Interview über USAE führen. Ausgestrahlt wird Trackback von 18.00 bis 20.00 Uhr, danach geht die Sendung als Podcast ins Netz. Marcus ist auch für die „Gamechecks“ zuständig, und da finden wir bestimmt schnell Gemeinsamkeiten. Und ja, das ist alles ziemlich kurzfristig.

Frequenzen gibt es hier, Livestream hier, Mac-Benutzer brauchen Flip4Mac.

META: Blogpause bis zum 3. Februar 2009

Januar 21, 2009

Im Moment laufen viele Leute herum und tun so, als ob die Vereidigung des ersten schwarzen Präsidenten der USA das wichtigste Ereignis dieser Tage gewesen wäre. Silly people! Der wahrhaft historische Moment war am Sonntag, als die Arizona Cardinals in den Superbowl eingezogen sind. Die Cards! Im Superbowl!

Das ist natürlich aufregend, so aufregend, dass ich bis

Dienstag, dem 3. Februar 2009

und damit nach dem wichtigsten Sportereignis des Jahres eine Blogpause einlege. In dieser Zeit werde ich mich um den Haufen von E-Mails kümmern, der sich schneller ansammelt als Stofftiere auf dem Bett von Kind Nummer Eins (Rückstände bei E-Mails werden in der Familie langsam ein Problem, weil auch die Schönste Germanin in die Presse geraten ist).

Das nächste Thema wird Ayn Rand sein, denn in mehreren konservativen amerikanischen Blogs war angesichts der gigantischen Konjunkturprogramme in den vergangenen Wochen von going John Galt die Rede. Da soll sich der deutsche Leser nicht fragen müssen, wer ist John Galt?

(Okay, der war schlecht. Warum, erklären wir dann.)

Übrigens habe ich nicht den Goldenen Prometheus gewonnen, sondern Jens Weinreich. Das geht völlig in Ordnung, vor allem, weil ich trotzdem ein gutes Essen bekommen und nette Leute kennengelernt haben. Danke nochmal für die Nominierung!

Bye-bye, Tecumseh

Januar 20, 2009

Da die Medien, deutsche wie amerikanische, die Vereidigung von Barack Obama zum 44. Präsidenten der USA lückenlos begleiten, wollen wir hier nur einen losen Handlungsfaden abbinden: Der Fluch des Tecumseh ist gebrochen. Wir hatten natürlich eh nicht daran geglaubt. Vielleicht klappt es in diesem Frühling dann mit dem Rasenmäher.

Sonst unsere Glückwünsche an Barack Obama, die besten Wünsche für seine Amtszeit und unser Mitgefühl für die Straßenreiniger und die Müllabfuhr in Washington.

Britney Spears, „Bild“ und die zweite Bedeutung des Wortes „Killer“

Januar 19, 2009

Heute dokumentieren wir einen interessanten Fall von Kulturimperialismus. Es geht um das Wort killer, das einen festen Platz im Deutschen hat, vermutlich weil „Auftragsmörder“ so lang ist und „Töter“ albern klingt. Daher kommt auch der neudeutsche Begriff des „Killer-Spiels“.

So weit so gut. Aber killer hat im Englischen eine zweite Bedeutung als Adjektiv, nämlich im Sinne von „geil“, „super“ oder „fantastisch“. Das bei Mac OS X mitgelieferte Lexikon bietet das Beispiel

they make a killer salsa

Das heißt nicht, dass das Zeug giftig ist, selbst wenn man am nächsten Tag auf dem Klo am liebsten sterben möchte.

Diese Bedeutung war in Deutschland bislang nicht angekommen. Im Duden-Fremdwörterbuch dieses Autors ist nur von Auftragsmördern die Rede. Selbst der Verein Deutscher Sprache (VDS), der die amerikanische Lebensart für den Niedergang des Deutschen verantwortlich macht, dabei Begriffe wie „unser genokulturelles Erbe“ und „Kulturvernichtung“ benutzt und gegen Halloween wettert, führt sie nicht in ihrer interaktiven Giftliste. Dieser Autor hat in seiner Jugend wiederholt erklären müssen, dass die Frau in dem Queen-Lied „Killer Queen“ trotz des ganzen Geredes über Laser-Strahlen und Sprengstoff keine Mörderin ist, sondern eine high class girl.

