Archive for Oktober, 2009

Zur Germanisierung von Halloween (und Haunted Houses)

Oktober 30, 2009

Die Suchanfragen zeigen deutlich, dass wieder Halloween ist (für die neuen Leser: Das Thema haben wir schon behandelt). Kind Nummer Eins brachte dieses Jahr aus dem Hort den Beweis nach Hause, dass der Feiertag langsam (wie erwartet) eine eigene germanische Identität annimmt: Seit Tagen sagt es zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit mit ungebrochener Begeisterung und in Maximal-Lautstärke den folgenden Reim auf:

Rummel, Rummel, Reister
Wir sind die bösen Geister.
Wollt ihr uns vertreiben,
Oder sollen wir bleiben?
Tut ihr nichts in unseren Sack
Nehmen wir euch huckepack.
Tut ihr doch was Schönes rein,
Gehen wir alle artig heim.

Es gibt wohl inzwischen eine ganze Reihe von deutschen Halloweensprüchen. Der hier wird „Sophies Vater“ zugeschrieben:

Wir sind die bösen Hexen,
Damit es jeder weiß
Gibt uns was von den Keksen
Oder von dem andern Scheiß.

Das hat bestimmt keine angelsächsischen Wurzeln. Dort finden wir eher so etwas:

Trick or treat, smell my feet.
I know you’ll give us lots of treats.
Not to big, not to small,
Maybe the size of Montreal.

Dagegen ist das Prinzip des Haunted House (auch House of Horrors) noch nicht in Deutschland angekommen, wie die anderen Amerikaner im Dorf jetzt herausgefunden haben. Über drei Tage haben sie ihr Tanzstudio in eine solche „Schreckenskammern zum Durchlaufen“ umgewandelt. Leider vermuteten viele Ortsansässigen dahinter eine Kostümparty für Kinder. Die Wirklichkeit sieht anders aus [YouTube] (gerne auch noch aufwändiger [Video]).

Tragisch ist natürlich, dass sich hier eine erschreckende Buffy-Unkenntnis offenbart: Ein Haunted House spielte schließlich eine zentrale Rolle in der Folge Fear, Itself. Wir bleiben zuversichtlich, dass der deutsche Einzelhandel das Potenzial hinter diesen Einrichtungen erkennen und sie fördern wird. In der Zwischenzeit muss man sich wohl selbst behelfen, frei nach dem Prinzip:

Nothing says Halloween like lots of blood — big, overflowing buckets of blood. Here’s our guide for mixing up your own batch of the sick stuff.

Bei echten Geeks springt die Wissenschaft in die Bresche.

Und zum Schluss verweisen wir auf die Kostüm-Trends dieses Jahr in den USA. Am stärksten zugelegt hat nicht, wie man sich denken könnte, Michael Jackson (Platz 3 beim Anstieg der Google-Anfragen), sondern Lady Gaga. Das ist auch in Kanada der Fall. Ihre eigene Empfehlung zu Kostümen:

Wigs, purple shampoo and high heels. Lots of latex.

Die Briten kennen Lady Gaga offenbar noch nicht, obwohl sie angeblich das mit dem Latex am besten können. Auf der Insel legte Jackson tatsächlich am stärksten zu.

Ach, und noch etwas will sich immer noch nicht durchsetzen: Candy Corn bleibt in deutschen Geschäften Mangelware, vermutlich weil (Räusper) der ganze Platz schon von Weihnachtsmännern eingenommen wird. Zum Glück ist dieser Autor mit der besten Ehefrau der Welt und den besten Eltern des Planeten gesegnet, die sich zusammengetan haben, um diesem Autor mit zwei Tüten zu beglücken.

Moment, zwei Tüten? Hat jemand zwei Tüten gesagt? No no, eine, liebe Kinder, Grandma und Grandpa haben nur eine Tüte geschickt …

META: Eingeschränkte Bloggerei bis Ende November

Oktober 24, 2009

Ich bin die kommende Woche ständig unterwegs und weiß nicht, ob ich zum bloggen komme. Manchmal müssen auch bekennende Stubenhocker vor die Tür. Die Welt ist schlecht.

Auch im November wird es erratisch. Die Schönste Germanin nimmt wie angekündigt zu meiner großen Freude am National Novel Writing Month (NaNoWriMo) teil (über das wir gesprochen haben). Mein Job wird es sein, die Brut zu bändigen, die fleißige Autorin mit erbauenden Geschichten zu motivieren und ihr große Mengen Schokolade zu bringen, damit sie nicht an die frischen Vorräte der Kinder geht.

Und mal sehen. Vielleicht muss ich das nächstes Jahr auch probieren.

The Man, da Man und Doppelhälften-Tiere

Oktober 22, 2009

Kind Nummer Eins hat letztens aus dem großen goldenen Märchen- und Geschichten-Buch (das früher seinem Vater gehörte) ein Kapitel Doctor Dolittle des Briten Hugh Lofting vorgelesen bekommen. Die Kinderbuchserie handelt von einem Arzt, der mit Tieren sprechen kann. Eigentlich wollte dieser Autor dem Nachwuchs einige Tage später den gleichnamigen Film von 1967 zeigen. Allein, die Videothek hat nur die moderne Version von 1998 mit Eddie Murphy.

Ein schwacher Trost, denn der neue Film hat kaum etwas mit den Büchern zu tun. Aber immerhin liefert er uns mit einer Diskussion zwischen zwei Tauben während einer Art Sitzblockade Stoff für einen Eintrag. Die Tiere schützen Dolittles Klinik vor der Polizei:

Weibliche Taube: Are you okay?
Männliche Taube: Well, the Man is coming down hard, but we’re holding strong.

