Archive for Februar, 2008

Duh!

Februar 28, 2008

To coin a popular Sunnydale phrase: „Duh“.

– Spike in der Angel-Folge „In the Dark“

Hat man zwei Muttersprachen wie dieser Autor, steht man ständig vor dem Problem, bestimmte Konstruktionen und Wörter aus der einen Sprache in der anderen verwenden zu wollen. Programmierer können das nachvollziehen: Wenn man lange mit Python zu tun hatte, fragt man sich bei Java oder C, warum nicht auch da diese ganzen geschweiften Klammern und Semikolons durch ein elegantes Einrücken der Zeilen ersetzt werden.

Zwei nützliche Begriffe aus dem Deutschen wären das vielseitige Wort „doch“ und das mächtige, wenn auch etwas lange „beziehungsweise“. Man kann im Englischen zwar entsprechende Formulierungen finden, aber manche Sätze wären damit einfacher – Kind Nummer Eins kann mit „doch“ inzwischen ganze Gespräche führen.

Leider wird „doch“ schon aus phonetischen Gründen nicht so schnell einen Platz im Englischen finden (in vielen Situationen ist es auch einfach zu direkt für die Angelsachsen). Dafür führt dieser Autor heute ein kleines Wort in diesem Blog ein – auch wenn ihn der VDS dafür hassen wird – das er umgekehrt auf Deutsch vermisst: Duh.

Duh – gerne langzogen und zweisilbig [Audio] als duu-uuh oder in der Kombination well, duh – drückt aus, dass gerade etwas schreckenserregend Selbstverständliches gesagt wurde, so selbstverständlich, dass der Verursacher grenzwertig doof sein muss. Vom Tonfall entspricht es einem patzigen „Sag‘ bloß“ oder „Ach nee“. Es ist Umgangssprache, oder, um beim Programmier-Bild zu bleiben, ein Makro, und nichts für den Englischunterricht.

Am besten erklären wir duh an Beispielen. In der Buffy-Folge „The Prom“ (Staffel 3, Episode 20) lobt Xander auf dem Abschlussball der High School das Kleid von Cordelia. Sie zweifelt bekanntlich nie an ihrer Schönheit:

Xander: It looks good on you.
Cordelia: Well, duh!

In diesem Fall lächelt sie, denn Xander hat ihr das Kleid gekauft, auch wenn sie mit einem anderen beim Ball ist (eine lange Geschichte). In „The Wish“ (Staffel 3, Episode 9) befindet sich Cordelia in einem Parallel-Universum, in dem Buffy nicht nach Sunnydale gekommen und Xander ein Vampir ist. Hier lächelt sie ganz und gar nicht nicht, sondern schiebt vor dem duh zur Verstärkung noch etwas Ironie ein:

Cordelia: We have to find Buffy. (…)
Vampir-Xander: Buffy? The Slayer?
Cordelia: No, Buffy the dog-faced girl! Duh! Who do you think I’m talking about?

Auch Buffy benutzt das Wort häufig. Aber weil Buffy Buffy ist, macht sie damit nicht immer die Dinge verständlicher, wie wir in „Graduation Day“ Teil 1 (Staffel 3, Episode 21) sehen:

Angel: Are you mad at me for being around too much or for not being around enough?
Buffy: Duh. Yes.
Angel: Which?
Buffy: What?

Duh darf nicht mit dem d’oh der Simpsons verwechselt werden, was das Eingeständnis eines Fehlers ist oder die plötzliche Einsicht, dass man sich gerade ziemlich doof verhalten hat.

Wir werden duh in einem Eintrag über den Energieverbrauch in den USA benutzen und etwas später, wenn es um die Kosten der amerikanischen Wahlen geht. Bis dann können sich die Programmier unter den interessierten Lesern freuen, dass es für C++ beziehungsweise C Möglichkeiten gibt, doch ohne Klammern auszukommen.

Kurz erklärt: The Beltway

Februar 25, 2008

Mit The Beltway ist in politischen Diskussionen der Straßenring um die Hauptstadt Washington gemeint. Formell ist es die Capitol Beltway und ganz formell die Interstate 495. Der Begriff taucht im Moment häufiger auf, wenn es um den unerwarteten Aufstieg von Barack Obama geht.

Denn der „Washington Post“-Journalist Mike Causey gab 1983 dem Begriff inside the Beltway eine politische Bedeutung, die ältere Deutsche mit dem „Raumschiff Bonn“ gleichsetzen werden: Der Vorwurf, dass es eine in sich geschlossene Elite gibt, die nicht weiß und erst recht nicht versteht, was in der übrigen Republik geschieht.

Ausdrücklich sind dabei nicht nur Politiker, Bürokraten und Lobbyisten eingeschlossen, sondern auch Journalisten:

The disconnect between, on the one hand, what Beltway media stars think about and care about, and the lives of most Americans on the other, is so vast that it is difficult to describe.

Wir werden in einem getrennten Eintrag darauf eingehen, wie wenig Amerikaner allgemein von den Medien halten.

