Archive for September, 2007

Die angelsächsische Alltags-Ausprache-Hilfe (oder: Bush und die Dinosaurier)

September 27, 2007

Gestern war in den Medien wieder Bush-ist-blöd-Tag. Die Vereinten Nationen haben ein Redemanuskript des Präsidenten veröffentlicht, in dem seine Mitarbeiter hinter ausländischen Namen „eine englische Lautschrift-Version“ gestellt hatten, wie es in einer Meldung hieß. Bei Kirgistan – genauer, Kyrgyzstan – stehe zum Beispiel KEYR-geez-stan. Mindestens ein Medium, das wegen Regel 2 hier ungenannt bleiben muss, sieht das als Zeichen, dass Bush dumm und ungebildet ist.

Nun mag George W. Bush tatsächlich dumm und ungebildet sein oder auch nicht – das ist nicht unser Thema. Wir ignorieren auch die seit Jahren anhaltende Diskussion darüber, ob er zu den Millionen Menschen mit einer Form von LRS gehört. Wohl aber können wir die Aussage seiner Pressesprecherin bestätigen, dass solche Aussprache-Hilfen durchaus üblich sind.

Denn es handelt sich nicht um ein System, das Bushs Mitarbeiter nur für ihn erfunden haben, wie einige deutsche Berichte vermuten lassen. Wer sich länger im englischen Sprachraum aufhält, wird solche Leitlinien häufig finden. Der Merriam-Webster, dessen Mitarbeiter eher selten im Verdacht stehen, dumm und ungebildet zu sein, benutzt sie zum Beispiel, um über die Aussprache von Neufundland zu diskutieren. Im Internet sind Varianten davon der Standard. Und dann ist da noch die Sache mit den Dinosauriern.

Hintergrund ist der bekannte Unterschied zwischen der Schreibweise von Wörtern im Englischen und ihrer Aussprache: Das Englische ist nur ansatzweise phonetisch.

(Damit die Besserwisser besonders aufmerksamen Leser Ruhe geben: Strenggenommen ist es nicht mehr phonetisch. Ohne hier die Geschichte der englischen Sprache aufzurollen, halten wir fest, dass die Schreibweise ziemlich genau die Aussprache beschreibt, nur leider die von vor mehreren Hundert Jahren. Früher wurde knight tatsächlich ähnlich wie „Knecht“ ausgesprochen. Aber dann beschlossen die Engländer im 15. Jahrhundert plötzlich, alles ganz anders auszusprechen, was man The Great Vowel Shift nennt. Warum die Engländer das gemacht haben, weiß keiner. Dummerweise gab es damals keine Amerikaner, Kanadier oder Australier, um den Unfug zu stoppen.)

Nun wäre eine Lösung des Problems eine formelle phonetische Darstellung wie die der IPA. Dieses System kennen Deutsche aus dem Englischunterricht und wissen daher selbstverständlich sofort was Sache ist, wenn irgendwo /naɪt/ oder /ˌkɪrgəˈstøn/ steht. Wer eine Fremdsprache lernt, ist dafür auch sehr /ˌθøŋkfəl/, denn es sind ganz andere Laute.

Einen wesentlichen Nachteil des IPA-Systems kennen jetzt die interessierten Leser, deren Browser kein Unicode kann: Die ganzen Sonderzeichen des IPA-Systems sind selbst im 21. Jahrhundert unhandlich, weswegen dieser Eintrag auch nicht auf dem Zombie-iBook geschrieben werden konnte.

Für die eigene Muttersprache ist IPA ohnehin /ˌoʊvərˈkɪl/, denn alle benutzen die gleichen Phoneme, mehr oder weniger auf jeden Fall. Deswegen wird die Aussprache von eingedeutschten Fremdwörtern im Alltag nicht mit /kəmˌpjudər/ oder /høndi/ beschrieben, sondern als „Kompjuter“ und „Händi“. Das ist auch besser so, denn handy wird eingedeutscht eher /hɛndi/ ausgesprochen. Erfahrungsgemäß ist es einfacher zu erklären, dass „Scot“ im Original wie „Skaat“ und nicht wie „Skott“ ausgesprochen wird, als /skɑt/ hinzuschreiben.

Genauso verfahren eben die Angelsachsen, nur notgedrungen sehr viel häufiger, weil die Engländer damals dummes Zeug mit der Aussprache gemacht haben.

Die Vorgehensweise ist, zumindest für Muttersprachler, einfach. Nehmen wir als Beispiel das für die deutschen Medien schon seit 1881 so schwierige Wort „Arkansas“. Zuerst bricht man es in Einzelteile auf:

ar-kan-sas

Dann sucht man sich eine eindeutige phonetische Darstellung:

ar-ken-saw

Der betonte Teil wird schließlich in Großbuchstaben geschrieben:

AR-ken-saw

Der Bundesstaat Arkansas wird also AR-ken-saw ausgesprochen, trotz der Ähnlichkeit mit Kansas (einfach KAN-sas), woran diesmal die Franzosen schuld sind. Wer nicht weiß, wie im Englischen „saw“ ausgesprochen wird, ist natürlich trotzdem gearscht, weswegen Ausländer mit schlechten Sprachkenntnissen weiter bei /ɑrkənsɔ/ und /kønzəs/ bleiben sollten.

Entsprechend ist „Condoleezza“, ein weiterer sprachtechnischer Liebling der germanischen Presse, kahn-doe-LEE-zah. Bei Merriam-Webster geht es um den Unterschied zwischen NOO-fun-lund und NOO-fun-land (aber niemals: NOO-found-land). In Listen kann man nachschauen, dass „Rhiannon“ REE-ann-non ausgesprochen wird. Dort findet sich leider keine „Buffy“ und keine „Willow“, aber immerhin „Xander“ als ZAN-derr.