Den Begriff the Man finden wir immer wieder in den USA, insbesondere, wenn es um Schwarze geht. Wer (wie empfohlen) den Film Black Dynamite gesehen hat, wird sich gut daran erinnern. Das war vor etwa drei oder vier Jahrzehnten angesagte Jugendsprache. Allgemein wird damit eine Person oder eine Gruppe bezeichnet, die über Autorität verfügt – das war in den 60ern natürlich speziell die weiße Unterdrücker-Gesellschaft, also das Establishment im weitesten Sinne. To stick it to the Man ist eine festgelegte Redewendung für „sich aufzulehnen“.

Diese Version von the man ist nicht mit dem positiven the man (gerne da man geschrieben) zu verwechseln, ein Lob, wie wir ihn aus Spiderman 2 kennen:

Man: Spidey, you da man!
Spider-Man: No, you da man.

Bei Madagascar haben wir entsprechend:

Alex the Lion: Who’s da cat?
Marty the Zebra: You da cat.

Zurück zu dem Mann who is keeping us down: Im Zeitalter eines schwarzen Präsidenten, schwarzer Verfassungsrichter, schwarzer Abgeordneter, schwarzen Quarterbacks etc. pp. ist das mit der Autorität und der Rasse etwas schwieriger geworden. The Man bleibt aber untrennbar mit den 60ern und 70ern verbunden wird daher hauptsächlich in ironischen und humorvollen Anspielungen benutzt.

Was uns zu einem Witz bringt, der nur mit der alten Filmversion von Dr. Doolittle oder den Büchern funktioniert: Dort taucht ein Tier auf, das aus zwei Vorderhälften eines Lamas besteht, das Pushmi-Pullyu [Foto]. Eines Tages also dreht sich eine Hälfte des Tieres zur anderen um und sagt:

One of us is an asshole.

Vielleicht ist Kind Nummer Eins mit der neuen Version doch besser bedient.

Wortspiele und kulturelle Anspielungen bei den L4D2-Errungenschaften

Oktober 16, 2009

Wer jetzt schon genug von dem Survival-Shooter Left 4 Dead 2 (L4D2) gehört hat, der wird die kommenden Wochen nicht glücklich werden: Der Hersteller Valve steckt vor der Veröffentlichung Ende November 25 Millionen Dollar in die Werbung. Europa wird dieses Mal verstärkt ins, äh, Visier genommen:

This year’s European plan is also more aggressive than last year’s, with television advertising in all the major markets appearing during sports and lifestyle programming, plus strong outdoor investments in more cities, as well as online and print advertising.

Auf Nachfrage dieses Autors bei Valve bestätigte Doug Lombardi vom Marketing, dass auch in Deutschland Fernsehspots geplant sind. Einige Wochen früher wäre natürlich besser gewesen, denn die Zombies hätten sich bestimmt nahtlos in die Wahlwerbung eingefügt.

Valve hat inzwischen die Liste der Errungenschaften veröffentlicht – Auszeichnungen für besondere Taten, wie das cr0wnd in der ersten Version, das wir besprochen haben. Wie damals sind viele davon Anspielungen und Wortspiele, die vielleicht nicht jedem Germanen sofort geläufig sind. Daher helfen wir aus. Allerdings nur mit den schwierigen: Dass „Midnight Rider“ auf das Lied der Allman Brothers anspielt und „A Spittle Help From My Friends“ auf ein Beatles-Lied, gehört zur Allgemeinbildung.

Zum Verständnis muss man noch wissen, dass L4D2 in den Südstaaten spielt.

RAGIN‘ CAJUN Survive the Swamp Fever campaign.

Die cajuns sind die Nachkommen von Franzosen, die Mitte des 18. Jahrhunderts von den bösen Briten aus Kanada vertrieben wurden. Ihre Kultur prägt bis heute den Süden der USA, insbesondere Louisiana. In Deutschland ist am ehesten die Cajon Cuisine bekannt. Die hier genannten Ragin‘ Cajuns sind die Sportler der University of Louisiana at Lafayette.

WEATHERMAN Survive the Hard Rain campaign.

Weatherman (auch „Weathermen“ genannt, später die „Weather Underground Organization“) war der Name einer radikalen Kommunisten-Gruppe in den späten 60er Jahren, die der Regierung den Krieg erklärte und Bombenanschläge verübte. Verbunden mit ihr sind die Namen des „Drogenpapstes“ Timothy Leary und ihres Mitgründers Bill Ayers.

Ayers müssen wir etwas Platz widmen, denn er spielt in den USA noch eine gewisse Rolle: Während des Wahlkampfs 2008 kamen Gerüchte über eine Verbindung zwischen ihm und dem heutigen Präsidenten Barack Obama auf (Obama hat die Anschläge verurteilt). Ayers soll sein Motto in den 70ern so zusammengefasst haben:

Kill all the rich people. Break up their cars and apartments. Bring the revolution home, kill your parents, that’s where it’s really at.

Heute ist Ayers – übrigens der Sohn eines reichen Vaters, der nicht ermordet wurde – ein Professor an der University of Illinois at Chicago. Er sagt, an den Spruch erinnere er sich gar nicht und überhaupt sei das ein Witz über die Verteilung des Wohlstands gewesen. Die Bombenanschläge bereue er nicht, eigentlich hätte man mehr verüben müssen. Bis heute findet er Bomben „poetisch“. Ayers‘ Aussagen sind von der Meinungsfreiheit nach dem First Amendment geschützt, die Taten selbst verjährt.

