Archive for Dezember, 2013

ZEUGS: Verschwundene Kolonien, Waffenwerbung und dumme Sex-Gesetze

Dezember 23, 2013

Dieser Autor hat die Erfahrung gemacht, dass die Zahl der Blogleser von Weihnachten bis Neujahr in den Keller geht — vermutlich, weil sie nicht auf der Arbeit sind Zeit mit ihrer Familie verbringen. Daher legen wir nochmal einige Links auf, bevor wir uns bis zum kommenden Jahr verabschieden, mit besten Wünschen für die Feiertage und einen guten Rutsch natürlich. Der nächste Eintrag erscheint am Montag, dem 6. Januar 2014.

  • Zu den unglaublich großen Betonpfeilen, die in den USA einfach in der Landschaft herumstehen: So etwas gibt es tatsächlich. Die Erklärung mit der Luftpost ist natürlich Unfug, es sind Landemarkierungen für die Raumschiffe von Außerirdischen.
  • Zum Kongress: Die Zustimmungswerte für die Abgeordneten sind inzwischen auf sechs Prozent gefallen, ein historisches Tief. Wie historisch eigentlich?

    [A]round 3 times as many colonists supported King George as the 6% which support our own Congress today.

    Unbeliebter als die Briten vor der Revolution, so historisch. Damit gehen der amerikanischen Presse wohl endgültig die Vergleiche aus.

  • Zu Sprachgewohnheiten: In Kalifornien (und die in den restlichen 49 Bundesstaaten wird man an dieser Stelle vermutlich einwerfen wollen: wo sonst) nehmen die Männer weibliche Sprechmuster an, so genanntes uptalk.

    People who speak uptalk are often misunderstood to be insecure, shallow or slightly dim, according to the team, who say this was not necessarily the case.

    Offenbar reden aber auch Australierinnen so.

  • Zu verlorenen Kolonien: Wir erinnern uns, Forscher hatten auf einer Karte geheime Zeichen entdeckt, die vielleicht zur „Lost Colony“ von Roanoke führen. Jetzt sind mit Bodenradar weitere Spuren gefunden worden:

    LeCompte and his colleagues found a previously undetected pattern that may indicate the presence of one or more structures, possibly made of wood, under about three feet (a meter) of soil.

    Als nächster Schritt müssen richtige Löcher in die Erde gegraben werden, um die Strukturen zu untersuchen.

  • Zur Religionslüge: Einer Studie zufolge werden die Amerikaner weniger religiös, oder zumindest ehrlicher. Für die US-Politik ist die folgende Statistik wichtig (Hervorhebung hinzugefügt):

    [T]he groups most likely to be absolutely certain there is a God include blacks (70%), Republicans (65%), Matures (62%) and Baby Boomers (60%), Southerners (61%) and Midwesterners (58%), and those with a high school education or less (60%).

    Wer die schwarzen Wähler auf seine Seite ziehen will, ob Republikaner oder Demokrat, muss gottesfürchtig sein.

  • Zu Waffengesetzen: Aus offensichtlichen Gründen gibt es in Deutschland praktisch keine Werbung für Schusswaffen. In konservativen US-Blogs macht gerade ein Spot von Glock die Runde. Der interessierte Leser wird ziemlich schnell erkennen, welches Geschlecht die Zielgruppe hat.
  • Zu dummen Sex-Gesetzen: Als Amerikaner in Deutschland wird man ständig in den Medien — ganz zu schweigen vom Internet — mit irgendwelchen Geschichten über angebliche Sex-Gesetze in den USA konfrontiert. Was ist von denen zu halten?

    Most of those are urban legends.

    Was nicht heißt, dass es nicht trotzdem dumme oder zumindest seltsame Gesetze gibt. Unter dem obigen Link hat io9 eine Karte mit den bestätigten (!) Fällen zusammengestellt, die es auch etwas ausführlicher als Liste gibt. Die Damen mögen sich vielleicht besonders die Situation in Texas anschauen.

Das Gedicht mit den roten Rosen und blauen Veilchen

Dezember 13, 2013

Wir gehen heute nochmal auf das Siegerfrühstück von Kurt Vonnegut Jr. ein. Dort finden wir folgendes Gedicht:

Roses are red
And ready for plucking
You’re sixteen
And ready for high school

Dieser Autor hat lange überlegt, ob er eine Übersetzung oder gar eine Erklärung des Witzes anbieten soll. Allerdings geht er davon aus, dass der interessierte Leser von selbst darauf kommen wird, was sich hier vielleicht eher mit plucking reimt.