Nun aber fand sich vor einigen Tagen in der Online-Ausgabe der auflagenstärksten Zeitung Deutschlands die folgende Überschrift:

Hier zeigt Britney ihren neuen Killer-Körper

Dieser Autor hat – natürlich nur zu wissenschaftlichen Zwecken – sich alle 34 Bilder der Fotostrecke angeschaut. Um wirklich sicher zu gehen, hat er auch einige rein zufällig ausgewählte, ältere Berichte wie „Britney Spears schon wieder ohne Höschen unterwegs“ gesichtet. Keine Leichen. Offensichtlich geht die „Bild“-Redaktion davon aus, dass ihre Leser genau wissen, was gemeint ist. Damit dürfte auch die zweite Bedeutung von killer Deutschland erreicht haben.

Völlig neu ist das natürlich nicht. Informatiker und andere Computerkundige kennen auch in Deutschland die „Killer-Applikation“, eine brutal direkten Übersetzung von killer application. Da es im Deutschen den „Mordsspaß“ gibt, ist der Schritt zum Killer auch nicht so groß. Neu ist, dass er tatsächlich gemacht wurde und dass das Wort jetzt im Mainstream angekommen ist. Der Duden wird seinen Eintrag um die zweite Bedeutung ergänzen müssen.

Das bringt natürlich die Gefahr mit sich, dass zukünftige Generationen von Germanen gewisse neudeutsche Konstruktionen genauso verwirrend finden wie Angelsachsen heute. Nehmen wir „Killer-Spiel“: Ein killer game ist ein supergutes Spiel. Entsprechend geht es in dem Buch Killer Game Programming in Java von Andrew Davison um Spiele im allgemeinen, nicht nur um first-person shooter. Ein ähnliches Problem hatten wir schon bei „Ego-Shooter“ besprochen.

Dagegen steht, dass man jetzt von einem „Killer-Killer-Spiel“ sprechen kann. Das hat was. Noch besser: Wenn man mit dem Buch von Davison ein Spiel in Java programmiert, in dem man die Mörder mit Gewalt stoppen muss, und das Spiel sehr gut wird, ist das ein „Killer-Killer-Killer-Spiel“.

Wie dieser Autor seinen amerikanischen Bekannten immer wieder erklärt: Deutsch ist eine wunderbare Sprache.

(Nach einem Hinweis von DKS, vielen Dank)

[Ergänzt 20. Januar 2009: Hinweis auf „Killer-Applikation“ und „Mordsspaß“, zuerst vorgeschlagen von FH, vielen Dank]

Warum viele amerikanische Häuser schlecht gedämmt sind (und warum sich das ändert)

Januar 16, 2009

Dieser Autor und die Schönste Germanin haben die strenge Kälte der vergangenen Wochen genutzt, um in Socken von Zimmer zu Zimmer zu laufen und zu gucken, wo es zieht. Das größte Problem scheinen die Fensterbänke in den Kinderzimmern zu sein: Sie wurden wohl nicht in die Fassadendämmung einbezogen und ragen jetzt wie Kühlelemente ins Haus. Wir werden im Sommer schauen müssen, ob sich das mit einem vertretbaren Aufwand beheben lässt. Die Racker spielen sowieso meist im Wohnzimmer.

Das führt uns zurück zu unserer Diskussion über die amerikanische Rahmenbauweise, den dort hatten wir angekündigt, den Eintrag zum Energieverbrauch der USA um die Frage der Dämmung zu ergänzen. Deutsche, die einen Winter in einem kalten Teil Amerikas verbracht haben, berichten (zu) oft von Fenstern mit einfachem Glas oder Steckdosen, durch die der Wind pfeift. Auch die US-Regierung ist der Meinung, dass häufig selbst einfache Energiespar-Maßnahmen ungenutzt bleiben.

Die ganz aufmerksamen Wintertouristen werden bemerkt haben, dass die meisten dämmschwachen Häuser ein gewisses Alter haben. Bei (für amerikanische Verhältnisse) alten Gebäuden gibt es das kaum.