META USA-Erklärt-Einträge als Podcast bei den FdoG

Februar 23, 2008

Die Freunde der Offenen Gesellschaft haben einige auserwählte Stücke von USA Erklärt vertont und stellen sie als Podcasts zur Verfügung. Darunter ist zum Beispiel die Grobstruktur der USA. Vielen Dank!

Thou, thee und thy oder warum duzt Darth Vader eigentlich den Imperator

Februar 22, 2008

Wir haben in der Folge über den Hail Mary das Pronomen thou erwähnt, das inzwischen aus dem Englischen verschwundene Gegenstück zum deutschen „Du“. Allerdings ist diese Form nicht völlig weg, sondern taucht in festgelegten Ausdrücken wie holier than thou auf und gerne mal – wenn auch hin und wieder falsch – in Filmen und Büchern. Daher erklären wir kurz den Hintergrund.

Um den technischen Teil hinter uns zu bringen: Es handelt sich um die informelle Anrede bei der zweiten Person Singular. Dazu kommen die Formen thee wenn nicht das Subjekt, sondern das Objekt gemeint ist, sowie thyself, thy und thine.

Schnell zur Praxis. Schauen wir uns die Buffy-Folge „Gingerbread“ (Staffel 3, Folge 11) an, wo die Hexe Amy sich in eine Ratte verwandelt, um der Verbrennung auf dem Scheiterhaufen zu entgehen:

Goddess Hecate, work thy will! Before thee let the unclean thing crawl!

Der Unterschied zwischen thy und thine besteht darin, dass thine vor Vokalen gebracht wird, analog zu a banana und an apple. Wir sehen das am Lord’s Prayer:

Our Father who art in heaven,
Hallowed be thy name.
Thy kingdom come,
Thy will be done,
On earth as it is in heaven.
Give us this day our daily bread.
And forgive us our trespasses,
As we forgive those who trespass against us.
And lead us not into temptation,
But deliver us from evil.
For thine is the kingdom,
and the power, and the glory,
for ever and ever.
Amen.

(Das Wort hallowed, „heilig“, ist uns schon bei Halloween begegnet)

Die klassischen Bibelübersetzungen haben die Formen ebenfalls, weswegen sich die guten Bürger von Sunnydale wohl bei Amy auf Exodus 22:18 berufen würden:

Thou shalt not suffer a witch to live.

Shakespeare ist natürlich voll davon, zum Beispiel bei King Lear, wo wir noch mal den Unterschied zwischen thy und thine finden:

Thou rascal beadle, hold thy bloody hand!
Why dost thou lash that whore? Strip thine own back;
Thou hotly lusts to use her in that kind
For which thou whipp’st her.

Kombinieren wir Buffy und Shakespeare, erhalten wir A Midsummer’s Nightmare:

Thou, Bloody Spike, hast made her honeyed rhymes,
Which, though hardly fit for human ears,
Have won her heart with false claims and pretense
That thou hast against all chance obtained thy soul
Thou hast ‚changed body fluids with her, and by
The moonlight at her window sung,
And through her window dragged thy death-cold flesh
To feast upon her warm and foolish throat.

(Bei ganz formellen Gelegenheiten wird bei my und mine übrigens auch der Folgevokal berücksichtigt. Die erste Zeile der Battlehymn of the Republic von Julia Howe lautet:

Mine eyes have seen the glory of the coming of the Lord

Kleinere interessierte Leser werden sich an Walt Disneys Aladdin erinnern, wo der Genie sagt:

Dost mine ears deceive me? Three? You are down by one, boy!

Das sollte man seinem Englisch-Lehrer allerdings nicht zumuten.)

Wir haben bei den Beispielen die Verben hervorgehoben, denn man sieht hier noch etwas: Bei thou gab es eine Konjugation, es wurde ein -st oder -est angefügt:

  • thou knowest, thou knewest (to know)
  • thou makest, thou madest (to make)

In unseren Beispielen haben wir auch schon einige der unregelmäßigen Verben gesehen, ohne die es im Englischen irgendwie nie geht:

  • thou art (to be)
  • thou hast (to have)

Warum ging das alles verloren? Das weiß wieder niemand so recht. Es sind auch andere Pronomen AWOL, wie das ye (was wir uns heute ersparen). Wegen dieser Veränderungen kann das Englische nicht mehr so einfach zwischen you als Anrede einer Person oder einer Gruppe unterschieden. Das treibt jeden Tag tausende angelsächsische Kellner zum Wahnsinn – What would you like to drink? ist eigentlich mehrdeutig. In den Südstaaten hat sich y’all (von you all) als eine Art „funktionelles Pronomen“ gebildet. Das ist nützlich, aber auch nichts für den Englischunterricht.

Warum auch immer, heute laufen Amerikaner, Briten und Co herum und siezen nicht nur ihre Freunde, Ehepartner und Kinder, sondern sogar Tiere („Möchten Sie nach draußen, geehrte Katze?“). Von religiöser Seite wird ebenfalls empfohlen, die modernen Formen zu benutzen:

If you feel the need to speak in ungrammatical, stilted, and archaic English to God, then I would reexamine the relationship.