Wer das alles zu anstrengend findet, kann den Pronunciation Guide für Personen der Zeitgeschichte von Voice of America benutzen. Dort erfahren wir, dass Angela Merkel AHN-gheh-lah M-AIR-kl ausgesprochen wird und Nicolas Sarkozy nee-ko-LAH sahr-ko-ZEE – da ist wieder das stumme französische „s“, das deutschen Nachrichtensprechern bei Arkansas so viele Probleme macht. Da Bush auf seinem Zettel sar-KO-zee stehen hatte, stammt seine Version übrigens wohl nicht von VOA.

Und dann gibt es noch, weit weg von den Sorgen der Weltpolitik, die Dinosaurier.

Früher oder später hat jedes Kind eine Dinosaurier-Phase. Die von Kind Nummer Eins begann vor etwa einem halben Jahr, als es im Regal ein englisches Kinderbuch fand, das laut Widmung Weihnachten 1972 seinem Vater von seinen Großeltern geschenkt worden war. Und plötzlich stand dieser Autor wie schon seine Eltern vor ihm vor dem Problem, wie man „Coelophysis“ richtig ausspricht, auf Englisch natürlich. Das ist schon deswegen nicht trivial, weil – wie wir gesehen hatten – für griechische Namen im Englischen besondere Regeln gelten.

Aber zum Glück weiß die National Geographic Society von den Nöten junger Eltern und hat in kleinen Buchstaben see-lo-FI-sis unter dem Fachbegriff geschrieben. So flüssig gehen einem dann die Namen über die Lippen, dass selbst die Schönste Germanin staunte … nur, dass sie den Trick schnell durchschaute. Manchmal ist es schwer, für alle Frauen im Haus ein Held zu sein.

Gegenüber der vergangenen Generation hat dieser Autor allerdings den Vorteil des Internets, wo man auch die härtesten Sauriernamen nachschlagen und sich vorlesen lassen kann. Da verlieren selbst Monster der Urzeit wie „Plataleorhynchus“ (pla-TAL-ee-o-RING-kus), „Dendrorhynchoides“ (DEN-dro-ring-KOY-deez) und „Criorhynchus“ (KRIE-o-RING-kus) ihren Schrecken.

Am Ende handelt es sich also um ein gebräuchliches System, das im Deutschen kein Gegenstück hat, weil es auf Deutsch nicht gebraucht wird.

Meistens, zumindest. Wenn sich dieser Autor anhört, auf wie vielfälltige Weise im Moment Birmas neue Hauptstadt Naypyidaw in den Nachrichten ausgesprochen wird, fragt er sich, ob kleinere Aussprache-Hilfen nicht vielleicht doch eine gute Idee wären.

Das Zombie-iBook und andere übertriebene Todesberichte

September 24, 2007

Es ist gut, einen Apple zu haben. Zwar stürzt das iBook weiter nach höchstens zehn Minuten unter der grafischen Oberfläche ab. Aber wenn man beim Einloggen statt seines Namens >console eingibt, kommt man in den Konsolen-Modus, wo man Zugang zu den Unix-Eingeweiden von OS X hat. Dort leben gute alte Bekannte des Autors wie vim, die sich von so etwas trivalem wie einem kaputten Logicboard nicht unterkriegen lassen.

Da praktisch nur die CLI-Werkzeuge funktionieren, hat das iBook jetzt etwas von einem Zombie. Aber man kann darauf schreiben, ihn über ssh und unison mit dem iMac synchronisieren und er schlummert ein, wenn man den Deckel zumacht. Wie der Architekt zu Neo sagte: There are levels of survival we are prepared to accept. Für einige Wochen zumindest.

Wir wollen hier aber auch andere Zitate bieten als nur eines von einem Film, den es nie hätte geben sollen. Wie das iBook wurde Mark Twain vorzeitig für tot gehalten, im Mai 1897. Zu der Verwechselung mit seinem Cousin James Ross Clemens sagte er:

The report of my death was an exaggeration.

Im Laufe der Zeit wurde aus dem Zitat der allgemein unter Angelsachsen bekannte Satz:

The reports of my death are greatly exaggerated.

Das war das erste Mal, dass man den Schriftsteller für tot erklärte. Im Mai 1907 spekulierte dann die „New York Times“, dass er Opfer eines Schiffsunglücks geworden sein könnte. Darauf schrieb Twain:

[I] will make an exhaustive investigation of this report that I have been lost at sea. If there is any foundation for the report, I will at once apprise the anxious public. I sincerely hope that there is no foundation for the report, and I also hope that judgment will be suspended until I ascertain the true state of affairs.

Twain starb schließlich und endgültig am 21. April 1910. Zumindest haben sie ihn anschließend beigesetzt.

META Liebes iBook, R.I.P.

September 23, 2007

Mein tapferes kleines iBook „inkling“ hat nach fast vier Jahren den Geist aufgegeben (für Freaks: hier ist das Postmortem). Da ein neuer Laptop erst im November in Frage kommt, schon allein es albern wäre, vor Leopard einen neuen Apple zu kaufen, wird das Blog etwas leiden. Die Schönste Germanin hat zwar pflichtgemäß angeboten, ich könne doch ihren MacBook mitbenutzen, aber das dürfte zu einem großen Teil angelsächsisch gemeint sein – was Rechner angeht, ist die ganze Familie etwas eigen … die Einträge werden also bis Jahresende zumindest etwas unregelmäßiger erscheinen, bedauerlicherweise.