Tatsächlich hat jede Region eine traditionelle Bauweise, die sorgfältig an das jeweilige Klima angepasst ist:

  • Kalter Nordosten wie Neuengland: Saltbox houses mit einer nach Süden gewandten, breiten Vorderseite und mit einem langgezogenen Norddach. Das bietet im Winter weniger Angriffsfläche für die Nordwinde. Der massive Kamin steht in der Mitte des Hauses und heizt sich im Laufe des Tages so stark auf, dass er bis in die Nacht warm bleibt.
  • Schwül-heißer Südosten wie Florida: Cracker houses mit weit ausgezogenen Dächern für viel Schatten und abgedunkelten Terrassen. Die Häuser sind aufgebockt, damit die Luft unter dem Fußboden hindurch ziehen kann. Die Fenster sind riesig und gehen vom Fußboden bis zur Decke, die dazu noch hoch ist. Moderne Solarhäuser in der Region werden nach diesen Prinzipien gebaut.
  • Trocken-heißer Südwesten wie in New Mexico oder Südkalifornien: Schon die Indianer und hitzeerfahrenen spanischen Siedler bauten dicke Südmauern aus Lehmziegeln (adobe), die sich nur langsam aufheizen. Nachts geben sie die Wärme nach innen ab. Dazu kommen kleine Fenster und ein Innenhof mit Wasserspiel. Ein ähnliches Prinzip wird heute bei Trombe-Wänden benutzt.

Energiesparende Baumaßnahmen waren also über Jahrhunderte hinweg in Amerika der Normalfall. Reste davon sieht man auch in neueren Häusern, wie die viele hohen Decken in Arizona, unter denen sich die Wärme (und die Luftballons von Kind Nummer Zwei) sammeln kann. Aber oft wurden die Techniken aufgegeben. Warum?

Wegen der billigen Energie.

Eine Zeit lang war das Zeug in den USA so günstig, dass sich aufwändige Baumaßnahmen schlicht nicht lohnten. In ihrem Buch Passive Solar Energy [PDF] beschreiben Bruce Anderson und Malcolm Wells die Entwicklung so:

Simplified heating and cooling technology developed more quickly than improved materials and techniques for upgrading the thermal performance of houses, in part because of abundant and cheap energy. The result is that large central heating and cooling systems run by cheap energy compensate for climatically inappropriate house designs.

Dazu muss man wissen, dass die USA früher der größte Öl-Produzent der Welt waren. Die Industrie begann im 27. August 1859 in Pennsylvania, als „Colonel“ Edwin L. Drake in 69 Fuß Tiefe [JPG] auf „Steinöl“ stieß. Er wollte damit das Walöl für Lampen ersetzen. Die Arbeiter seiner Bohrcrew, die sonst nach Salz suchten, hielten die Idee für dummes Zeug [1]. Sie wurden nicht unvorstellbar reich.

Leute mit etwas mehr Weitblick wie John D. Rockefeller schon. Er gründete 1870 Standard Oil und holte immer mehr Öl aus der Erde. Bis 1950 waren die USA für über die Hälfte der weltweiten Förderung verantwortlich und deckten ihren Verbrauch problemlos selbst.

Der Höhepunkt der einheimischen Förderung – das peak oil der USA – wurde (ohne Alaska) etwa 1970 erreicht, wie von dem Geologen M. King Hubbert [PDF] vorhergesagt. Erst mit dem Rückgang der amerikanischen Produktion wurde die 1965 gegründete Opec mächtig und die USA von ausländischem Öl abhängig. Es entstand die geopolitische Lage, die wir so schätzen und lieben gelernt haben.

Wir wissen aus Europa was passiert, wenn es billige Energie im Überfluss gibt. Der Stromverbrauch pro Kopf ist in Norwegen jenseits von Gut und Böse [JPG], was die norwegische Regierung so begründet:

Cheap hydroelectric power has resulted in high electricity consumption, and a weak motivation to limit or reduce use. Today Norway is the country in the world with the highest per capita electricity consumption.

(Nach anderen Quellen liegt Island an erster Stelle) Norwegen bezieht seinen Strom zu 99 Prozent aus Wasserkraft. Warum sparen? So lange die Schwerkraft sich nicht abnutzt, wird es keinen Mangel daran geben und CO2 fällt auch nicht an.

Zwar wussten die Amerikaner, dass ihr Öl nicht erneuerbar war. Aber lange Zeit gingen alle davon aus, dass die Vorräte in den USA gigantisch seien. Über Hubberts Peak-Oil-Theorie machte man sich lustig oder wollte sie schlicht nicht wahrhaben.