Das Manifest von Weatherman trägt den griffigen Namen You Don’t Need a Weatherman to Know Which Way the Wind Blows:

The goal is the destruction of US imperialism and the achievement of a classless world: world communism.

Der Titel ist eine Zeile aus dem Bob-Dylan-Lied „Subterranean Homesick Blues“ (was nun wirklich jeder wissen muss – übrigens gibt es auch ein Dylan-Album namens Hard Rain). Die Gruppe zerfiel im Streit. Inzwischen sind die FBI-Berichte zu Weatherman online verfügbar.

CONFEDERACY OF CRUNCHES Finish a campaign using only melee weapons.

Spielt auf den Roman von John Kennedy Toole A Confederacy of Dunces an, der in New Orleans spielt. Ausgezeichnet 1981 mit dem Pulitzer Prize. Das ist der Preis, den Amerikaner sich gegenseitig verleihen, weil das Nobel-Komitee die Auszeichnung von US-Bürgern inzwischen kategorisch ausschließt.

HEAD HONCHO Decapitate 200 Infected with a melee weapon.

Slang für den Boss. Honcho kommt aus dem Japanischen. Übrigens reden Angelsachsen auch schon mal von the big cheese.

SHOCK JOCK Revive 10 dead Survivors with the defibrillator

Die Bezeichnung für Radiomoderatoren wie Howard Stern, die unter dem Schutz des First Amendment Beleidigungen und Obszönitäten von sich geben. Wir hatten sie in unserem Eintrag über den FCC angesprochen.

THE QUICK AND THE DEAD Revive 10 incapacitated Survivors while under the speed-boosting effects of adrenaline.

Ein Satz aus dem ersten Brief des Petrus (1 Petrus 4,5), der in der King James Bible so lautet:

Who shall give account to him that is ready to judge the quick and the dead.

Der bibelfeste deutsche Leser wird an dieser Stelle stutzen, denn in der Einheitsübersetzung ist niemand schnell, sondern nur lebendig:

Aber sie werden vor dem Rechenschaft ablegen müssen, der schon bereit steht, um die Lebenden und die Toten zu richten.

Tatsächlich hieß im Englischen the quick als Pluralform früher auch „die Lebenden“. Bis heute bedeutet to quicken „zum Leben erwachen“ im Sinne von „sich rühren“. Die Zeile diente als Titel für zahlreiche Filme.

ARMORY OF ONE Deploy an ammo upgrade and have your team use it.

Wie schon besprochen war An Army of One früher der Werbeslogan des US-Heeres.

CRASS MENAGERIE Kill one of each Uncommon Infected.

The Glass Menagerie ist ein Theaterstück des Südstaaten-Autors Tennessee Williams. Williams erhielt zwei Pulitzer, aber keinen Nobelpreis. Natürlich.

ROBBED ZOMBIE Collect 10 vials of Boomer vomit from infected CEDA agents you have killed.

Rob Zombie ist ein US-Musiker und Regisseur, sprich, vom Fach.

Die CEDA agents (von Civil Emergency and Defense Agency) gibt es nicht wirklich, es handelt sich um eine fiktive Regierungsbehörde im L4D-Universum. Wie es sich für eine Bundesagentur gehört, können die Amerikaner sie nicht ausstehen:

Apparently, the population is extremely dissatisfied with CEDA’s safety measures and course of action, as implied by a graffiti in the safe room of the Crash Course campaign, which reads as „CEDA BLOWS“.

(Einschub: Der korrekte Gebrauch von to blow sollte eigentlich in einen eigenen Eintrag, denn wegen des blow jobs gibt es viele, viele Fallen. Siehe Demolition Man:

Sandra Bullock: Let’s go blow this guy.
Sylvester Stallone: Away! Blow this guy away!
Sandra Bullock: Whatever.

Und bei Resident Evil finden wir diesen Dialog nach einer Festnahme:

Eric Mabius: You can’t do this!
Michelle Rodriguez: Blow me.

An dieser Stelle erstmal nur der Rat, das Verb weiträumig zu meiden, wie auch sein enger Verwandter to suck.)

CL0WND Honk the noses of 10 Clowns.

Hier werden unser Freund Bozo und die besagte Errungenschaft cr0wnd aus dem ersten Teil zusammengeführt. Man beachte die Null statt dem „o“ und das Fehlen des „e“. Die Aussprache ist in diesem Fall eindeutig.

FRIED PIPER Using a Molotov, burn a Clown leading at least 10 Common Infected.

Der Pied Piper ist der englische Name des Rattenfängers von Hameln. Das pied bedeutet „zweifarbig oder bunt“.

ACID REFLEX Kill a Spitter before she is able to spit.

Der acid reflux ist der Auslöser des Sodbrennens: Magensäure gelangt in die Speiseröhre.

GONG SHOW Prove you are stronger than Moustachio.

Die Gong Show war eine US-Spiele- und Comedy-Sendung in den 70ern und 80ern , bei der es für die damaligen Verhältnisse im TV wild herging [YouTube]. Das ist die Sängerin Jaye P. Morgan, die sich da zum Entsetzen von NBC entblößt. Das passierte schon mal.