(Auf der Seite gibt es auch einen Test, ob man die alten Formen beherrscht).

Inzwischen dürfte dem aufmerksamen interessierten Leser gar nicht wohl sein. Wenn das thou die vertraute Form ist, warum ruft Amy ausgerechnet die zickige Göttin Hekate so an? Ist das vielleicht der Grund, warum sie bis Staffel 6 eine Ratte bleiben muss? Und was ist mit Darth Vader los, wenn er in Star Wars: Return of the Jedi so den Imperator anredet:

What is thy bidding, my master?

Kurz gesagt, das ist falsch. Aber weil die Angelsachsen thou und thee nur noch bei feierlichen Anlässen wie Gottestdiensten hören, klingen diese Formen in ihren Ohren inzwischen selbst feierlich. Die informelle Anrede wird daher paradoxerweise immer mehr für Situationen genutzt, wo eine besondere Formalität signalisiert werden soll.

Die Fantasy-Welle hat viel dazu beigetragen, denn selbst High-School-Schüler entwickelten plötzlich ein gesteigertes Interesse an alter englischer Grammatik. Heraus kommen so nützliche Hinweise wie:

If thou dost not stop teasing my dragon, I’m sure it will bite thee.

Leider machen sich nicht alle die Mühe, wirklich die korrekten Formen zu benutzen. Auch das dost mine ears von Disney ist dummes Zeug, denn eigentlich muss es do heißen, wie es Sir Arthur Conan Doyle in Micah Clarke vormacht:

But do mine eyes deceive me, or is there a glimmer of light over yonder?

Wenn überhaupt hätte der Genie Dost thou try to deceive mine ears? sagen sollen. Disney hat hier zur allgemeinen Sprachverwirrung beigetragen, denn Google zeigt uns, dass dost mine ears inzwischen richtig Karriere macht.

(Möglicherweise sollte es doth mine ears heißen, was aber immer noch falsch wäre, denn das ist eine alte Version der dritten Person Singular von to do, und wir haben es mit zwei Ohren zu tun. Und nach einer halben Stunde mit der DVD-Sammlung von Kind Nummer Eins kann dieser Autor mit großer Sicherheit sagen, dass Robin Williams wirklich dost sagt.)

Ist es jetzt gut oder schlecht, dass die thou-Formen plötzlich genau andersherum benutzt werden? Die grammar nazis sind natürlich entsetzt. Allerdings gibt es kein Gesetz, dass man Sprachelemente nicht mit neuen Aufgaben wiederverwenden kann. Es wäre auch schade, sie einfach verfallen zu lassen.

Vielleicht findet jemand auch eine neue Verwendung für andere englische Sprach-Zombies, so dass wir in Zukunft nicht mehr sagen müssen:

I wish there were a use for the subjunctive mood.

[Dank an DKS für Linkhilfe]

Einige Bemerkungen zu den Anti- und Pro-Militär-Demonstrationen in Berkeley

Februar 18, 2008

In Berkeley in Kalifornien ist es vor einigen Tage zu zeitgleichen Demonstrationen gegen und für das Militär gekommen. Dieser Autor hatte eigentlich vor, die Sache kurz im nächsten ZEUGS-Eintrag abzuhandeln, aber Zombietime hat eine längere Bilderserie [diesen Link bitte merken] zu den Protesten ins Netz gestellt. Sie bietet Beispiele für mehrere Dinge, die wir in diesem Blog besprochen haben oder ohnehin besprechen wollten.

Der Hintergrund:

Seit September 2007 belagert die feministische Pazifisten-Gruppe Code Pink ein Rekrutierungsbüro der Marines in Berkeley. Das ist an sich nicht wirklich originell. Aber am 29. Januar beschloss der Stadtrat, die Marines aufzufordern, das Büro zu schließen. Anderenfalls sollten sie offiziell als uninvited und unwelcome intruders klassifiziert werden [PDF]:

The United States Marine Corps is being used as one of the means of perpetrating and prolonging illegal, unconstitutional and unnecessary wars of the United States.

Der Aufschrei ließ nicht lange auf sich warten. Neben den üblichen Protestbriefen und YouTube-Schnitten [YouTube] der Ratssitzung wurden handfeste Konsequenzen angedroht: Mehrere Senatoren und 71 Abgeordnete des Repräsentantenhauses wollen 2,1 Millionen Dollar an Bundesmitteln für die Stadt streichen, Abgeordnete im Parlament von Kalifornien 3,3 Millionen Dollar an Landesmitteln für Verkehrsprojekte stoppen (wir erinnern uns: Der Bund hat als Druckmittel nicht die Peitsche des Gesetzes, sondern nur das Zuckerbrot des Geldes).

Bürgermeister Tom Bates – selbst ein ehemaliger Hauptmann – versuchte schnell klarzustellen, dass die Stadt nicht gegen Militärangehörige sei, sondern nur gegen den Irak-Krieg. Das besänftigte niemand. Als Folge der Proteste kam der Stadtrat am 12. Februar zusammen, um seine Erklärung zu überdenken. Gleichzeitig fanden sich Tausende Befürworter und Gegner zu Demonstrationen vor dem Rathaus ein.