Denn mit billiger Energie kann man wunderbare Sachen machen, in Norwegen wie in den USA. Wer in kalten Landesteilen eine gläserne Fensterfront nach Norden haben will, kann sie kriegen, auch ohne Doppelverglasung. Eine größere Heizung gleicht das aus. Riesenfenster in der prallen Sonne in heißen Gegenden? Kein Problem: Die Klimaanlage muss nur mehr Leistung bringen. Energie im Überfluss gewährt architektonische Freiheit.

(Was man mit dieser Freiheit macht, ist eine andere Sache. In der Praxis führte sie oft nur dazu, dass der gleiche langweilige Haustyp quer duch alle Klimazonen gebaut wurde. Einfallslose Architekten scheinen aber ein weltweites Problem zu sein.)

Deutschland kannte dagegen nie eine Zeit, in der es billige Energie im Überfluss gab. Große Öl-Vorkommen gab es in Mitteleuropa nicht, weswegen die Wehrmacht so dringend Rumänien einnehmen wollte. Heute werden die Benzin-Preise durch Steuern künstlich hoch gehalten. Nur zum Wohle der Umwelt, versteht sich.

(Gelegentlich hört man das Gerücht, dass Benzin den USA vergleichsweise billig ist, weil die Regierung es subventioniert. Oh, how we wish! So etwas gibt es wirklich [PDF] – die arabischen Staaten, China und Russland halten den Preis künstlich niedrig. Die USA gehören zum großen Bedauern der Bevölkerung nicht dazu. Die meisten Europäer unterschätzen aber, wie viel die Steuerlast ausmacht.)

Inzwischen ist in den USA die Zeit des Energie-Überflusses vorbei. Zwar gibt es noch große Kohlevorräte und wie in Deutschland bildet dieser fossile, nicht erneuerbare und eher dreckige Brennstoff das Rückgrat der Stromversorgung. Aber der schon der vorübergehende Anstieg des Spritpreises auf vier Dollar je Gallone – schwindelerregende 0,79 Euro pro Liter nach jetzigem Umrechnungskurs – im vergangenen Jahr kann symbolisch für das endgültige Ende eines Energie-Zeitalters stehen.

Entsprechend besinnen sich die Amerikaner wieder auf ihre traditionellen Bauweisen (und Brennstoffe), erweitert um moderne Methoden und Technologien. Wir hatten darauf hingewiesen, dass die Außenwände der Häuser immer weniger mit two-by-four-Latten gebaut werden und mehr mit den breiteren two-by-six-Varianten. Das bietet mehr Schutz vor Zombies Platz für Dämmmaterial.

Allgemein können wir zwei Strategien unterschieden:

Das George-W.-Bush-Modell. Selbst Bush-Hasser gestehen zähneknirschend ein, dass der Landsitz des scheidenden Präsidenten ein model of environmental rectitude ist. Es wurde nach den örtlichen Wind- und Lichtverhältnissen ausgerichtet, wird durch Geothermie geheizt und gekühlt und verfügt über große Grauwasser-Zisternen – das volle Programm. Entworfen wurde es vom preisgekrönten Architektur-Professor David Heymann aus Texas. Das Haus wird bei diesem Ansatz in die Umgebung eingepasst und verbraucht damit so wenig Energie wie möglich. Das erfordert allerdings einen höheren Aufwand an Planung und Recherche.

Dagegen steht das Al-Gore-Modell. Der „Klimanobelpreisträger“ lebt in einer Villa mit einem hohen Energieverbrauch, angeblich im Durchschnitt 18.400 kWh pro Monat und im Jahr 20 Mal so viel wie der Landesdurchschnitt. Gore weist darauf hin, dass seine Energie komplett aus erneuerbaren Quellen stammt und er seine restliche Treibgas-Produktion über Zertifikate ausgleicht. Dieser „norwegische“ Ansatz ändert nicht viel am Verbrauch, aber er schont die Umwelt und die Umsetzung ist leichter – wenn man die Kohle dazu hat.

Denn Normalsterbliche haben weder das Geld für einen Star-Architekten, den Alles-Öko-Tarif der Stromgesellschaften oder gar CO2-Zertifikate. Ihnen bleiben die klassischen Methoden des Energiesparens wie die Jagd nach Luftzügen in Socken.

Auch das bringt schon eine Menge. Auf Öko-Websites wie Build it Solar wird beschrieben, wie eine Familie ihren Energie-Verbrauch – Strom, Erdgas, Benzin – ohne Einschränkungen der Lebensqualität halbieren kann:

We cut our energy use from 95,000 kWh per year to 36,000 kWh per [year] — this is saving us $4,800 per year in energy costs

Der wichtigste Einzelpunkt war dabei der Umstieg auf ein Hybrid-Auto.