GUARDIN‘ GNOME Rescue Gnome Chompski from the Carnival

Der Name der Auszeichnung ist als Anspielung auf garden gnome (Gartenzwerg) trivial. Aber der Name des Zwergs, „Gnome Chompski“, ist ein Heuler: Das „g“ ist im (heutigen) Englisch bekanntlich stumm, und damit hätten wir Noam Chomsky. Der Halbgott der Sprachwissenschaft ist den meisten Deutschen eher für seine Kritik an Politik, Wirtschaft und Medien der USA bekannt.

Der Witz ist natürlich nicht neu [YouTube]. Chomsky muss sich das nach US-Recht gefallen lassen, weil er eine Person des öffentlichen Lebens ist.

Bei L4D2 kommen zwei Dinge hinzu: To chomp heißt „fest zubeißen“, was während einer Zombie-Apokalypse gut passt. Zudem hat Valve bereits in Half Life 2: Episode 2 eine Zwergenrettung eingebaut.

WING AND A PRAYER Defend yourself at the crashed airliner without taking damage.

With a wing and a prayer bedeutet, eine Aufgabe erledigen zu können, obwohl man in schlechter Verfassung ist. Der Ursprung ist ein patriotisches Lied [YouTube, mit Nose Art] aus dem Zweiten Weltkrieg:

Comin‘ in on a wing and a prayer
Comin‘ in on a wing and a prayer
Though there’s one motor gone
We can still carry on
Comin‘ in on a wing and a prayer

Es wird den interessierten deutschen Leser sicher freuen zu hören, dass der Bomber vorher sein Ziel getroffen hatte. Inzwischen gibt es auch eine Variante mit a wink, die ebenfalls für Wortspiele benutzt wird, aber streng genommen falsch ist.

SOB STORY Navigate the sugar mill and reach the safe room without killing any Witches.

Das „Hexe“ genannte Monster sitzt auf dem Boden (L4D) oder wandert durch die Gegend (L4D2) und heult (to sob). In der Literatur ist eine sob story eine Geschichte über ein persönliches Schicksal, die den Leser zu Tränen rühren soll. Ein anderer Name ist tearjerker. Und ja, SOB ist auch die Abkürzung für son of a bitch, aber nicht hier.

BRIDGE OVER TREBLED SLAUGHTER Cross the bridge finale in less than three minutes.

Die „Bridge over Troubled Water“ ist ein Lied von Simon & Garfunkel, aber das weiß jeder. Das trebled hat hier nichts mit der Tonlage zu tun, sondern bedeutet „aus drei Teilen bestehend“. Mit dem Wort haben auch Angelsachsen schon mal Probleme.

RODE HARD, PUT AWAY WET As the Jockey, ride a Survivor and steer them into a Spitter’s acid patch.

Liebe Kinder: Damit ist ein Pferd gemeint, das nach dem Reiten nicht abgetrocknet wurde. Dann kann arme Tier krank werden. Jetzt geht bitte mit den kleinen Ponys spielen, denn Onkel Scot muss noch etwas mit den Erwachsenen besprechen.

Denn einmal bedeutet das Bild, dass jemand oder etwas ohne ausreichende Ruhe und Pflege hart herangenommen wird. Wer ein anstrengendes Leben hatte, kann so aussehen, auch Frauen.

Und das bringt uns zur anderen Bedeutung, die sich der Leser bei Heft 18 der Staffel 8 von Buffy schon selbst zurecht gelegt haben wird. Dawn, die vorübergehend ein Zentaur ist, hat Xander gerade auf ihrem Rücken vor einem Angriff in Sicherheit gebracht und ist ganz verschwitzt:

Xander: How’re feeling?
Dawn: Like I was ridden hard and put away wet.
Xander: Agh! Dawn, that’s dis[gusting]- — oh, no. It’s just true.

Ob diese sexuelle Anspielung die deutsche Übersetzung überlebt hat, weiß dieser Autor nicht.

GREAT EXPECTORATIONS As the Spitter, hit every Survivor with a single acid patch.

Great Expectations ist ein Roman von Charles Dickens, der zu früh starb, um einen Nobelpreis bekommen zu können (und eh Brite war). Expectoration ist der Auswurf beim Husten.

CACHE AND CARRY Collect 15 gas cans in a single Scavenge round.

Cash and carry ist ein Begriff aus dem Großhandel – der Käufer zahlt bar und nimmt das Zeugs direkt mit. Historisch war es das Unterstützungsprogramm der USA für Frankreich und Großbritannien im Zweiten Weltkrieg, ein Teil der Neutrality Acts.

(Sollte noch ein Eintrag unklar sein, ergänzen wir ihn hier.)

[Ergänzt 19. Okt 2009: Hinweis auf Dylan-LP Hard Rain von HK, vielen Dank]

ZEUGS: Autobahn-Amis, der Wäscheleinen-Kampf und die Whatever-Ideologie

Oktober 13, 2009

Dieser Autor hat – wie zu befürchten war – heute viel zu viel Zeit damit zugebracht, Wärmebilder und Endoskopie-Aufnahmen seines Dachbodens zu betrachten und sich die Eigenheiten von Dampfsperren erklären zu lassen. Entsprechend gibt es heute nur einen kurzen Eintrag.

  • Zu Deutschland in den USA: Das Magazin Wired hat in den vergangenen Wochen hilfreiche Anleitungen für US-Bürger in Deutschland geliefert: Drive on the Autobahn und Navigate Oktoberfest.

    Drive on the left when the right lane is free, and you’ll need the Berlitz Guide to German for Law Enforcement.