Gelbe Blöcke und andere Papierfragen

September 20, 2007

In US-Serien sieht man immer wieder Leute, besonders Anwälte, auf gelben Blöcken herumschreiben. Auch in der Realität haben Amerikaner einen Hang zu gelbem Papier. Aber warum gelb?

Halten wir zuerst fest, was jeder mit einem Drucker aus leidvoller Setup-Erfahrung weiß: Amerikaner benutzen andere Papierformate als Europäer. Das Wichtigste ist letter mit 8,5 x 11 Zoll, was auf metrisch krumme 21,6 x 27,9 cm ergibt. Der formelle Name lautet ANSI A; es gibt ähnlich dem internationalen, ursprünglich aus Deutschland stammenden ISO-Standard ein System dahinter. Das Letter-Format dominiert angeblich auch den Alltag in Mexiko und Kanada.

(Lange Zeit benutzte die US-Regierung 8,5 x 10,5 Zoll großes Papier, weil das ein Komitee 1921 so beschlossen hatte. Trotz der offensichtlichen Probleme im Alltag und des höheren Preises pro Blatt blieb sie bis in die 80er Jahre dabei, denn: Das haben wir schon immer so gemacht, wo kämen wir denn da hin, da könnte ja jeder kommen. Erst Präsident Ronald Reagan machte damit Schluss.)

Daneben gibt es noch das etwas größere legal-Format mit 8,5 x 14 Zoll, also 21,6 × 35,6 cm. Niemand scheint zu wissen, warum es diese zusätzlichen drei Zoll gibt, aber einige Leute finden Legal besser. Es gibt darüber hinaus noch einen ganzen Haufen Formate, die wir hier ignorieren, da man sie in der Praxis eher selten antrifft. Der beste Kommentar zu den Unterschieden zwischen dem internationalen und dem nordamerikanischen Standard lautet:

The American paper sizes are a lot less logical then the European ISO standard; however, you do get to use fun size-names like Double Elephant and Foolscap E.

Ja, aber warum sind so viele Legal-Blöcke gelb mit waagerechten blauen Linien und einer senkrechten Linie auf der linken Seite?

Die kurze Version einer längeren Geschichte lautet: Diese yellow legal pads wurden zuerst 1888 von dem findigen Angestellten einer Papierfabrik in Massachusetts, Thomas W. Holley, aus Papierresten zusammengestellt. Daraus entstand die Firma Ampad. Die meldete aber komischerweise dafür kein Patent an.

Und auch sie kann nicht die gelbe Farbe erklären. Das Papier einzufärben macht alles etwas teurer, und Holley war auf billig aus. Es könnte daran liegen, dass damit etwaige Farbunterschiede zwischen den Resten überdeckt wurden. Gelbes Papier vergilbt logischerweise auch nicht und sieht daher im Alter besser aus. Der Unterschied ist eigentlich kosmetisch, das Papier wird auch recycled.

Am Ende muss wohl die gleiche Begründung für die gelben Blöcke hinhalten wie für das Gelb gewisser Amerikaner: „It looked right.“

(Nach einem Vorschlag von PH, vielen Dank)

Die seltsame Angst der Germanen vor sich bewegender Luft

September 17, 2007

Es war an diesem Wochenende wieder kurz warm in Berlin. Das ist gut, denn Kind Nummer Eins konnte sich draußen müde toben. Noch besser war aber, dass dieser Autor mit dem Auto unterwegs sein konnte, denn in der S-Bahn treibt ihn eine Sache bei warmem Wetter zum Wahnsinn: Die seltsame Angst der Germanen vor sich bewegender Luft.

Jedes Jahr die gleich Situation: Man sitzt in der S-Bahn. Draußen sind es mehr als 30 Grad, keine Wolke am Himmel, die Sonne strömt durch die Fenster und heizt alles mit einem politisch völlig unstrittigen Treibhauseffekt auf, bis niedrige Backofen-Temperaturen erreicht sind. Und alle Fenster sind zu.

Denn was passiert, wenn jemand eins öffnen will? Sofort erschallt der Chor:

Fenster zu! Es zieht! Es zieht! Oh weh! Es zieht!

Weiter geht es dann in der fahrenden Sauna. Ein Deo nach dem nächsten versagt, Schminke läuft die Wangen herunter und alle werden von Minute zu Minute gereizter. Und etwaig anwesende Amerikaner greifen verzweifelt nach ihrem Touristen-Führer um zu sehen, ob sie das mit der Berliner Luft falsch verstanden haben. Wirkt Tschernobyl vielleicht noch nach?

Denn der US-Bürger kennt diese Angst vor Luftzügen nicht. Es gibt zwar das Wort draft, aber es wird benutzt, um in Romanen Hinweise auf Geheimausgänge zu beschreiben. Amerikaner werden nicht bleich, wenn sie es hören. Die germanische draftophobia ist ihnen deswegen rätselhaft:

None of us could understand any German and we had no idea what was going on until someone took the time to explain it to us. The explanation was that if we open the windows, the air would blow through the train. We explained that we realized this and it was for precisely that reason that we opened the windows in the first place.

Das stieß auf so wenig Verständnis wie in der Berliner S-Bahn, denn: What elsewhere is known as a breeze is, in the Teutonic realm, the grim reaper’s mocking breath.