Der tiefere Hintergrund:

Berkeley ist eine Universitätsstadt, die im Vietnam-Krieg ein Zentrum der Anti-Kriegs-Bewegung war. Bis heute ist sie der wohl linkeste Ort in den USA – hier klettern Aktivisten schon mal aus Protest nackt auf die Bäume. Konservative Amerikaner sehen Berkeley als einen Hort von Irren, die das Land in den Abgrund stürzen wollen. Die Bürger sehen sich selbst als progressiv und aufgeklärt.

Bei der Serie muss man weiter im Hinterkopf behalten, dass Zombietime eine konservative Website ist, was sich in der Bildauswahl und den Kommentaren niederschlägt.

Zu den Bildern selbst:

Flaggen – Wir hatten besprochen, dass auch Regierungsgegner die Stars and Stripes zu ihren Demos mitnehmen. Hier sehen wir das vergleichsweise wenig, und wenn, ist die Flagge meist verkehrt herum oder es werden mit einer Zigarette Löcher hineingebrannt.

Sprache – Wir haben dafür aber ein schönes Beispiel für „Nazi“ als generische Beleidigung in „Fuck conservative neo-Nazis“ (wohl im Gegensatz zu den liberalen Neo-Nazis). In einer Bildunterschrift wird von wingnuts and moonbats gesprochen.

To play hookey – Blaumachen von der Schule.

Städtische Polizei – Auf den Schulterabzeichen der Polizisten ist der Schriftzug Berkeley Police zu sehen: Wie besprochen gehören die Beamten zur Stadt, nicht zum Bundesstaat oder gar zum Bund.

Namensschilder – Eigentlich sollte das Folgende in einem eigenen Eintrag erklärt werden, aber wenn wir schon mal dabei sind –

Auf mehreren Bildern ist zu erkennen, dass die Polizisten Namensschilder tragen. Ein Foto [JPG] etwas unterhalb der Mitte der ersten Seite zeigt zum Beispiel einen vermummten Demonstranten, der seinen Mittelfinger in die Kamera streckt; mit dem Rücken zu ihm steht eine Beamtin mit dem name tag „Speelman 79“. Die Zahl ist die badge number, auch shield number genannt, die ebenfalls zur Identifizierung dient. In größeren Städten sind diese Nummern natürlich auch etwas größer.

Mit Hilfe von Google lernen wir: Bei unserer Beamtin handelt es sich mit großer Sicherheit um die Streifenpolizistin Samantha Speelman. Sie wurde 2006 wegen unrechtmäßiger Verhaftung angeklagt – da sie im Dienst ist, gehen wir von einem Freispruch aus. Im Jahr zuvor fing sie einen Kunstdieb. Und so weiter.

Namenschilder und Dienstnummern bei Polizisten sind in den USA (und Teilen von Kanada und Großbritannien [PDF]) normal. Einmal soll damit der Kontakt zum Bürger verbessert werden. Das ist auch der Grund, warum die Polizei von Berkeley von sich aus den Dienstplan der Streifenbezirke [PDF] mit den Namen der zugeteilten Beamten veröffentlicht. Zweitens dienen sie als Schutz gegen Übergriffe der Polizei, denn der Bürger kann damit genau sehen, mit wem er es zu tun hat.

Das Prinzip der Kontrolle durch das Volk findet in den angelsächsischen Staaten zwar seine wichtigste Umsetzung im Geschworenensystem: Bei einer Klage wegen Polizeibrutalität entscheidet nicht ein Richter – Kollege Staatsdiener – über Schuld oder Unschuld, sondern eine Jury, also die Bürger. Aber durch die Namensschilder und offen getragenen Dienstnummern geht das Prinzip noch viel weiter.

Berkeley ist ein dankenswertes Beispiel, denn hier gibt es die Organisation Cop Watch:

We have joined together to fight for our rights and the rights of our community by taking on the task of directly monitoring police conduct. That’s right. We walk the streets and watch the police.

Die Gruppe bringt ein Handbuch heraus, das Cop Watch Handbook [PDF]. Dort sind nicht nur die Rechte und Pflichten der Beamten in Berkeley aufgeführt, sondern in einem praktischen Anhang auch die Namen und Dienstnummern aller Polizisten der Stadt. Ja, das ist legal.

Mit dem Handbuch bewaffnet können wir jetzt – analog zum berühmten britischen train spotting – auf unseren Bildern etwas cop spotting betreiben. Der Teenager auf Seite 2 der Bilderserie wird von den Beamten mit den Dienstnummern 35 und 124 festgenommen. Nun, das sind die Streifenpolizisten P. Anderson und Bekel. Wir wissen das, die Eltern des Jugendlichen wissen das, sein Anwalt weiß es, die Presse weiß es und sie alle finden es völlig normal. Es dürfte niemanden überraschen, dass Amerikaner die anonyme deutsche Polizei gruselig finden.