Amerikaner haben es bei solchen Umbauten zum Teil schwerer, zum Teil einfacher als Deutsche. Die verschiedenen Klimazonen verlangen ein jeweils anderes Expertenwissen, weswegen sich die Dämmklasse je Region ändert. Auch Anderson und Wells brauchen sieben Seiten, um die Grundprinzipien der passiven Solarenergie für jeden Landesteil zu beschreiben.

Auf der anderen Seite erlaubt die Rahmenbauweise größere Eingriffe in die bestehende Baumasse mit wenig Aufwand. Wer auf Seiten wie Build it Solar herumsurft, findet die Empfehlung, kurz mal die Südwand des Hauses herauszureißen, um dann ein solar chimney, eine solar wall oder gleich ein solar room einzurichten.

Dieser Autor bleibt in seinem Stein-und-Beton-Haus doch lieber erstmal bei neuen Fensterbänken.

([1] An Empire of Wealth, John Steele Gordon, Harper Perennial 2004)

Dinge, die in der Nacht bumms machen

Januar 11, 2009

Schauen wir uns die Liste der Auszeichnungen für Left 4 Dead an. Bei Best Use of Sound finden wir (Hervorhebung hinzugefügt):

There are things that go bump in the night, and those things are contained within Valve’s zombie-killing shooter.

Die Sache mit dem Bumms in der Nacht – keine anzüglichen Witze, bitte – finden wir im Englischen ständig. Besuchen wir zum Beispiel das Buffy-Archiv des BBC. Dort erklärt eine Slayerin im Jahr 1952:

I mean, these days how scary are things that go bump in the night when any minute everything might go boom-lights out, permanently? Ask me, an atomic war’s a hell of a lot more terrifying than any apocalypse the undead can drum up.

Ah, die naive Zeit des Kalten Kriegs, als man noch Atombomben mehr fürchtete als Zombies.

Der Spruch soll auf ein altes schottisches Gebet zurückgehen:

From ghoulies and ghosties
And long-leggedy beasties
And things that go bump in the night,
Good Lord, deliver us!

Ghouls (dt. Ghul) sind Monster, die Leichen fressen. Cineasten erkennen sofort die tiefere Verbindung zu Left 4 Dead: Das war die Bezeichnung für die Monster in Night of the Living Dead (1968) von George Romero, der Film, aus dem der moderne, Nicht-Voodoo-Zombie hervorging. Das Z-Wort kommt in dem Film nicht vor und wurde erst später gebräuchlich.

Ghuls stammen ursprünglich aus dem arabischen Raum – siehe Tausend und eine Nacht – und schlichen von dort aus nach Europa und später Amerika. In Deutschland scheinen sie eher selten zu sein. Die Situation ist damit ähnlich wie bei den Trollen.

Was wohl der Grund ist, warum es Nachts in Deutschland so leise ist – wäre da nicht Kind Nummer Zwei, versteht sich.

Amerikanische Häuser und die Liebe zum Holzmaß Two-By-Four

Januar 8, 2009

Seit dem Text über den Energieverbrauch der USA wird dieser Autor ständig gedrängt zu erklären, warum so viele amerikanische Häuser schlecht gedämmt sind. Damit endlich Ruhe ist, werden wir in einem der nächsten Einträge darauf eingehen. Vorher schieben wir einige allgemeine Bemerkungen sowie die Erklärung eines Begriffs ein, ohne den man nicht sinnvoll über den Häuserbau in Nordamerika sprechen kann: Die Standard-Holzgröße two-by-four.

Das traditionelle Baumaterial in den USA ist Holz (einige wichtige Sonderfälle wie den adobe-Stil besprechen wir im Dämm-Text). Das geht so weit, dass der amerikanische Standard-Hammer claw hammer hinten eine „Klaue“ hat, um Nägel wieder aus Brettern zu ziehen.

Das hat nicht zuletzt geschichtliche Gründe, denn wie besprochen war die Ostküste der heutigen USA von vorne bis hinten mit Bäumen vollgestellt, als die europäischen Siedler ankamen. Holz gab es in endlosen Mengen, und entsprechend wurden log cabins gebaut. Das findet man heute noch, von der Edelform bis zum Selbstbauprojekt. In Mitteleuropa war Holz dagegen schon seit dem Mittelalter wegen des Schiffsbaus (insbesondere in England) und der Holzkohle-Gewinnung ungleich knapper.