Nun sind auch Amerikaner der Meinung, dass es nicht klug ist, mit nasser Kleidung im Wind herumzustehen. Deswegen haben sie Gore-Tex erfunden. Aber das gilt nicht für den Alltag und trockener Kleidung. Wer die USA besucht, muss sich darauf einstellen, dass an heißen Tagen die Fenster und Türen aufgerissen werden, auch wenn, nein, insbesondere wenn das bedeutet, dass eine steife Brise durch die Wohnung oder das Büro zieht.

(Die Schönste Germanin möchte anmerken, dass es Ausnahmen gibt, wie in Phoenix, Arizona, wo es im Sommer gerne mehr als 40 Grad heiß wird. Dort rufen Amerikaner wie Deutsche nicht „Tür zu! Es zieht!“ sondern „Tür zu! Es wird warm!“ Alles, was ein Dach und eine Tür hat, hat in Phoenix auch eine Klima-Anlage.)

Die amerikanische Bloggerin Ada beschreibt einen weiteren Aspekt der germanischen Zugangst:

The weird thing about this whole draft business is that while Germans are terrified of drafts, they are also big fans of „fresh air.“ They sleep with their windows open in the middle of winter.

Auch das kommt diesem Autor bekannt vor, denn diese Diskussion führt er jeden Winter mit der Schönsten Germanin. Die hat zwar kein Problem mit Luft, die sich bewegt, aber leider auch keins damit, dass sich Eiszapfen an der Türklinke bilden. Binationale Ehen erfordern in mehr als einer Beziehung ein dickes Fell.

(Nach einem Hinweis von K, vielen Dank)

Die USA 2006, jetzt mit noch mehr Spanisch

September 13, 2007

Die US-Volkszählungsbehörde hat gestern ihre Daten für 2006 vorgelegt. Das ist nicht die eigentliche Volkszählung, der census, nach dem die Sitze im Repräsentantenhaus unter den Bundesstaaten verteilt werden; der steht erst wieder 2010 wieder an. Vielmehr werden bei der American Community Survey (ACS) etwa drei Millionen Haushalte untersucht, vermutlich damit die Regierungsstatistiker sich nicht in den zehn Jahren zwischen den richtigen Zählungen langweilen.

Wir wollen uns hier nicht mit so spannenden Informationen befassen wie die, dass die Wohneigentumsquote mit 67,3 Prozent weiter zugenommen hat, dass zehn Prozent der Erwachsenen Veteranen sind oder gar dass der durchschnittliche Bürger von North Dakota 15,5 Minuten zur Arbeit braucht. Vielmehr wollen wir die Zahlen nutzen, um einige Dinge zur Sprache festzuhalten.

Fangen wir damit an, dass fast 20 Prozent der amerikanischen Bevölkerung zu Hause kein Englisch spricht. Das sind etwa 60 Millionen Menschen, oder etwas griffiger formuliert, die Bevölkerung Großbritanniens. Es gibt dabei große regionale Unterschiede: In Kalifornien beträgt der Anteil mehr als 40 Prozent, in New Mexico und Texas mehr als ein Drittel, in New York, Arizona, New Jersey, Nevada und Florida noch mehr als ein Viertel. Das ist eine deutliche Zunahme, denn 1980 betrug der Anteil noch 11 Prozent [PDF].

(Wer das graphisch haben will, kann sich eine interaktive Sprachkarte der USA anschauen, wo auch gezeigt wird, wo am meisten Deutsch oder Hindi gesprochen wird.)

Man darf jetzt nicht den Fehler machen, diese Leute alle für einsprachig zu halten. Knapp neun Prozent der US-Bürger geben an, Englisch weniger gut als „sehr gut“ zu sprechen. Wir haben es in der Mehrheit mit Menschen zu tun, die zu Hause vielleicht Spanisch, Chinesisch oder Navajo sprechen, aber auf der Arbeit und beim Einkaufen Englisch. Trotzdem gibt es immer mehr Amerikaner, die zu Hause lieber etwas anderes sprechen.

Könnten das die Einwanderer sein? Die ACS sagt uns, dass 38 Millionen Menschen in den USA nicht dort geboren wurden. Das ist zwar ein neuer Rekord und mehr als es Kanadier gibt – mal wieder – aber weniger als die 60 Millionen, die zu Hause kein Englisch sprechen. Selbst wenn wir annehmen, dass alle Briten, Australier, Inder, Iren, Südafrikaner und Neuseeländer in ihrer Heimat geblieben sind, haben wir noch mehr als 20 Millionen gebürtige Amerikaner, die auf Nicht-Englisch nach dem Salz bitten.

Die wichtigste Sprache ist Spanisch, wie wir vor mehr als einem Jahr in unserem Eintrag über die Hispanics gesehen hatten. Aus der neuen Studie wissen wir, dass español inzwischen für zwölf Prozent der Amerikaner die Haussprache ist. Die Zahl der US-Bürger, die brauchbares Spanisch sprechen, dürfte um einiges höher liegen: Die letzte richtige Volksbefragung ergab, dass die Zahl der Spanischsprachigen von 1990 bis 2000 um 60 Prozent zunahm.

Man macht es sich dabei zu einfach, Spanisch als eine Unterschichtsprache zu sehen, zumindest auf lange Sicht. Zwar spricht die Zahl für sich, dass 47 Prozent der Einwanderer aus Lateinamerika nicht das Gegenstück zum Highschool-Abschluss haben (zum Vergleich: 48 Prozent der Einwanderer aus Asien haben eine Hochschule besucht). Aber Demographen wie William Frey vom Brookings Institution weisen auf eine sehr amerikanische Tendenz unter den Hispanics hin:

[T]hat isn’t to say that the second or third generation won’t do better, because they will. There is upward mobility.