Fotos von Polizisten – Was uns zu der Frage bringt, ob dieses Bild überhaupt legal ist. In Deutschland darf man einen Polizisten bekanntlich nicht einfach fotografieren: Das Recht auf das eigene Bild, abgeleitet vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht, ist wichtiger als das Recht des Bürgers auf Informationen, zumindest so lange der Polizist nichts Verbotenes tut.

Wie in ähnlichen Fällen ist das in Amerika genau umgekehrt, denn das First Amendment schlägt alles. In der Öffentlichkeit müssen sich insbesondere Polizisten Fotos gefallen lassen [PDF]:

On occasion, law enforcement officers may object to photography but most understand that people have the right to take photographs and do not interfere with photographers. They do have the right to keep you away from areas where you may impede their activities or endanger safety.

Allerdings beschweren sich Fotografen in beiden Staaten regelmäßig über Polizisten, die sie drangsalieren.

Zu den Plakataufschriften:

„Keep your burka, I’ll keep my clitoris“ – Gemeint ist die Praxis der Genitalverstümmelung, von der bis zu 140 Millionen Frauen insbesondere in muslimischen Staaten Nordafrikas betroffen sind. Das „USMC“ auf dem Sweatshirt steht für United States Marine Corps.

„Burka“, „burqa“ Wie es sich für einen Haufen Intellektueller gehört, gibt es Streit über die Schreibweise. Das Englische ist bei arabischen und persischen Namen sehr großzügig mit dem Q.

„Las mujeres dicen NO a la guerra“Spanisch ist in Kalifornien faktisch Zweitsprache, deswegen finden wir es auch hier.

„Berkeley Council – The Few, The Proud, The Insane“ ist eine Anspielung auf den Marine-Slogan The few, the proud, the Marines.

„American Indians support U.S. Marines“ – Für viele Deutsche überraschend ist die Zahl der Indianer in den US-Streitkräften: Der Prozentsatz ist höher als in jeder anderen ethnischen Gruppe.

Im Zweiten Weltkrieg kämpften aus einer Gesamtbevölkerung von weniger als 350.000 mehr als 44.000 Indianer. Sie erhielten drei Medals of Honor – die höchste Militärauszeichnung der USA – 51 Silver Stars, 34 Distinguished Flying Crosses, 47 Bronze Stars und 71 Air Medals. In einigen Stämmen zogen 70 Prozent der Männer in den Krieg. Wie bei den Weißen übernahmen die Frauen plötzlich Aufgaben, die bis dahin Männern vorbehalten waren.

Am Ende des 20. Jahrhunderts gab es unter den zwei Millionen Native Americans etwa 190.000 Veteranen. Die Indianer-Nationen verleihen eigene Medallien und verweisen stolz auf Kriegshelden wie Ira Hayes von den Pima (einer der Fahnen-Soldaten von Iwo Jima [GIF]) oder Heldinnen wie Lori Piestewa von den Hopi (gefallen im Irak, Vater kämpfte in Vietnam und Großvater im Zweiten Weltkrieg).

Wer mit vielen Cowboy-Filmen und wenig Kontakt zu echten Indianern aufgewachsen ist, mag das verwirrend finden, daher werden wir getrennt auf die Identitätsfrage eingehen. Auch die berühmten Code Talkers besprechen wir später.

Kriegsschauplätze – Ein Plakat auf der unteren Hälfte der zweiten Seite listet Schlachten auf, bei denen die Marines siegreich waren: Tripolis (Libyen) in der Barbary War von 1805; Belleau Wood im Ersten Weltkrieg; Iwo Jima im Zweiten Weltkrieg; Chosin Reservoir und Inchon im Korea-Krieg; Vietnam ist, äh, vielleicht bewusst nicht näher ausgeführt; Falluja (dt. Falludscha) im Irak-Krieg.

„Hillbilly Armor – Hou$e Bushelzebub“ – Was genau das heißen soll, bleibt diesem Autor auch nach dem Besuch der Website unklar. Offenbar ist der Mann ein Straßenmusiker.

„Semper Fidelis“, kurz „Semper Fi“ – Motto der Marines, „immer treu“.

Wie ging es nach den Demos weiter? Die Sitzung des Stadtrates dauerte lange, denn es meldeten sich 128 Bürger zu Wort. Am Ende stimmt der Rat mit 7-2 für eine neue Erklärung, in der er seinen „tiefen Respekt für die Männer und Frauen in unseren Streitkräften“ ausdrücken. Darin soll zwar das Recht der Marines bestätigt werden, ihr Rekrutierungsbüro zu betreiben, aber auch das Recht der Gegner, direkt davor zu protestieren.

Die materiellen Kosten der Demonstration für die Stadt werden auf 93.500 Dollar geschätzt, insbesondere wegen der Überstunden der Polizei. Die Abgeordneten in Washington und Sacramento wollen weiter die Mittel sperren.

Code Pink will die Proteste fortsetzen. Zudem hat die Gruppe angekündigt, das Ganze basisdemokratisch zu lösen: Bei der Wahl im November sollen die Bürger der Stadt per Volksentscheid bestimmen, ob Rekrutierungsbüros in Berkeley eine Sondergenehmigung brauchen.