Typischerweise werden Einfamilienhäuser in den USA inzwischen in einer Rahmenkonstruktion gebaut, dem platform framing [JPG]. Hier prallen die Kulturen hart und unversöhnlich aufeinander.

Für Deutsche sieht die ganze Struktur beängstigend instabil aus, denn für sie muss ein Haus festgemauert in der Erde stehen. Generell sollte man Germanen von amerikanischen Baustellen fernhalten, weil sie sich sonst nachher weigern, ins Obergeschoss zu gehen. Deutsche Holzhaus-Bauer reden sich den Mund fusselig über Stabilität, Ökobilanz und Energieverbrauch, beißen aber auch auf Stein.

Amerikaner finden das verwirrend und zwar nicht nur wegen des Preises. Warum in einem nasskalten Klima Mauern aus Stein bauen, die dann mit großem Aufwand gedämmt werden müssen? Wozu überhaupt diese massiven Wände? Nehmen die Deutschen den Spruch my home is my castle etwa wörtlich?

Deutsche und Amerikaner gehen ohnehin grundsätzlich anders mit dem Objekt Haus um. Ein Haus ist in den USA etwas, das man irgendwann später wieder verkauft, also eher wie ein Auto. Für Deutsche ist es eine Lebensinvestition, die entsprechend erstklassig sein muss. Die Website How To Germany erklärt Angelsachsen die Situation in Deutschland so:

Unlike Anglo-Americans, Germans tend to buy houses for life. They don’t often see the more typical, non-European practice of buying now and continuously upgrading. […] The percentage of Germans owning their homes is surprisingly low compared with elsewhere. At about 42 percent, it is the lowest in the entire European Union.

Dieser Autor hat es inzwischen aufgegeben, der jeweils einen Kultur nahebringen zu wollen, warum die andere mit ihrer Bauweise glücklich und zufrieden ist. Stattdessen erzählt er einfach, dass deutsche Häuser bessere Deckung bieten, wenn die Franzosen Zombies kommen, während amerikanische Häuser aus juristischen Gründen leichter gebaut werden müssen, um beim Aufprall aus großer Höhe die Hexen zu schützen. Das hilft zwar nicht weiter, macht aber wenigstens Spaß.

Wie auch immer: Bei der amerikanischen Rahmenkonstruktion werden standardisierte Holzgrößen verwendet. Man spricht von dimensional lumber. Am wichtigsten sind dabei die Latten für die senkrechten wall studs aus denen die Wände aufgebaut werden. Sie stehen im Abstand von 16 Zoll (etwa 41 Zentimeter) voneinander und bestehen aus langen Brettern, die den Namen two-by-four tragen.

Ah, wird der interessierte Leser jetzt sagen. Weil sie einen Querschnitt von zwei Mal vier Zoll haben? Nein, das wäre logisch, und wo kämen wir denn da hin. Ein Two-By-Four hat einen Querschnitt von 1,5 mal 3,5 Zoll (3,8 mal 8,9 Zentimeter). Der Name ist die nominal dimension und hat historische Gründe. Die actual dimension ist immer kleiner.

Über diesen Rahmen werden dann Gipsplatten oder Bretter gespannt und dazwischen (hoffentlich) Dämmmaterial gepackt. Inzwischen werden zunehmend andere Größen als Two-By-Four benutzt um mehr Platz für die Dämmung zu bieten:

[M]any newer houses have 2-by-6 wall studs either 16 or 24 inches on center to make exterior walls stronger and allow a larger cavity for wall insulation.

Diese Entwicklung halten wir im Hinterkopf fest, denn sie wird im nächsten Eintrag wichtig sein.

Der Begriff des Two-By-Four hat einen festen Platz in der Alltagssprache. Insbesondere soll es nach Auffassung der Amerikaner die Aufmerksamkeit einer Person ungemein fördern, mit so einem Brett eins übergebraten zu bekommen. Im Internet findet man (natürlich) ganze Sammlungen von Zitaten mit diesem Bild:

At one point, Senate Majority Leader Dan DeGrow of Port Huron said: „I don’t know what part of shortage or deficit you don’t understand. … Sometimes I think I need a two-by-four to bang some people upside the head.“

Bei Schweden soll das nicht funktionieren, vermutlich weil sie auch so viel mit Holz bauen:

Contrary to popular belief, a whack upside the head with a two by four isn’t how to get a Swede’s attention. Someone tried that with my cousin Guntar and it only broke the two by four.