    Man beachte den Absatz über die most badass cops, die deutsche Polizei. Ach, und der interessierte Leser HM weist auf das Blog Ich werde ein Berliner hin, das Angelsachsen das Leben in Berlin erklärt.

  • Zum V-Zeichen: Inzwischen haben wir den Video-Beweis [YouTube], dass Valve ganz genau weiß, was die ausgestreckten Finger auf ihrem Plakat für das Spiel Left 4 Dead 2 in Großbritannien bedeuten. Bei der E3-Spielemesse diskutieren die Moderatoren mit Doug Lombardi von der Marketingabteilung von Valve über die Geste:

    Moderator: As long as it’s TV-safe.
    Lombardi: In the US.

    Es ist schmerzhaft offensichtlich, dass der Moderator entweder keine Ahnung hat, wovon Lombardi da redet, oder ihm schlicht nicht zuhört.

  • Zu Fluoriden im Trinkwasser: Das Magazin Slate hat eine lange Serie über den Stand Zahnmedizin in den USA veröffentlicht, geschrieben von einem Briten. Dieser Autor ergreift feige die Gelegenheit, das folgende Zitat daraus wiederzugeben:

    Many Americans believe they live in a classless society, but this conviction is tested by the sight of a mouth packed with mangled or missing teeth. It’s visual code for hillbilly.

    Feige deswegen, weil er seit Monaten einen höflichen Weg sucht um einen Unterschied zwischen Amerikanern und Europäern zu erklären: Gesunde, weiße Zähne sind in den USA ein Zeichen für ein Minimum an persönlicher Hygiene. Entsprechend schockiert sind Amerikaner über Europäer (und insbesondere europäische Politiker) deren Zähne verfärbt oder schief sind: Das wirkt in etwa so, als würden sie mit einer Rotzfahne auf der Oberlippe herumlaufen. Da, jetzt haben wir es gesagt. Noch deutlicher ist man natürlich im Internet (umformatiert und bereinigt):

    What’s up with European’s teeth, notably British and French citizen’s teeth? I was watching television and damn, they look like they just ate dirty rocks. And I’m talking about wealthy affluent people, not impoverished citizens. Do they not have dentists? I would see European models on television who were beautiful, but when they smiled, Jack O‘ Lantern city.

    Man bemerke wie sich die amerikanischen Teilnehmer in den Kommentaren diesen Unterschied erklären: Die Krankenversicherungen in Europa deckten offenbar nicht so viel ab wie die amerikanischen, sprich, die Gesundheitssysteme in Europa sind offensichtlich schlechter als in den USA. Und dann berichtet noch jemand, dass seine Mutter aus Deutschland kommt – Westdeutschland, betont er – wo sie als Kind noch nicht einmal Zahnbürsten gehabt hätten. So entstehen Gerüchte, diesseits wie jenseits des Atlantiks, die dann arme Blogger mühsam aus der Welt schaffen müssen. Sniff.

  • Zu Halloween, wenn wir schon von Jack O’Lanterns reden: Bei der Site Think Geek kann man Jedi-Roben kaufen. Allerdings mit einem wichtigen Zusatz zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen: Deluxe Jedi Robes bought in October are non-returnable. Kaufe oder kaufe nicht [JPG], es gibt keine Rückgabe!
  • Zu Energieverbrauch und starke Kommunen: In Teilen der USA (und Kanadas) kämpfen Umweltschützer für das Recht auf, man halte sich fest, Wäscheleinen. Einige Städte, Kommunen und Wohnsiedlungen verbieten es, die Wäsche draußen aufzuhängen, weil es angeblich den Häuserwert vermindert: Wenn die Unterhosen im Wind flattern, so die Überlegung, muss es eine Armensiedlung sein. Immer mehr Bundesstaaten verankern das Recht auf die Leine jetzt im Landesrecht:

    Utah, Florida, Colorado, Hawaii, Maine and Vermont have all drawn a line in the sand and restored the resident’s right to act in an environmentally conscious way by drying laundry on a clothesline. Maryland, North Carolina, Oregon and Virginia have similar bills pending.

    Das wäre doch mal eine Verfassungsänderung.

  • Zu whatever: Aus dem Wort ist inzwischen so etwas wie eine politische Leitlinie geworden, berichtet der Economist:

    We are all equal Americans, gay, straight or whatever.

    Das wäre doch mal ein Motto. Der interessierte Leser DKS weist zudem darauf hin, dass whatever inzwischen als das nervigste Wort der englischen Sprache gilt. Dieser Autor würde für Deutschland im Moment „Bauteilöffnung“ vorschlagen …

Warum US-Kinozuschauer bei Horrorfilmen in einer hohen Tonlage kreischen

Oktober 8, 2009

Ein Nachtrag zum Fantasy Filmfest: Dieser Autor hat über die Jahre bemerkt, dass der Frauenanteil dort immer weiter steigt. Vielleicht ist das eine Folge des Kulturimperialismus, denn in den USA gehen mehr Frauen in Horrorfilme als Männer.

Name any recent horror hit and odds are that female moviegoers bought more tickets than men. And we’re not just talking about psychological spookfests like 2002’s The Ring (60 percent female), 2004’s The Grudge (65 percent female), and 2005’s The Exorcism of Emily Rose (51 percent female).