Das in Deutschland bekannteste Beispiel – von Popstars abgesehen – dürfte der ehemalige Justizminister Alberto Gonzales sein, der Sohn von armen Erntehelfern aus Mexiko, der noch bei seinem unrühmlichen Rücktritt erklärte:

I have lived the American dream. Even my worst days as attorney general have been better than my father’s best days.

Entsprechend gibt es jede Menge nicht-hispanischer Amerikaner, die einen Blick auf die Bevölkerungsentwicklung werfen und daraus die Konsequenzen ziehen. Die Zahl der Studenten in den USA, die Spanisch als Fremdsprache belegten, stieg von 1998 bis 2002 um 13,7 Prozent auf knapp 750.000 (etwas mehr als 91.000 wollten Deutsch lernen). Die wirtschaftliche Bedeutung des Spanischen nimmt immer weiter zu, einfach wegen der Zahl der spanischsprachigen Kunden. Inzwischen kann sich selbst der Verband der New Yorker Apfelzüchter dem nicht verschließen.

Die Politik ist schon weiter, denn in einem Staat mit einer starken direkten Demokratie wie die USA gilt die Depeche-Mode-Regel: Everything counts in large amounts. Mehr als zwölf Prozent der Bevölkerung, das sind eine Menge Wähler.

Regional ist ihr Einfluss noch größer, wie uns eine weitere Zahl aus der ACS zeigt: In Kalifornien gibt ein Fünftel der Bevölkerung an, ihr Englisch sei schlechter als „sehr gut“. Wer die Stimme dieser Leute haben will, muss ihre Sprache sprechen. Daher ist es inzwischen selbstverständlich, dass el gobernador Arnold Schwarzenegger, el presidente George W. Bush oder la senadora Hillary Clinton ihre Politik zweisprachig fahren.

Mehr noch, die demokratischen Präsidentschaftskandidaten haben sich vor einigen Tagen zu einer Debatte auf Spanisch bei dem Sender Univision [Video] eingefunden. Zwei von ihnen sprechen selbst Spanisch, Bill Richardson und Chris Dodd. Die Zuschauerzahl betrug 4,6 Millionen, mehr als bei den englischsprachigen Debatten bei ABC, CNN, Fox News oder MSNBC.

Interessant ist daher, dass die spanische Debatte in den deutschen Medien keine Rolle spielte, während die englischen damals ausführlich „gecovert“ wurden. Das allein zeigt, dass die Bedeutung des Spanischen in den USA in Europa nicht verstanden wird. Man stelle sich vor, ein Fünftel der Bundesbürger würde zu Hause kein Deutsch sprechen; dass in NRW dieser Anteil bei 40 Prozent läge und dass dort 20 Prozent nur schlecht Deutsch könnten; dass zur Bundestagswahl die führenden Politiker eine simultan ins – sagen wir mal – Türkische übersetzte Debatte führen würden, deren Einschaltquoten so hoch wären wie die deutschsprachigen.

Und so können wir am Ende die USA einmal anderes beschreiben: Als das fünfgrößte spanischsprachige Land der Welt nach Mexiko, Kolumbien, Spanien und Argentinien. Es wird dem Leser als Übung überlassen zu berechnen, wann Spanien selbst eingeholt werden wird.

(Danke an DKS für den Hinweis auf die ACS-Statistik)

Fluoride im Trinkwasser

September 9, 2007

Dieser Autor muss bald zum Zahnarzt. Das ist eigentlich kein Problem, denn er ist bei einem guten Zahnarzt und hat gewisse Dinge bereits klargestellt, insbesondere, dass der Mund ohne Spritze ganz fest zu bleibt. Zudem, und das ist wichtig, haben wir das Fluorid-Gespräch hinter uns.

Das Fluorid-Gespräch macht dieser Autor bei jedem Zahnarzt in Deutschland durch. Es läuft etwa so ab:

Arzt: Oh. Sie haben als Kind Fluoride bekommen.
Autor: Argh.
Arzt: Aber wohl nicht durchgehend. Warum?
Autor: Argh-ladarg-Argh.
Arzt: Was? Ach ja – so –
Autor: Wir sind Mitte der 70er nach Deutschland gezogen.

An dieser Stelle ist das Verhalten des Zahnarztes nicht mehr vorherzusehen. Einige reagieren gar nicht, andere fangen an, über den Status der vorbeugenden Medizin in Deutschland zu schimpfen, anderen halten die Amerikaner dagegen für Idioten. Die Situation ist dann doch etwas stressig, Spritze oder nicht. Dieser Autor wechselt äußerst ungern den Zahnarzt.

Etwa 67 Prozent der US-Bürger haben Leitungswasser, das mit Fluorid versetzt ist, die höchste Quote weltweit, Tendenz zunehmend. Sind sind damit nicht allein: Zwischen 300 Millionen und 400 Millionen Menschen auf dem Planeten erhalten so ihren Schutz. In Kanada beträgt die Quote 40 Prozent und in Irland haben 74 Prozent der Gemeinden den Zusatz im Trinkwasser. In Großbritannien sind es zehn Prozent der Bevölkerung; einige Landesteile wie Essex haben eine ausreichende natürliche Konzentration. In Neuseeland wird seit 1954 feucht fluoridiert, Australien sieht es gar als die Pflicht einer jeden Regierung an, das Wasser anzureichern und Südafrika hat erst kürzlich ein massives Programm eingeführt. Das sind nur die englischsprachigen Staaten.