Ein Two-By-Four kann auch einfach für nackte Gewalt nützlich sein, wie uns die Muppets zeigen:

Statler: „What’d you think of that sketch?“
Waldorf: „Well, it was better than getting hit in the head by a two-by-four.“
Statler: „No it wasn’t.“
Waldorf: „Yeah, you’re right. (Shouting) Hit me again!“
A nurse walks in with a two-by-four and hits Waldorf in the face with it. Statler laughs.

In Deutschland benutzt man in so einem Fall natürlich keine Holzlatten, sondern Baseball-Schläger. Der Kulturimperialismus geht manchmal seltsame Wege.

Die furchtbaren Auswirkungen der Zombie-Apokalypse auf die englische Rechtschreibung

Januar 4, 2009

Zum Jahresauftakt befassen wir uns mit einem Computerspiel, denn Spaß muss sein. Dieser Autor mag am liebsten eigentlich ultra-komplizierte Strategie-Titel wie Civilization IV. Aber als Teil einer Generation, die sich seit frühster Jugend der sozialethischen Desorientierung hingegeben hat, spielt er gelegentlich auch first person shooter (FPS).

[Fußnote: Die Bezeichnung „Ego-Shooter“ – also „Ich-Schießer“ – ist eine deutsche Erfindung. Sie ist für Angelsachsen fürchterlich verwirrend, denn im Englischen bezeichnet ego zunächst ein (übersteigertes) Selbstwertgefühl, wie wir von Zaphod Beeblebrox wissen:

If there’s anything more important than my ego around, I want it caught and shot now.

Da ein Gefühl nicht schießen kann, wird der Begriff analog zum deer hunter oder cop killer so verstanden, dass das Ego nicht der Schütze, sondern das Ziel ist. Ein „Ego-Shooter“ wäre damit eine radikale Form der Psychotherapie, was höchstens zutrifft, wenn man an die Katharsis-Theorie glaubt.

Außerdem sind ego, id und super-ego die englischen Begriffe für Ich, Es und Über-Ich aus der Psychoanalyse. Deutsche Berichte über FPS werden für Amerikaner und Briten daher unfreiwillig komisch wenn darauf hingewiesen wird, dass id Software die berühmtesten „Ego“-Shooter herausgebracht hat. Das alles zeigt, wie wichtig es ist, auf sein Über-Ich zu hören und Scheinanglizismen zu vermeiden.]

Allerdings benötigt dieser Autor bei solchen Spielen selbst für ganz kleine level ewig. Das liegt nicht nur daran, dass er mit einer Familie, einem Job, diesem Blog und einem gewissen Schlafbedürfnis einfach nicht die Zeit für die XP-Partition hat. Zum großen Spaß bei einem FPS gehört für ihn, die Ebenen komplett zu erforschen, sämtliche Winkel auszukundschaften und alles zu sehen, was sich die Programmierer ausgedacht haben. Er ist, wie ein genervter Bekannter es einmal formulierte, so etwas wie ein Cyber-Krisentourist.

Der neu erschienene Shooter Left 4 Dead (L4D) löst daher bei ihm gemischte Gefühle aus. Zwar haben die Macher sehr zu seiner Verzückung beschlossen, den Hintergrund der Zombie-Apokalypse und Hinweise auf den Spielverlauf durch Unmengen an liebevoll gemachter Graffiti zu vermitteln. Da L4D aber kein klassischer FPS wie Doom oder Far Cry ist, sondern ein survival shooter, kann man die Ebenen nicht freiräumen, um danach alles in Ruhe zu erkunden. Die KI – genauer, The Director – generiert ständig neue Wellen von Gegnern.

Das ist nervig. Wie soll man sich bitte auf einen Nietzsche-Text an der Wand des Flughafen-Terminals konzentrieren, wenn alle paar Minuten eine neue Horde von schreienden Untoten versucht, einem das Fleisch von den Knochen zu reißen? So kann man doch nicht arbeiten!

Bis dieser Autor ein ausreichend wehrhaftes Lese-Erlebnis zustande bringt, muss er sich mit der Graffiti in den Schutzräumen begnügen. Zum Glück sind die eine Fundgrube. Da wäre zum Beispiel dieser Hinweis [JPG]:

Move during the day
They only come out at night

Dadrunter steht folgender Kommentar (Hervorhebung hinzugefügt):

Thats vampire’s
Moron!!