Denn auch die von uns erwähnten torture porn-Filme – wie Saw – oder die Neuauflage des Texas Chainsaw Massacre werden eher von Frauen besucht. Vor dem Start des Horror-Online-Videodienstes FEARnet ergab die Marktforschung zur Überraschung der Gründer eine weibliche Neigung zur Blutrunst:

„When we launched the network, we went out and did focus groups and it was the women in the room who really wanted a horror channel more than the guys did,“ says FEARnet president Diane Robina. „I actually thought that the women would be less into the Saw films, but they were much more into them.“

(Der interessierte Leser in Deutschland braucht sich keine Hoffnungen zu machen: FEARnet hat zwar jede Menge Angebote umsonst, aber der Versuch, sie aus Europa abzurufen, endet mit dem berüchtigten Satz The video you are trying to watch cannot be viewed from your current country or location. Wo kämen wir da auch hin.)

Das „warum“ liegt außerhalb unseres Themenbereichs, daher nur kurz: Die Erklärungen sprechen unweigerlich die Funktion des empowerment an, sprich, dass Frauen demonstrativ Macht erhalten. Eine der, äh, Mütter des Empowerments ist, wie der interessierte Leser dieses Blogs inzwischen ad nauseam erklärt bekommen hat, natürlich Buffy the Vampire Slayer. Daher gibt es zu der Serie eine schier endlose Menge wissenschaftlicher Analysen über die Rolle der Frau und ihrer Beziehung zu Macht und Gewalt (und Sex).

Die Produzentin des Horrorfilms Orphan Susan Downey fasst die Diskussion so zusammen:

[W]hen we put a woman through this mythological journey and have her come out at the end kicking ass, the guys get the eye candy they want and the girls get the sense of „I can face my demon.“

Dieser Autor wusste schon immer, dass Alien pädagogisch wertvoll ist und Afghanistan mehr Horrorfilme braucht.

Die amerikanische Filmindustrie hat nach ihrem ersten Schock über diese Erkenntnis so reagiert, wie man es von einem seelenlosen Haufen geldgieriger Kapitalisten erwartet: Horrorfilme aus den USA – auch die „härteren“ wie Saw – sind heute immer mehr auf Frauen zugeschnitten.

Das sieht man schon an der Zahl der Hauptdarstellerinnen – eigentlich ist es schwierig, einen Horrorfilm mit einer männlichen Hauptrolle zu finden. Dagegen werden weniger frauenverträgliche Filme wie Deadgirl nicht von großen Studios aufgegriffen und müssen sich als Independent-Produktionen durchschlagen.

[Fußnote: Deadgirl bietet ein gutes Beispiel für unseren Hinweis, dass Filme in den USA in mehreren Versionen veröffentlicht werden: Eine rated version, geschnitten, um eine Altersfreigabe für die Kinos zu erhalten, die dann auch auf DVD erscheint; und eine unrated version nur für DVD, die ungeschnitten ist. Bei Deadgirl sind beide Versionen gleich lang, weil alternative Szenen gleich mitgedreht wurden.]

Auch die Werbung wird bei amerikanischen Horrorfilmen inzwischen mehr auf Frauen ausgerichtet. In den vergangenen Wochen lieferte Jennifer’s Body dazu eine Art Gegenprobe: Von Fachkritikern gelobt, blieben die Einspielergebnisse trotzdem unter den Erwartungen. Kein Wunder, denn das Marketing konzentrierte sich auf die körperlichen Vorzüge der Nebenfigur (!) Megan Fox [JPG] und wandte sich damit an heterosexuelle junge Männer. Damit gingen die Anzeigen an der wichtigsten Zielgruppe vorbei.

Entsprechend gepisst wütend zeigt sich Regisseurin Karyn Kusama in einem MTV-Interview:

I don’t know if selling the film as a straight horror film and selling it primarily to boys is really going to do any of us any favors […] [I]t makes me extremely, extremely frustrated to imagine that I have been working on this movie for nearly two years now and have committed this much time and energy […] because I felt like if I were nineteen again, I would know someone was speaking to me and gave a [shit] about my existence in the pop cultural landscape.

[Noch eine Fußnote: Kusamas erster Satz ist ein wunderbares Beispiel für die Art, wie Angelsachsen Dinge indirekt sagen. Wörtlich übersetzt würde der Anfang etwa so lauten: „Ich bin mir nicht sicher, ob wir uns wirklich einen Gefallen damit tun, diesen Film …“ Gemeint ist aber, wie man an ihren weiteren Aussagen sieht: „Es war eine absolut beschissene Idee, diesen Film …“ Die Marketingfirma wird verstanden haben, was sie meint.]

Männliche Filmfans müssen sich damit abfinden, dass dieser Trend weitergehen wird und sich sogar verstärken dürfte, denn die Firmen berichten davon, dass Frauen loyale Zuschauer sind: Während Männer ab einem bestimmten Alter weniger Horror-Filme gucken, bricht die Kurve bei den Frauen offenbar nicht ein. Sie gehen dann halt mit ihren Freundinnen ins Kino.

Wo sind die Männer? Vielleicht online bei Spielen wie Left 4 Dead, würde dieser Autor vermuten, wo sie noch ungestört männliche Verhaltensweisen ausleben können.

Das nächste komische Maß: Cord beim Holz

Oktober 4, 2009

Winter kommt, und daher macht man sich im Hause Stevenson mal wieder Gedanken über den Holzvorrat. Da das Leben im Winter meist in den zusammenhängenden Wohn- und Esszimmern stattfindet, höchstens noch in der angrenzenden Küche, hat es sich bewährt, die Heizung auf ein Minimum zu drosseln und tagsüber den Kamin zu befeuern.