Uns interessiert ohnehin heute nicht das Alter, ab dem man in den USA nicht mehr vor Verführung geschützt ist (age of consent), schon allein weil es sich (natürlich) von Bundesstaat zu Bundesstaat unterscheidet. Wir gehen vielmehr auf das Original dieses kleinen Reims ein, weil man es immer wieder trifft:

Roses are red
Violets are blue
Sugar is sweet
And so are you

Der Ursprung liegt offenbar im 16. Jahrhundert. Ähnlich wie bei den Knock-Knock-Witzen muss man hier nur die erste Zeile aufsagen und jeder Angelsachse weiß sofort, was for ein Format der kommende Witz haben wird. Es gibt unendlich viele Abwandlungen, angefangen mit Kinderreimen:

Roses are red
Violets are blue
The gasworks stink
And so do you

Gerne auch:

Roses are blue
Violets are red
If you agree
You’ve got rocks in your head

Die Fans der Fernsehserie Fringe werden sich an die Valentins-Tag-Grüße vom „blauen“ ins „rote“ Paralleluniversum erinnern:

Your universe is red
My universe is blue
You shared your mints
Now I like you

Bei anderen Medien gibt es ganze Wettbewerbe, zum Beispiel bei Mass Effect. Nicht immer können die betroffenen Unternehmen froh sein. Die Wut über das umstrittene Ende von Mass Effect 3 brachten Fans auch in dieser Form zum Ausdruck:

Renegades are red
Paragons are blue
You wanted endings that reflected your decisions?
Fuck you

Renegade und paragon beziehen sich dabei auf die ethische Positionen, die man während des Spiels einnehmen kann und die nach der Meinung vieler Fans auch das Ende hätte mitbestimmen sollen.

Eine ganze Reihe von Versionen spielen wie die Variante aus Breakfast of Champions damit, dass der Reim von der zweiten bis zur vierten Zeile nicht eingehalten wird. Da hätten wir:

Roses are red
Violets are blue
I’m schizophrenic
And so am I

Und schließlich wollen wir nicht verschweigen, dass der Reim manchmal völlig scheitert:

Roses are gray
Violets are gray
I am colorblind, you see
What can I say?

Das Siegerfrühstück

Dezember 1, 2013

Dieser Autor hat dem Nachwuchs jüngst (in Abwesenheit der Schönsten Germanin, versteht sich) eine der wichtigsten Lektionen des Lebens beigebracht: Kalte Pizza ist ein wunderbares Frühstück. Es ist, wie man auf Englisch so schön ironisch sagt, the breakfast of champions.

Der interessierte Leser wird den Spruch an diversen Stellen bei Angelsachsen gehört haben, unerklärlicherweise auch für andere Dinge als Pizza. Eines der jüngsten Beispiele stammt von der Schauspielerin Nina Dobrev aus Vampire Diaries mit ihrem Tweet Sex. Breakfast of Champions. — ein Zitat aus dem Film Rush.

Woher kommt der Spruch? Der Ngram Viewer von Google gibt uns den Ursprung Anfang der 30er Jahre. Damals begann General Mills eine Sport-Werbekampagne für ihre Wheaties-Frühstücksflocken, die sie über Jahrzehnte fortsetzte [YouTube].

Das war der erste Streich. Schaut man sich den Ngram-Graphen oben nochmal genauer an, sieht man, dass es dann Anfang der 70er Jahre einen Sprung bei der Verwendung gab. Denn 1973 veröffentlichte Kurt Vonnegut Jr. seinen Roman Breakfast of Champions, Or Goodbye Blue Monday. Die New York Times schrieb damals dazu:

He wheels out all the latest fashionable complaints about America — her racism, her gift for destroying language, her technological greed and selfishness — and makes them seem fresh, funny, outrageous, hateful, and lovable, all at the same time.

Womit die ironische Verwendung endgültig die ursprüngliche verdrängte.

Trotzdem: Kalte Pizza am nächsten Morgen, am besten mit Pepperoni-Salami. Es gibt nichts besseres.