Ein oder zwei gepflegte Gemetzel später finden wir [JPG] in einem anderen Raum eine Diskussion darüber, ob die Regierung – die der USA, versteht sich, wir sind hier nicht bei World War Z – oder das Militär für den Ausbruch verantwortlich ist. Oder geht er nicht doch vielleicht auf einen Virus zurück, das von Außerirdischen gezüchtet wurde? Auf die Frage What if this was first contact? folgt:

What if your an idiot?

Eigentlich müsste es natürlich that’s vampires und what if you’re an idiot heißen. Aber Valve hat sich bei L4D die Mühe gemacht, bei der Graffiti die Wortwahl und Rechtschreibung an das wirkliche Leben anzupassen. In einem Spielbericht, den dieser Autor leider nicht wiederfindet, wurde spöttisch davon gesprochen, dass die Überlebenen „wie im Internet“ schreiben. Bestimmt ist das eine Folge der sozialethischen Desorientierung. Die BPjM hat es ja gleich gewusst.

Wir erwähnen das hier, weil dieser Autor häufig von (wahlweise) verunsicherten, verwunderten oder erbosten Deutschen auf irgendwelche englischen Texte angesprochen wird, in denen es offensichtliche Rechtschreibfehler gibt. Dass nicht jeder Muttersprachler alle Regeln beherrscht, ist eigentlich keine große Erkenntnis. Nicht umsonst gibt es für Deutsche Dinge wie den Zwiebelfisch.

Wer aber eine Fremdsprache erlernt, muss zwangsläufig erstmal davon ausgehen, dass die Eingeborenen wissen, was sie da tun. Ist das nicht der Fall, tritt ein Schockzustand ein, weil das Gefühl der Sicherheit weg ist. Das war aber eh trügerisch. Dieser Eintrag ist damit auch eine Bitte, diesen Autor nicht mehr auf solche Fälle anzusprechen. Sonst wird er nie ein hunter punter.

Fairerweise muss man sagen, dass das Problem in der jetzigen Größenordnung neu ist. Früher hatte man als englische Quellen außerhalb der Schule nur Zeitungen oder Bücher, Medien also, die von Profis geschrieben wurden. Über das Internet haben Deutsche aber jetzt Zugang zu englischsprachigen Foren und Blogs, in denen ihre Gegenüber nicht weniger Fehler machen als Germanen in ihrer eigenen Sprache.

(Umgekehrt gilt das natürlich auch für Amerikaner, die Deutsch lernen. Die erwarten zum Beispiel ganz naiv ein Genitiv-s. Nach dem Kontakt mit der Wirklichkeit muss man dann erstmal erklären, dass der Dativ der Tod des Genitivs ist.)

Ein Ratschlag: Wer viel mit englischen Texten zu tun hat, besonders von Leuten, die nicht von Berufs wegen schreiben, sollte sich die Mühe machen, sich die häufigsten Fehler von Muttersprachlern auszuschauen. Neben dem Kampf mit dem Apostroph in allen Ausführungen sind andere häufige Probleme Verwechselungen wie accept/except, affect/effect oder truely/truly.

Unterhaltsamer als Lexika sind dazu Podcasts wie Grammar Girl oder Bücher wie Accomodating the Brocolli in the Cemetary [sic], wo auf den geschichtlichen Hintergrund und berühmte Verschreiber eingegangen wird. Bei Accomodating finden wir auch eine Liste der Wörter (oder heißt es doch „Worte“?), die von Angelsachsen im Internet überdurchschnittlich häufig falsch geschrieben werden. Die ersten Einträge aus der sehr langen Liste lauten:

minuscle
millennium
supersede
accommodation
irresistible
ecstasy
embarrass

Und das bringt uns zurück zu L4D. Denn der (bislang) beste Spruch [JPEG] an einer Wand findet sich knapp über den Fußboden in ganz kleiner Schrift unter einer Diskussion darüber, wer die wirklichen Monster sind, die Menschen oder die Zombies:

I miss the internet.

Dumm nur, dass Internet ein Eigenname ist und groß geschrieben werden muss.

([1] Accomodating Brocolli in the Cemetary (or why can’t anybody spell?) Vivian Cook, Profile Books 2004)