Dieser Autor würde gerne zu den Leuten gehören, die ihr Holz selbst schlagen, kleinsägen, spalten und lagern, schon weil er Kettensägen cool findet und schon immer eine Holzmiete bauen wollte. Aber das erfordert Zeit, die schlicht nicht vorhanden ist, und mehr Lagerfläche als am Hexenhaus bereitsteht. Daher wird einmal im Jahr eine größere Menge bestellt.

Was gar nicht so einfach ist.

Holz ist unpraktisch zu messen. Ausführliche Fachgespräche mit dem Kaminbauer und dem Schornsteinfeger (der übrigens in den USA genauso wie in Deutschland Glück bringen soll) haben ergeben, dass fünf Scheite die beste Ladung ist, um alles einmal richtig warm und optimal verheizt zu bekommen. Jetzt könnte man hochrechnen, wie viele Scheite man für die kalte Zeit braucht. Allerdings liefert niemand Scheite nach Menge – „wir hätten gerne 1.000 Stück zu 33 Zentimeter“ geht nicht.

Stattdessen gibt es in Deutschland „Raummeter“, wenn das Zeug ordentlich gestapelt ist, und „Schüttraummeter“ wenn es auf einen Haufen gekippt wird. Ein Raummeter sind etwa 1,4 Schüttraummeter, mit sehr großen Schwankungen.

Schlimm genug. Aber bekanntlich gibt es kein Maß, das die Angelsachsen nicht noch komplizierter machen könnten.

Die zentrale Einheit für Holz in Nordamerika ist ein (full) cordein Stapel [JPG] von vier mal vier mal acht Fuß, sprich, 128 Kubikfuß. Das sind 3,6 Raummeter. Der Name kommt aus dem 17. Jahrhundert, als Holz mit einer Kordel gemessen wurde.

(Es gibt tatsächlich eine Einheit, die einem Kubikmeter entspricht: den stère, in Deutschland als Ster bekannt. Benutzt keine Sau.)

Vier Fuß sind 1,2 Meter, was selbst in Texas nicht in die meisten Kamine passt. Gängiger sind Scheite von 16 Zoll (41 cm), was, wie der interessierte Leser natürlich sofort erkennen wird, ein Drittel von vier Fuß sind. Daher findet man Angebote von einem Drittel eines Cords, das oft als ein face cord bezeichnet wird.

Warum nur „oft“? Weil alles, was nicht full cord heißt, nicht genau definiert ist. Es gibt eine ganze Reihe von inoffiziellen Einheiten, von denen man als Käufer die Finger lassen sollte. Die kanadische Regierung warnt unter anderem vor diesen Angaben:

apartment cord
furnace cord
short cord
bush cord
tossed cord
single cord
processed cord
stove cord

Auch rick und rack sind verdächtig. Selbst wenn man ein Full Cord kauft, ist Vorsicht geboten:

In the [Great] Lake States, for example, a cord length of 100 inches is used instead of 8 feet. In this case, the volume of wood in a cord is 4 feet × 4 feet × 8.33 feet = 133.3 cubic feet.

Denn „definiert“ heißt in den USA natürlich nur, dass jeder Staat ein Maß festgelegt und seine eigenen Vorschriften hat. Im Bundesstaat Washington ist es zum Beispiel nicht zulässig, in der Werbung von einem face cord oder einem rack zu sprechen. Auch in Maryland darf man das nicht. Meist entspricht der Cord aber wie oben beschrieben 3,6 Raummeter.

Wie man sich vorstellen kann, variieren Holzpreise in den USA enorm. Schaut man sich in Foren um, findet man alles von 305 Dollar je Cord (etwa 58 Euro je Raummeter) in New Mexico, wo es vergleichsweise wenig Wald gibt, bis 650 Dollar für zehn Cord Eiche (zwölf Euro je Raummeter) in Michigan.

Allerdings sieht man hier, wie schwierig der direkte Vergleich selbst innerhalb des Landes ist: Die Eiche ist noch ungespalten und kommt nicht in Längen von vier Fuß, sondern im äußerst handlichen Maß von acht Fuß – 2,4 Meter. Bei 36 Raummeter von dem Zeug hat jemand noch viel Arbeit vor sich.

So selbst ist dieser Mann dann doch nicht.

ZEUGS: Dr Pepper, Polanski und Patriotismus

Oktober 1, 2009

Freudige Kunde von der Frontlinie des Kulturimperialismus: Der Getränkehandel im Dorf berichtet über einen stetigen Absatz von Dr Pepper. Wir erinnern uns, das ist das amerikanische Getränk, mit dem der deutsche Vertreiber Schweppes offenbar ein Marketing-Experiment durchführt: Wie schnell steigen die Verkaufszahlen eines Produkts, wenn man keinerlei Werbung dafür macht und es allgemein so behandelt wie Aschenputtel?

Mit dieser Strategie kann dieser Autor gut leben – bitte, wenn die Leute kein Geld verdienen wollen. Aber es wäre schön, wenn man endlich auch in Deutschland etwas größeres als eine 0,5-Liter Flasche bekommen könnte. Bitte bitte?

  • Zur Grobstruktur: In diesen Tagen sieht man wieder, warum der wichtigste Text dieses Blogs vom allgemeinen Aufbau der USA handelt. Der mutmaßliche Kinderschänder Roman Polanski soll nach Kalifornien ausgeliefert werden, und was will Polen tun? Präsident Barack Obama um eine Begnadigung bitten. Dieser von der europäischen Presse kritiklos übernommene Satz treibt nicht nur diesen Autor zur Verzweiflung, sondern auch den Juristen Andrew Hammel von German Joys:

    Europeans, please listen very carefully: The President cannot pardon or grant clemency to Polanski, because Polanski was convicted under state law, not federal law. Please get this into your heads, European journalists: American federalism is a thousand times more federalist than in any European country.