Die WHO sieht die Behandlung des Trinkwassers als die Methode der Wahl [PDF] für die Fluorid-Prophylaxe an. Der Effekt, dass der Stoff zu weniger Karies führt, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von einem Zahnarzt in Colorado entdeckt (es hilft auch gegen Osteoporose). Als erste Stadt kippte Grand Rapids in Michigan 1945 Fluoride ins Trinkwasser. Damals gab es kaum andere Quellen dafür, weswegen die Wirkung dramatisch war: Die Karieshäufigkeit halbierte sich. Seit der Beimengung von Fluorid in Zahnpasta in den 70er Jahren ist die Wirkung auf 20 bis 40 Prozent [PDF] weniger Karies zurückgegangen.

Deutschland gehört dagegen zu einer Handvoll von Staaten, die sich gegen Fluoride im Trinkwasser entschieden haben. Der Nutzen oder die Sicherheit des Verfahrens steht dabei nicht in Frage; vielmehr verstößt es gegen den eisernen Grundsatz, dass Trinkwasser völlig frei [PDF] von Zusätzen sein soll, ob sie nützlich sind oder nicht. Wir werden ähnliche Abwägungen den bei Vitamin- und Kalzium-Zugaben in amerikanischen Lebensmitteln wiederfinden.

Seit 1991 ist zum Ausgleich Speisesalz mit Fluorid für Privathaushalte zugelassen, was die WHO als eine Alternative aufführt. Inzwischen beträgt sein Marktanteil 60 Prozent. Damit haben Deutsche einen Vorteil gegenüber Amerikanern: Sie können behaupten, ihr gesalzenes Popcorn sei gut für die Zähne.

Halt wir fest: Angelsachsen, die nach Deutschland ziehen, sollte man sagen, dass Germanen ihr Fluorid durch Salz und nicht durch das Trinkwasser bekommen. Das gilt insbesondere für Familien mit kleinen Kindern.

Dabei sollte man allerdings mit seiner Wortwahl sehr vorsichtig sein. Bitte nicht den Eindruck erwecken, dass die Deutschen die Fluorid-Prophylaxe als solches ablehnen, sondern betonen, dass nur das Trägermedium anders ist, nämlich Salz statt Wasser. Auf gar keinen Fall sollte man das Ganze als, sagen wir mal, nur so als Beispiel, ein Werkzeug der Bundesregierung zur Gedankenkontrolle darstellen. Amerikaner lächeln dann zwar höflich, kommen aber nie wieder zu Besuch.

Denn die Ablehnung der Fluorid-Prophylaxe gilt in den USA als das stereotype Symptom für Paranoia überhaupt. Filmfans werden sich an General Jack D. Ripper aus Dr. Strangelove (1964) erinnern, der sie als kommunistische Verschwörung entlarvte:

You know when fluoridation first began? 1946! How does that coincide with your post-war Commie conspiracy…a foreign substance is introduced into our precious bodily fluids without the knowledge of the individual. Certainly without any choice. That’s the way your hard-core Commie works.

Nun hat auch die Fluorid-Prophylaxe Risiken und Nebenwirkungen. Wie bei jedem anderen Stoff ist eine zu hohe Konzentration schädlich. Deswegen gibt es Verfahren [PDF], um einen zu hohen Anteil von natürlichem (!) Fluorid aus Trinkwasser zu entfernen. Es muss in Kauf genommen werden, dass bei einem gewissen Prozentsatz von Leuten Verfärbungen auftreten – an dieser dental fluorosis sehen die Zahnärzte, dass dieser Autor eine Zeit lang Fluoride bekommen hat. Und es ist bekannt, dass man vor dem Zahndurchbruch keine Fluoride und kein fluoridiertes Wasser ohne Rücksprache mit dem Kinderarzt geben sollte.

Das sind alles ernste Einwände, die vor einer Einführung abgewogen werden müssen. In einigen Fällen decken andere Maßnahmen die Fluorid-Versorgung so weit ab, dass ein Zugabe zum Trinkwasser die Nachteile nicht wert ist. In Europa kennt man das aus Basel oder dem finnischen Kuiopo, wo die Beimengung wieder eingestellt wurde.

Von einigen Radikalen werden aber ganz andere Probleme postuliert, von Krebs bis zum Zappelphilipp-Syndrom über die Alzheimer-Krankheit und die Gewalt in amerikanischen Großstädten bis zur Behauptung, dass die ganze Sache von den Aluminium-Konzernen eingeführt wurde, damit sie ihre Industrieabfälle loswerden können. Einige Bedenkenträger bauen eine richtige Gefolgschaft auf, wie zum Beispiel John „Dr. Y“ Yiamouyiannis. Das sind nicht nur irre Amis: Das gleiche Problem gibt es auch in Großbritannien.

Amerikaner sind inzwischen in der dritten Generation mit diesen Behauptungen konfrontiert und entsprechend genervt. Leider haben sie nicht den Luxus, das Ganze als Hintergrundrauschen der freien Meinungsäußerung zu ignorieren. Wir haben gesehen, dass die USA auf der untersten Ebene eine direkte Demokratie sind. In den Kommunen stimmt daher oft die Bevölkerung über die Einführung der Trinkwasser-Fluoridierung ab, mit den entsprechenden politischen Debatten. Die Anti-Fluorid-Fraktion tritt bei solchen Referenden in voller Stärke auf.

Meist wird sie abgeschmettert – von 2000 bis 2004 votierten mehr als 125 weitere Gemeinden für die Einführung. Aber tatsächlich schaffen es die Gegner hin und wieder, eine Fluoridierung aufheben zu lassen. Dann fallen die Gesundheitsbehörden von Bund, Land und Kommune ein, um die Bevölkerung vor der nächsten Abstimmung zu bearbeiten.

