Archive for the 'Kurz erklärt' Category

Kurz erklärt: Sprünge von toten Katzen

Oktober 24, 2008

Gut, einen haben wir noch diese Woche, obwohl dieser Autor bei Anathem erst auf Seite 573 ist. Es geht um einen Begriff, den man im Moment ständig bei Diskussionen über die Umfrage-Ergebnisse zur Präsidentenwahl findet, ob bei den Demokraten oder den Republikanern: a dead cat bounce.

Damit wird eine plötzliche, kurzzeitige Verbesserung der Werte bezeichnet, die weniger mit der grundsätzlichen Beliebtheit zu tun haben soll, sondern mehr mit technischen Gründen. Selbst eine tote Katze, so das Bild, springt etwas zurück – prallt also hoch – wenn sie aus genügend großer Höhe fällt.

Der Begriff kommt aus der Börsenwelt und soll in der Presse zuerst von Chris Sherwell in der Financial Times vom 7. Dezember 1985 benutzt worden sein. Hier ist der Mechanismus leichter zu verstehen: Wenn eine Aktie sehr schnell sehr tief fällt, finden sich Leute, die das als Kaufgelegenheit sehen. Der Kurs geht deswegen gegen den Trend erstmal ein kleines Stück wieder in die Höhe.

Kurz erklärt: John Hancocks Unterschrift

Juni 17, 2008

Die Schönste Germanin ist ein Will-Smith-Fan und freut sich deswegen riesig auf Hancock. Amerikaner als solches verbinden mit dem Namen allerdings nicht zuerst einen Anti-Superhelden, sondern John Hancock (1737-1793) aus Massachusetts, einen ganz normalen Helden der Amerikanischen Revolution.

Hancock ist besonders berühmt für seine Unterschrift. Seine Signatur war nicht nur die Erste auf der Unabhängigkeitserklärung, er setzte sie auch feist und fett [JPG] so richtig unübersehbar in großen Buchstaben in die Mitte. Der (wohl falschen) Legende nach soll er das gemacht haben, damit der am Grauen Star erkrankte britische König George III. sie auch ohne Brille lesen konnte. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Engländer schon lange ein Kopfgeld auf Hancock ausgesetzt.

Daher kommt auch der Spruch put your John Hancock here wenn man jemanden bittet, einen Vertrag zu unterschreiben.

Kurz erklärt: Kurzformen von Vornamen

April 4, 2008

Die Schönste Germanin wünscht sich einen kurzen Eintrag. Dieser Autor auch, denn der „Spiegel“ hat bemerkt, dass Buffy weitergeht, und daher muss schnell Heft 13 gesichert werden, bevor die Meute die Comic-Läden stürmt.

Daher befassen wir uns mit etwas kurzem, nämlich den Kurzformen von Vornamen. Es sind nur solche aufgeführt, die nicht unbedingt einleuchtend sind.

[Ergänzt 9. September 2008: Weitere Namen, mit Dank an AK und PS]
[Korrigiert 2. Feb 2010: Bob gehört zu Robert, nicht Richard, mit Dank an KU]

Kurz erklärt: Wie man mit Mississippi die Zeit misst

März 10, 2008

Morgen finden die nächsten Vorwahlen statt, in Mississippi. Der Bundesstaat wird benutzt, um Sekunden zu zählen:

one-Mississippi,
two-Mississippi,
three-Mississippi…

Damit kann man zum Beispiel berechnen, wie weit weg der Blitzeinschlag war. Für Meilen muss man übrigens durch fünf teilen, nicht durch drei wie bei Kilometern.

Kurz erklärt: The Beltway

Februar 25, 2008

Mit The Beltway ist in politischen Diskussionen der Straßenring um die Hauptstadt Washington gemeint. Formell ist es die Capitol Beltway und ganz formell die Interstate 495. Der Begriff taucht im Moment häufiger auf, wenn es um den unerwarteten Aufstieg von Barack Obama geht.

Denn der „Washington Post“-Journalist Mike Causey gab 1983 dem Begriff inside the Beltway eine politische Bedeutung, die ältere Deutsche mit dem „Raumschiff Bonn“ gleichsetzen werden: Der Vorwurf, dass es eine in sich geschlossene Elite gibt, die nicht weiß und erst recht nicht versteht, was in der übrigen Republik geschieht.

Ausdrücklich sind dabei nicht nur Politiker, Bürokraten und Lobbyisten eingeschlossen, sondern auch Journalisten:

The disconnect between, on the one hand, what Beltway media stars think about and care about, and the lives of most Americans on the other, is so vast that it is difficult to describe.

Wir werden in einem getrennten Eintrag darauf eingehen, wie wenig Amerikaner allgemein von den Medien halten.

Kurz erklärt: Wie spreche ich einen Ex-Präsidenten an?

Januar 26, 2008

In einigen Monaten haben die USA einen Ex-Präsidenten mehr. Was uns zu einer Frage des Protokolls bringt: Wie spricht man eigentlich so jemanden an, wenn er auf ein lautes Hey, you nicht reagiert?

Unter Amerikanern gibt es einen Streit darüber. Der Fernsehsender NBC behauptet [YouTube], dass ein Präsident für den Rest seines Lebens mit Mr. President angesprochen werden sollte. Dagegen sagt Mrs. Manners, die selbsternannte US-Instanz für die Regeln des guten Benehmens, dass man einfach Mr. benutzt – schließlich seien die USA eine Demokratie und der Präsident nach dem Ende seiner Amtszeit wieder ein ganz normaler Mensch.