    Da Kalifornien wie alle Bundesstaaten ein eigenes, vom Bund getrenntes Justizsystem hat, ist Obama machtlos. Für ein Gnadengesuch kommt nur Gouverneur Arnold Schwarzenegger in Frage, was nach kalifornischem Recht allerdings nicht so einfach ist. Ob wenigstens die polnischen Medien auf diesen Zusammenhang hingewiesen haben, weiß dieser Autor leider nicht.

  • Zur Grobstruktur, nochmal: Ein schönes Beispiel für die Eigenständigkeit der Bundesstaaten ist die Frage, ob Radarwarngeräte „in den USA“ legal sind. Schauen wir uns die Tabelle in der Wikipedia an, so finden wir: In Deutschland verboten, in Großbritannien erlaubt, in der Schweiz verboten, etc. pp, bis wir beim Eintrag zu den USA wieder den berühmten Satz finden: law varies from state to state. Was sonst.
  • Zur Meinungsfreiheit: Diese Woche findet in den USA die Banned Books Week statt, in der die amerikanischen Bibliotheken und Buchläden zum Kampf gegen Verbote und Verbotsversuche aufrufen. Wir erinnern uns: Zensur findet wenn überhaupt nur auf kommunaler Ebene statt. Entsprechend kann man eine Karte auf Google Maps von den Orten erstellen, wo Druck ausgeübt wurde, bestimmte Dinge aus den Regalen zu nehmen. Eine solche Karte wäre in Deutschland natürlich eher sinnlos, weil eine Indizierung gleich bundesweit gilt.
  • Zur Religionsfreiheit: Das Oberste Gericht befasst sich mit einer typisch amerikanischen Frage zur Religion: Darf auf Bundesland in der Mojave-Wüste ein Ehrenmal für die Toten des Ersten Weltkriegs in Form eines Kreuzes stehen? Schließlich verbietet die Verfassung die Bevorzugung einer Religion. Der Streit wurde von einem Katholiken losgetreten, ausgerechnet:

    „The cross is important to me because it is the indispensable symbol of the death and resurrection of Jesus Christ,“ [Frank] Buono said in an interview. „But it isn’t right that the symbol of my religion, or any religion, be permanently affixed to federal land.“

    Die Buddhisten sind gepisst, weil sie dagegen dort keinen Schrein bauen durften, die Veteranenverbände der Juden und Muslime sind auch nicht glücklich und die Bürgerrechtsgruppe ACLU ist schon aus Prinzip dagegen. Die Gegenseite hat eine Website aufgestellt und druckt T-Shirts. Ein Urteil wird am 7. Oktober erwartet.

  • Zu Patriotismus: Ein gängiges Vorurteil in Deutschland lautet, dass Amerikaner mutterlandsverliebte Hyperpatrioten sind. Gar nicht wahr, berichtet The Economist: Die USA liegen beim Nationalstolz hinter Australien, Kanada, Finnland, Österreich (ja, das Österreich), Singapur, Indien, China, Frankreich, Spanien und Chile. Dass die Australier sich für etwas Besseres halten (ironischerweise auch beim Thema Patriotismus) und die Kanadier schon immer unausstehlich arrogante Bastarde waren, ist bekannt, zumindest unter Angelsachsen. Aber dass die Amerikaner beim Nationalstolz gleich so weit hinter ihren Geschwistervölkern liegen, wundert auch den Economist etwas:

    Americans, normally a patriotic and positive bunch, are perhaps being affected by the recession.

    Oder die Befragung fand außerhalb der Football-Saison statt, wenn niemand in Amerika gut drauf ist. Deutschland folgt übrigens zwei Plätze hinter den USA (und damit vor Großbritannien). Zumindest relativ gesehen sind die Amerikaner damit tatsächlich patriotischer als die Deutschen.

  • Zu pwnd: Wir müssen nicht auf Leet-Speak zurückgreifen, um Wörter ohne Vokale zu finden. Das gibt im Englischen auch so, zum Beispiel cwm – ausgesprochen etwa wie „kuhm“ – eine besondere Tal-Form. Das Wort stammt aus dem Walisischen. Bekanntlich ist Wales seit 1283 von den Engländern besetzt, da färbt schon mal etwas ab.
  • Zu Korrelation und Wahlkampfspenden: Der interessierte Leser MP weist auf das deutsche Mierscheid-Gesetz [PDF] hin, das wir in diesem Zusammenhang tatsächlich hätten erwähnen sollen:

    Der Stimmenanteil der SPD richtet sich nach dem Index der deutschen Rohstahlproduktion der alten Länder – gemessen in Millionen Tonnen – im jeweiligen Jahr der Bundestagswahl.

    Offenbar ist, äh, 2009 nicht das beste Jahr für Stahl. Für unsere interessierten nicht-deutschen Leser: Jakob Maria Mierscheid ist ein berühmter Bundestagsabgeordneter. Etwas faul, eher pressescheu, aber berühmt, unter Journalisten sogar berüchtigt.

[Korrigiert 19. Oktober 2009: Richtige Aussprache von „cwm“. Zuerst gesehen von BK, vielen Dank]