Dem Bundesstaat Oregon geht das ganze Spiel inzwischen auf den Geist, weswegen dort die Fluoridierung per Landesgesetz vorgeschrieben werden soll. Gegner des Entwurfs verweisen – unabhängig von der Frage des gesundheitlichen Nutzens – auf das Selbstbestimmungsrecht der Kommunen: Der Bundesstaat soll sich gefälligst um seinen eigenen Kram kümmern und nicht versuchen, die Bevölkerung zu, äh, bevormunden. Im Moment dümpelt der Entwurf im Kongress von Oregon vor sich hin.

Und jetzt hat dieser Autor lange genug das Unvermeidbare hinausgezögert. Zeit, einen Termin zu machen. Morgen. Ganz bestimmt.

Einschub: Pink und „Mr. President“

September 6, 2007

Eigentlich gehört die Gerüchtekontrolle nicht zu den Aufgaben dieses Blogs, schon allein weil dieser Autor aus Alien 3 weiß, was dann passiert. Da er es aber leid wird, seit fast einem Jahr E-Mails zu einer bestimmten Frage zu beantworten, machen wir heute eine Ausnahme und halten fest:

  1. Das Lied „Mr. President“ von Pink ist in den USA nicht verboten.
  2. Das Lied „Mr. President“ von Pink wird in den USA verkauft.
  3. Das Lied „Mr. President“ von Pink wird in den USA im Radio gespielt, wenn auch nicht überall.

Als Hintergrund für die Leute, die gerade ein WTF?-Gesicht machen: Anscheinend gehört der Hinweis auf ein angebliches Verbot des offenen Briefes an Präsident George W. Bush zu der Standard-Anmoderation im deutschen Hörfunk. Wer als iPod-Besitzer die größten Hits der 70er, 80er und 90er und das Beste von heute lieber ohne Gerede und Werbung genießt, findet die Behauptung auch in diversen Online-Foren (wegen Regel 2 dieses Blogs kein Link).

Bedrückend natürlich, dass es offenbar Leute auf der Welt gibt, die noch nicht die Serie zur Meinungsfreiheit gelesen haben, wo lang und breit erklärt wird, warum so ein Lied nicht verboten werden kann und von der Bundesregierung in Washington schon überhaupt gar nicht.

Noch bedrückender ist allerdings, dass sich beim Rundfunk die Sache mit dem Internet noch nicht herumgesprochen hat. In diesem frei zugänglichen Computernetzwerk findet man nämlich auf Anhieb einen ganzen Eintrag zu dem Lied in der Wikipedia. In Kurzform:

Pink hat beschlossen, von sich aus, „Mr. President“ nicht in den USA als Single zu veröffentlichen. Ihre Begründung:

That song is too important to me to allow others to look at it as a publicity stunt.

Offenbar hält sie (oder ihre Plattenfirma) die Europäer für weniger zynisch, denn in der Alten Welt wurde das Lied aus I’m Not Dead ausgekoppelt und prompt ein Riesenerfolg. Auch in den USA ist es nicht wirklich an das Album gebunden: Bei iTunes USA gibt es „Mr. President“ in verschiedenen Versionen und ohne die Einschränkung Album only. Wer in den USA die Single wirklich dringend haben will, so richtig auf einer Silberscheibe, kriegt sie als Import.

„Mr. President“ wird im Radio gespielt, zum Beispiel bei Air America (zusammen mit „Let’s Impeach the President“ von Neil Young). Pink spielt das Lied in den USA live, von New York [YouTube] bis Seattle [YouTube]. In Fernsehen läuft es bei Jimmy Kimmel [YouTube] oder in der Serie The L Word [YouTube]. Von so einer „Zensur“ träumen andere Künstler.

Und schließlich sagt Pink selbst, wie toll es ist, in einem Land zu leben, wo sie ein Lied wie „Mr. President“ spielen kann:

I hope the president is proud of the fact that we live in a country where we can do things like that, where we can have dissent, talk, communicate and share our opinions.

Das scheint auch der kleinste gemeinsame Nenner mit Pinks Vater Jim Moore zu sein, einem Vietnam-Veteranen und Bush-Unterstützer, der nach ihren Angaben zu dem Lied sagte: „Isn’t it great you live in a country where you get to say things like that?“ Von Moore stammt übrigens das Lied „I Have Seen the Rain“ über den Vietnam-Krieg auf dem gleichen Album.

Nun spielen tatsächlich einige amerikanische Radiosender „Mr. President“ nicht, aber sie tun das von sich aus, nicht weil die Regierung ihnen es befohlen hat. Bei einigen könnte die Botschaft der Grund sein; größere Boykott-Drohungen gegen Pink blieben allerdings aus, das Dixie-Chicks-Szenario passt nicht.

Als Erklärung reicht aber nackte Gier, wie John Hart von Bullseye Marketing Research zu Sängern mit politischen Ambitionen erklärt:

I’m sure that Pink, she’s delivering a message from her heart […] Unfortunately, they think most of their listeners or fans feel that way, and they’re wrong. All the fans want is to hear their music.

Hart verweist auf Umfragen, in denen deutlich wird: Die Mehrheit der Zuhörer hat selbst eine Meinung zum Weltgeschehen, thank you very much, und will sich nicht von Popstars sagen lassen, wen sie wählen sollen. Wer blöd kommt, wird weggezappt. Die Diskussion über den bösen Kommerz und die Herrschaft der Quote kennen wir auch aus Deutschland – man stelle sich vor, was Dieter Bohlen mit der Ein-Bisschen-Frieden-Nicole gemacht hätte – und wir sparen sie uns daher.