Zum Glück kann man im 21. Jahrhundert direkt die Experten fragen. Auf eine E-Mail an die White House Historical Association bekam dieser Autor folgende Antwort:

According to usual protocol practice in the United States, you address a former president in conversation (your example) as Mr. Clinton or in prolonged conversation as Sir. The first name [or] initials are never used.

Das sir ist in diesem Fall natürlich nicht Sir George nach britischer Nutzung, sondern die einfache Anrede ohne Namen.

(Nach einem Vorschlag von KN, vielen Dank)

Kurz erklärt: Baby Shower

Januar 12, 2008

Ein vielleicht verwirrender Begriff ist die baby shower. Dabei wird das Kind nicht etwa abgeduscht, wie selbst schon mal Briten denken (obwohl auch hier der Kulturimperialismus voranschreitet). Vielmehr wird die noch hochschwangere Mutter mit Geschenken ihrer Freundinnen überhäuft. Traditionell ist das eine reine Frauensache.

Die Schönste Germanin, die alle Geschenke entsprechend der deutschen Tradition nach ihren Geburten entgegennahm, bietet folgende Beschreibung aus dem Roman Blue Dahlia von Nora Roberts an:

Oohing and awwing over impossibly tiny clothes, soft-as-cloud blankets, hand-knit booties, cooing over rattles and toys and stuffed animals. There were foolish games only women at a baby shower could enjoy, and plenty of punch and cake to sweeten the evening.

Die Feier ist mit der bridal shower verwandt, die wiederum nicht mit der bachelorette party verwechselt werden darf. Bei der kann es dann immerhin zu duschähnlichen Vorgängen [JPEG] kommen.

(Danke an NMK für den Hinweis. Die wegen Regel 2 ausgelassene Primärquelle wurde per E-Mail informiert.)

Kurz erklärt: Guten Appetit wünschen wir nicht

Dezember 13, 2007

Moment, haben wir gerade „Guten Appetit“ gesagt? Amerikaner tun das nicht. Wir werden uns später mit angelsächsischen Tischmanieren beschäftigen, aber schon vorweg: Es gibt keinen Startspruch. Alle warten höflich, bis jeder etwas auf dem Teller hat, und dann legt man einfach los.

Deutschen ist das unangenehm. Tatsächlich vermutet dieser Autor, dass Pawlow auf seinen Tierversuch mit Hund und Glocke hätte verzichten können: Es hätte gereicht, einem Deutschen einen guten Appetit zu wünschen. Ohne ist die Verdauung gestört.

Die Lösung: Wer in den USA ist, sagt einfach good appetite und erklärt die deutsche Sitte. Wer weiß, wenn das genug Leute machen, setzt es sich vielleicht sogar durch.

Kurz erklärt: Die Buchstaben in US-Telefonnummern

Dezember 8, 2007

Präsident George W. Bush hat sich mal wieder versprochen, und diesmal können auch wir ihm nicht helfen. Bei der Vorstellung seines Hilfsplans für die Hypothekenkrise gab er die Nummer der Hotline wie folgt an:

1-800-995-HOPE

Tatsächlich lautet sie aber:

1-888-995-HOPE

Einige interessierte Leser werden vielleicht nicht wissen, was denn dieses HOPE in der Telefonnummer zu suchen hat, geschweige denn, wie man es eintippt.

Wer hier an sein Handy und den SMS-Code denkt, liegt grob richtig, mit einem Unterschied: Es wird nicht mehrfach getippt. Die Taste „2“ kann also mit „A“, „B“, oder „C“ darstellt werden. Damit ist HOPE 4673, nicht 44666733 wie beim Handy. HOPE ist aber vor allem leichter zu merken.

Solche vanity numbers gibt es seit Jahrzehnten in den USA. Sie werden von Telefonkonzernen angeboten und man kann im Internet gucken, was die eigene Telefonnummer alles sein könnte.

Andere Beispiele sind die Bestellnummer bei Apple, 1-800-MY-APPLE. Weiter finden wir 1-800-CALL-ATT, 1-800-GOOG-411 oder 1-800-GENOCIDE (hat mit dem Völkermord in Darfur zu tun).

Kurz erklärt: Ein gibt kein Happy End

November 28, 2007

US-Filme haben angeblich immer ein „Happy End“. Das ist falsch, wie man an jedem guten amerikanischen Zombie-Film sehen kann, wo der Untergang der Menschheit Pflicht ist. Und wenn überhaupt haben Hollywood-Filme ein happy ending.

Denn wenn es um die Art geht, wie ein Geschichte zu Ende geht, spricht man vom ending. Nicht nur die Amerikaner übrigens, sondern auch die Briten. Ein happy end gäbe es nur dann, wenn das letzte Stück Film glücklich wäre. Dagegen spricht aber die Regel:

Don’t anthropomorphize objects. They hate it.

Trotzdem, das „Happy End“ ist inzwischen im Deutschen ein festgelegter Begriff, so sehr, dass ihn Wörterbücher übernommen haben. Man sollte ihn jedoch im Umgang mit Angelsachsen vermeiden, sonst entstehen lustige Situationen.

(Vorschlag und German-Joys-Link von FL, vielen Dank)