[Änderung 13. Juli 2008: Anderer Link zum Recht auf das eigene Bild, nach einem Hinweis von PB, vielen Dank]

Die Mottos der amerikanischen Bundesstaaten

Februar 15, 2008

Während wir schon mal bei Listen sind: In dem Freakonomics-Blog von Stephen J. Dubner und Steven D. Levitt in der „New York Times“ findet ein Wettbewerb statt: Gesucht wird ein neues Motto für die USA, in sechs Worten.

Da jeder teilnehmen kann, hat sich sofort die gesammelte Schar der Antiamerikaner im Internet eingefunden (Fat, ignorant, xenophobic, loud and proud), dicht gefolgt von den Hyperpatrioten (Hate us until you need us). Leider muss man deswegen die nachdenklichen (Your best friend, your worst enemy) und witzigen (Taxation with representation still kinda sucks) Einträge suchen.

Nun mögen die Stöckchenwerfer unter den Lesern sich überlegen, was denn ein gutes Motto für Deutschland oder die Europäische Union wäre, in sechs Worten bitte. Wir werden den Wettbewerb zum Anlass nehmen, uns die Mottos der Bundesstaaten anzuschauen. Denn jeder Staat hat nicht nur eine eigene Fahne und eigene Nummernschilder, sondern auch einen Spitznamen und ein Motto (in vielen Fällen kommt noch jede Menge Gerümpel wie Steine, Vögel und Bäume dazu, aber das bewahren wir uns für eine ganz langweilige Woche auf).

In 23 der 50 Bundesstaaten ist die Sache einfach, denn deren Sprüche sind auf Englisch. Einige davon sind, bei allem gebotenen Respekt, eher generisch. Floridas In God We Trust ist nichts anderes als das heutige Motto der USA. Texas mit Friendship, Utah mit Industry (im Sinne von Fleiß) und Wyoming mit Equal Rights sind alles Leitworte, die so ziemlich jede Demokratie haben könnte. Etwas spezieller wird es mit North to the Future für Alaska und The Crossroads of America für Indiana. New Hampshires Live free or die bekommt eine besondere Note, wenn man weiß, dass der Bundesstaat einige der liberalsten Waffengesetze des Landes hat.

Schon ausgefallener wird es bei den 21 Staaten, die ein lateinisches Motto haben. Wir hatten schon das Sic Semper Tyrannis von Virginia besprochen – „So soll es Tyrannen immer ergehen“. Ältere Bundesstaaten wie Massachusetts zeigen die kämpferische Note der Gründungszeit – Ense Petit Placidam Sub Libertate Quietem (etwa: Beim Schwert wollen wir Frieden, aber Frieden nur in Freiheit). Das knappe Dirigo (Ich leite) von Maine mag arrogant klingen, wenn man nicht weiß, dass es auf den Polarstern zurückgeht. Das Motto von Michigan scheint sich an Touristen zu wenden: Si Quaeris Peninsulam Amoenam Circumspice – Wenn Du eine angenehme Halbinsel suchst, schaue Dich um.

Die verbliebenen sechs Bundesstaaten haben sechs verschiedene Sprachen. Minnesota zeigt mit L’Etoile du Nord (Stern des Nordens) seine französischen Wurzeln. Kalifornien bleibt klassisch mit dem griechischen Eureka, was zu einem Goldgräber-Staat passt. Auch Montana hat seine Bodenschätze mit Oro y Plata (Gold und Silber) verewigt. Wieso Spanisch? Weil es sich cooler anhörte. Dumm nur:

When the seal was first commissioned, no one involved in its design had sufficient knowledge of Spanish, and the motto was incorrectly engraved as Oro el plata.

Zwei Staaten benutzen Sprachen der Ureinwohner: Washington das kurze Alki (englisch bye and bye, etwa „mit der Zeit“) und Hawaii das lange

Ua mau ke ea o ka aina i ka pono

was (angeblich) The life of the land is perpetuated in (by) righteousness hießt, also so etwas wie „Rechtschaffenheit lässt das Land ewig währen“.

Und dann haben wir noch Maryland, der Bundesstaat, dessen Motto schon mal für einen Wikipedia-Hack gehalten wird:

Fatti maschii, parole femine

Moment, Italienisch? „Männliche Taten, weibliche Worte“? Für einen Ostküsten-Staat der USA?

Das stimmt wirklich. Schuld sind mal wieder die Briten, genauer gesagt Cecil Calvert, Lord Baltimore, der 1634 die Kolonie gründete. Der Satz gehörte zu seinem Wappen. Das klingt fürchterlich politisch inkorrekt, weswegen es auch jede Menge Varianten für die Übersetzung gibt:

  • Deeds are men, words are women (1622)
  • A woman for words and a man for deeds (1905)
  • Deeds are males, words, females (1939)
  • Deeds are manly, words are womanly (1969)
  • Strong deeds, gentle words (1993)

Die offizielle Übersetzung lautet nach wie vor Manly deeds, womanly words.

Soweit die echten Mottos. Weil die Amerikaner aber Amerikaner sind, gibt es eine unendliche Zahl von Spott-Mottos, eines bösartiger als das andere.