Wer will, kann „Mr. President“ als Teil eines Trends sehen. Zu Bush und dem Irak-Krieg finden wir inzwischen Lieder wie „American Life“ von Madonna, „I’m with Stupid“ von den Pet Shop Boys, „Dry Drunk Emperor“ von TV on the Radio, „The Diaries of Private Henry Hill“ von Blow Up Hollywood, Nerina Pallot mit „Everybody’s Gone to War“ (der dort besungene Soldat lebt übrigens noch) und John Mayer mit „Waiting on the World to Change“. Die Flaming Lips singen „Haven’t Got a Clue“, Todd Snider fügt „You Got Away With It“ hinzu, Billy Bragg hat die „Bush War Blues“ und Nine Inch Nails haben gerade „The Good Soldier“ herausgebracht. Neil Young hatten wir schon erwähnt.

Nichts davon ist verboten, nichts davon kann verboten werden und bestimmt ist etwas darunter, was irgendwelche Sender in den USA nicht spielen. Aber nur Pink hat es geschafft, in Deutschland eine entsprechende Anmoderation zu bekommen. Stunt oder nicht, das ist gute publicity. Vielleicht hat es sich doch für sie gelohnt, DJs zu vergöttern.

(Einige Links von „Manuel“ auf Milchjunkies übernommen)

(Geändert 2. September 2008 Toter Link zu Nicole-Video durch Text ersetzt, nach einem Hinweis von JL, vielen Dank)

META Text zu „US-amerikanisch“ entfernt

September 6, 2007

Nach längerem Überlegen und einigen Rückmeldungen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Diskussion über den Begriff „US-amerikanisch“ nicht wirklich ins Blog gehört, sondern wegen der dargestellten Meinung auf meine Homepage. So bald ich dazu komme, sie umzubauen, versteht sich.

Schweinelatein

September 3, 2007

Anya: So now what? We have to talk in some sort of anti-demon secret code?
Xander: Oodgay ideayay, Anyay
Dawn: Stop talking wrong in Pig Latin and drive! Buffy’s in trouble!

– Aus der Buffy-Folge „After Life“

Zu den wichtigsten Fähigkeiten eines Kindes gehört es, Dinge vor Erwachsenen geheim zu halten. Kind Nummer Eins ist noch in dem Alter, wo es sein Kopfkissen für ein sicheres Versteck hält (zum Glück). Dieser Autor hat zusammen mit dem Schulfreund RAH aufwändige Geheimschriften entworfen, inspiriert zum Teil von, wie sollte es anders sein, Edgar Allan Poes Kurzgeschichte „The Gold-Bug“.

Angelsächsische Kinder schnappen irgendwann Pig Latin auf. Das ist eine Spielsprache, bei der englische Worte so umgestellt werden, dass sie fremdartig klingen. Gegen Erwachsene hilft das meist wenig, weil sie – auch wenn es für Kinder unwahrscheinlich klingt – auch einmal in dem Alter waren. Aber gegen Deutsche funktioniert es wunderbar, denn die haben keine Ahnung, was abgeht. Weil das gemein ist, gibt es hier eine kurze Erklärung.

Es gibt mehrere Varianten von Pig Latin. Eine häufige, für die es Übersetzungsprogramme im Internet gibt, hat die folgenden Regeln:

  1. Wenn ein Wort mit einem Konsonanten beginnt, werden alle Buchstaben bis zum ersten Vokal an das Ende verlegt und -ay hinzugefügt. Aus „Buffy“ wird also „Uffybay“, aus „slayer“ wird „ayerslay“.
  2. Wenn ein Wort mit einem Vokal beginnt, wird es nur durch -way ergänzt. Aus „Anya“ wird „Anyaway“, aus „Angel“ wird „Angelway“.

Xander benutzt in unserem Beispiel aus Staffel 6, Folge 3 eine andere Version, bei der -yay statt -way bei Wörten mit Vokalen angehängt wird. Sein Fehler – den Dawn als Jüngste sofort hört – ist dabei, dass er aus „Anya“ nur „Anyay“ und nicht „Anyayay“ macht.

Die Synchronisatoren waren so oder so mit dieser Passage überfordert. Dort heißt es:

Anya: Müssen wir uns jetzt in der Anti-Dämonen-Sprache unterhalten?
Xander: Gutjeh Ideejeh Anjeh.
Dawn: Hör‘ auf dauernd so’n Müll zu reden und fahr!

Hier wurde nur der ay-Laut hinzugefügt, was vermutlich schon eine Form des Kulturimperialismus ist. Allerdings kommt es noch besser, denn die deutschen Untertitel wurden zum Vergnügen dieses Autors offenbar getrennt übersetzt:

Anya: Müssen wir uns jetzt im Anti-Dämonencode unterhalten?
Xander: Gutut-tut-tute Idee-he-he.
Dawn: Du kannst noch nicht einmal richtig Kindersprache. Los, fahr.

Eigentlich sind beide Varianten deprimierend, denn es gibt im Deutschen natürlich auch Spielsprachen. Der interessierte Leser JL hat freundlicherweise bei den Leuten nachgefragt, die es wissen müssen – Lehrern. Demnach hätte man Xander in Grüfnisch, Matteänglisch oder auch der B-Sprache antworten lassen können, von der es eine Variante bei Ringelnatz gibt. Wussten das die Synchronisatoren nicht?

Einige Leute hatten einfach nicht genug Geheimnisse als Kind.