Einige sind vorhersehbar. Iowa kriegt auf gewohnte Art sein Fett weg (We Do Amazing Things With Corn) und bei Utah müssen wieder die Mormonen daran glauben (Our Jesus Is Better Than Your Jesus). Rhode Island wird mit seinem Namen aufgezogen (Yes, We Know What A Peninsula Is), denn die „Insel“ ist eigentlich eine Halbinsel. Als Ersatz für Hawaii wird angeboten Haka Tiki Mou Sha’ami Leeki Toru – (angeblich) „Tod dem Abschaum vom Festland, aber lasst Euer Geld hier“. Rivalitäten kriegen einen ganz neuen Dreh mit Alabamas At Least We’re Not In Mississippi oder die Variante aus Ohio At Least We’re Not Michigan, oder natürlich jeweils umgekehrt.

(Ohio und Michigan verbindet eine, wie soll man sagen, besonders innige, tiefe Liebe und Wertschätzung, die etwa der zwischen den Niederlanden und Deutschland oder Düsseldorf und Köln entspricht. Aufkleber in Ohio mit der Aufschrift The best parts of Michigan are under water sind noch eine harmlose Ausprägung. Von 1835 bis 1836 kam es um den Grenzverlauf zu einem Mini-Mini-Mini-Bürgerkrieg, dem Toledo War. Wir werden später darauf eingehen, daher sei hier nur so viel verraten: Es gab sogar einen Verletzten!)

Und damit niemand auf die Idee kommt, wir würden hier ständig auf Iowa herumhacken, haben wir am Ende das vielleicht beste inoffizielle Motto:

Future Birthplace of Captain James T. Kirk

Da kann man nur vor Ehrfurcht erstummen.

[Danke an DKS für Vorschläge]
[Korrigiert 31. Jan 2010: Motto von Michigan jetzt richtig, Dank an CS]

Angelsächsische Redensarten im Kindesmund

Februar 12, 2008

Der Ehrenwerte Vater hat diesen Autor auf eine Liste aufmerksam gemacht: Englische Sprichwörter, die, so wird behauptet, von Sechsjährigen ergänzt wurden. Die Sache ist recht verbreitet und zum Brüllen komisch – wenn man das Original kennt, versteht sich, was man bei Angelsachsen voraussetzt. Der interessierte Leser mag sich daran versuchen, die kommentierten Lösungen stehen weiter unten.

  1. Don’t change horses – until they stop running
  2. Strike while the – bug is close
  3. It’s always darkest before – Daylight Saving Time
  4. Never underestimate the power of – termites
  5. You can lead a horse to water but – how?
  6. Don’t bite the hand that – looks dirty
  7. No news is – impossible
  8. A miss is as good as a – Mr.
  9. You can’t teach an old dog new – math
  10. If you lie down with dogs, you’ll – stink in the morning
  11. Love all, trust – me
  12. The pen is mightier than the – pigs
  13. An idle mind is – the best way to relax
  14. Where there’s smoke there’s – pollution
  15. Happy the bride who – gets all the presents
  16. A penny saved is – not much
  17. Two’s company, three’s – the Musketeers
  18. Don’t put off till tomorrow what – you put on to go to bed
  19. Laugh and the whole world laughs with you, cry and – you have to blow your nose
  20. There are none so blind as – Stevie Wonder
  21. Children should be seen and not – spanked or grounded
  22. If at first you don’t succeed – get new batteries
  23. You get out of something only what you – see in the picture on the box
  24. When the blind lead the blind – get out of the way
  25. A bird in the hand – is going to poop on you
  26. Better late than – pregnant

Und jetzt die Originale:

  1. Don’t change horses in midstream
  2. Strike while the iron is hot
  3. It’s always darkest before the dawn
  4. Never underestimate the power of a woman (Aus einer Werbekampagne der 30er, später Slogan des Ladies‘ Home Journal. Es gibt endlose Varianten davon, von the Dark Side bis human stupidity)
  5. You can lead a horse to water but you can’t make it drink
  6. Don’t bite the hand that feeds (daher auch das Lied [YouTube] von Nine Inch Nails)
  7. No news is good news (aus dem James Bond Tomorrow Never Dies wissen wir, dass der Gegenteil der Fall ist)
  8. A miss is as good as a mile (eine abgekürzte Version von An inch of a miss is as good as a mile of a miss)
  9. You can’t teach an old dog new tricks (Mit new math ist eine Bildungsreform in den 60er Jahren gemeint – entweder ist die Liste sehr alt, oder nicht von Kindern, oder beides)
  10. If you lie down with dogs, you’ll get up with fleas (älteren Lesern bekannt von Alan Parsons)
  11. Love all, trust a few, do wrong to none (von Shakespeare aus All’s Well That Ends Well)
  12. The pen is mightier than the sword (kommt in Indiana Jones and the Last Crusade vor)
  13. An idle mind is the devil’s workshop (eine Variante davon lautet: Idle hands are the devil’s tools. Soll zurückgehen auf Chaucers Canterbury Tales aus dem Ende des 14. Jahrhunderts, wo steht:

    The devel ne taketh nat lightly unto his werkynge swiche as he fyndeth occupied in goode werkes

    Chaucer wäre eigentlich ein Eintrag wert)

  14. Where there’s smoke there’s fire
  15. Happy the bride who the sun shines on, and happy the corpse the rain rains on
  16. A penny saved is a penny earned
  17. Two’s company, three’s a crowd (daher der Witz in dem Titel des Kapitels in Buch I von The Lord of the Rings: „Three is Company“)
  18. Don’t put off till tomorrow what you can do today
  19. Laugh and the whole world laughs with you, cry and you cry alone
  20. There are none so blind as those who will not see
  21. Children should be seen and not heard (in der Kinderversion ist to ground der Begriff für den Stubenarrest)
  22. If at first you don’t succeed try, try again (von Thomas Palmer:

    ‚Tis a lesson you should heed,
    Try, try again.
    If at first you don’t succeed,
    Try, try again.

    Von W.C. Fields gibt es eine Ergänzung: Then quit. There’s no point in being a damn fool about it)

  23. You get out of something only what you put into it
  24. When the blind lead the blind both shall fall into the ditch (aus der Bibel)
  25. A bird in the hand is worth two in the bush
  26. Better late than never

[Dank, natürlich, an den Ehrenwerten Vater]

META: Der Pranger kommt wieder in den Keller

Februar 10, 2008

Dann ging es plötzlich superschnell: Die angesehene deutsche Computerzeitschrift, die dieser Autor an den Pranger stellen wollte, hat den Fehler zum Recht auf das Streben nach Glück sofort korrigiert und eine nette Mail geschrieben. Offenbar fand die Beschwerde diesmal den Richtigen. Vielen Dank!

Über überall

Februar 9, 2008

Inzwischen leidet dieser Autor an einer Blog-Variante von déjà vu: Es gibt Einträge, von denen er schwören könnte, dass er sie schon geschrieben hat, die er aber nirgendwo online oder auf der Festplatte finden kann. Dazu gehört nach Grammar Nazi und Achtung! die Besprechung eines dritten deutschen Begriffs, der es in die amerikanische Alltagssprache geschafft hat: „über“.

Das haben wir schon erwähnt, aber nur im Vorbeigehen, als wir den spielerischen Umgang mit der Sprache in Buffy besprochen haben. Dort kommt über ständig vor, wie Sprachforscher Michael Adams beschreibt [1]:

überarchiever, übercreepy, überevil, überexited, übernerd, übersuck, übervampire, überwitch

Das über ersetzt super, die überwitch ist also eine Superhexe. Das ist keine Buffy-Marotte: Auf Slashdot finden wir überviolent und übershiny. Der ÜberTracker ist ein kombiniertes GPS-Funknetz-Ortungsgerät. Und natürlich gibt es übersexy und übersex, falls sich jemand traut, das hier anzuklicken.

„Über“ finden wir allerdings nicht nur als Präfix, und ab hier wird es für Deutsche in den USA etwas weniger lustig. Die Kombination „über alles“ aus einer vergangenen Version der Nationalhymne ist auch Amerikanern geläufig. In dem Blog Neo-Neocon gab es vor einer Woche den Eintrag Conservatives jump the shark: party purity über alles (die Sache mit dem Hai erklären wir in einem anderen Eintrag).

Für die massenhafte Verbreitung dieser zwei Worte sorgte das Lied „California über alles“ von den Dead Kennedys, ein Angriff auf den damaligen demokratischen Gouverneur Jerry Brown. Im Text heißt es I will be Führer one day (eine Unterstellung, die, wie wir wissen, in den USA legal ist). Und weiter:

Zen fascists will control you
Hundred percent natural
You will jog for the master race
And always wear the happy face

(Brown ist inzwischen der Justizminister von Kalifornien, ein Amt, in das man in dem Bundesstaat direkt vom Volk gewählt wird. Zu sehr verhasst kann er also nicht sein.)

Ironischerweise kann es für Deutsche schwierig sein, diese ganzen Formen zu verstehen, denn Angelsachsen können genauso wenig das ü in „über“ aussprechen wie Germanen das sq in squirrel. Heraus kommt etwas wie „uh-bur“, oder, um die englische Aussprachehilfe zu benutzen, OO-burr.

Selbst online muss man zweimal hinschauen, denn nicht alle Amerikaner kriegen mit ihrem Computer those dots over the u hin, niemand hat ihnen die Umwandlung von ü in ue erklärt und am Ende behelfen sie sich mit einem einfachen u wie in uberrat. Als Deutscher wird einem so das Vertraute fremd.

Und das nennt man jamais vu.

([1] Slayer Slang: A Buffy the Vampire Slayer Lexicon, Michael Adams, Oxford University Press, New York 2003)

(Nach einem Vorschlag von JR, vielen Dank)

META: Eine Million Total Views

Februar 9, 2008

In der Nacht hat USA Erklärt die Schwelle von einer Million Zugriffen seit der Auflage des Blogs überschritten. Was sagt man da? Dankeschön!