Chunkey statt Fußball: Die Supersportart des Jahres 1114

Juli 14, 2014

Der Anstand gebietet, dass dieser Autor die deutschen interessierten Leser zur Weltmeisterschaft im Fußball gratuliert. Allerdings müssen wir dabei festhalten, dass der Sieg nicht nur für Deutschland, sondern langfristig auch für die USA eine gute Sache ist: Da die amerikanische Nationalmannschaft bekanntlich die abgelegten deutschen Trainer bekommt, können sich die USA schon mal auf Joachim Löw freuen. Im Prinzip ist das wie bei der Mondlandung, nur mit weniger Russen.

Wie auch immer — es trifft sich gut, dass io9 gerade heute ein längeres Stück über eine Sportart veröffentlicht hat, die vor 900 Jahren in Nordamerika der Straßenfeger war: Chunkey, das mit einem Puck (auf Englisch häufig discoidal genannt) und einem Speer gespielt wurde.

Das große Zentrum dieser Sportart scheint Cahokia gewesen zu sein, eine Stadt mit damals bis zu 40.000 Menschen, heute im Bundesstaat Illinois gelegen. Wir sind dem Ort bereits begegnet, als wir über die Seuchenwellen nach der Entdeckung Amerikas gesprochen haben und wie der Spanier Hernando de Soto einige der wenigen Berichte aus der Zeit vor dem Untergang der Mississippi-Kultur lieferte.

Der rekonstruierte Stadtplan von Cahokia [JPG] weist dabei ein rechteckiges Feld auf dem zentralen Platz zwischen den Pyramiden auf. Chunkey wurde paarweise gespielt: Ein Spieler warf die Scheibe, so dass sie auf ihrer Seite wegrollte, während der zweite dann versuchte, seinen Speer so zu werfen, dass beide so nah wie möglich aneinander zur Ruhe kamen.

(Offenbar gab es verschiedene Varianten der Regeln, je nach Stamm. Thomas Zych von der University of Wisconsin-Milwaukee berichtet von den Choctaw of Mississippi, bei denen beide Spieler Speere warfen:

Both players then simultaneously ran forward several yards and threw their poles after the rolling stone with the goal of having their pole and the stone stop next to one another.

Auch beim Punktesystem scheint es mehrere Versionen gegeben zu haben.)

Die Geschichtsforscher wollen herausgefunden haben, dass bei diesen Spielen viel gewettet wurde – Zych verweist auf Indianer, die sich selbst so in die Sklaverei trieben. Die Begeisterung über Chunkey führte wohl auch mit dazu, dass sich Ruhm und Einfluss von Cahokia mehrten:

One of the primary vehicles for the growth of this new civilization may have been Cahokian envoys who carried chunkey stones in one hand and war clubs in the other as they ventured into the hinterlands with the purpose of making peace or political alliances.

Chunkey wurde über Hunderte von Jahren gespielt und auch einige Zeit nach dem Untergang der Mississippi-Kultur um etwa 1500 n.Chr. Die Sportart hat den Vorteil, dass die verwendeten Scheiben die Zeit gut überdauern und die Forscher damit einschätzen können, bis wohin die Begeisterung reichte.

Was uns zur Frage bringt, was in 900 Jahren noch vom Fußball überdauert haben wird. Eins ist sicher: Die Bälle können zerfallen, die Tore mögen rosten — aber es werden Doktorarbeiten geschrieben werden über einen rabiaten monotheistischen Kult in Mitteleuropa, bei dem sich alles um die Tante Käthe drehte.


META: Index ergänzt (doch schon)

Juli 3, 2014

Nach nur fast zwei Jahren haben wir wieder einen aktuellen Index auf der linken Seite. Man will ja nichts überstürzen.


Happy Tau Day oder warum das amerikanische Datumsformat lustig sein kann

Juni 28, 2014

Heute ist der 28. Juni 2014, ein Tag, an dem jedes Jahr die Zahl Tau gefeiert wird, die vielleicht wichtigste Zahl der Mathematik. Sie ergibt sich, wenn man den Umfang eines Kreises durch den Radius teil:

6,283185307179586…

(An dieser Stelle werden einige interessierter Leser stutzen und sagen, Moment, war das nicht Umfang zu Durchmesser, genannt Pi? Diese armen Leute sind noch Opfer der Propaganda des mathematisch-industriellen Komplexes, der seine weltumspannende Macht dazu missbraucht, Bildungspolitiker bis in die höchsten Ebenen des Staates zu manipulieren und wehrlose Schulkinder mit ihrem (Hust) irrationalen Glauben zu quälen. Tau ist die bessere Kreiszahl, wie das Tau Manifesto lehrt.)

Wie kommt man auf den 28. Juni? Bekanntlich haben die Amerikaner die Neigung, beim Datum den Monat voranzustellen, also 6/28/2014 statt 28.6.2014. Wer sich in beiden Kulturen bewegt, kann von Glück sagen, wenn er am — sagen wir Mal – 31. Januar Geburtstag hat, denn da gibt es wenigstens wenig Verwechslungsgefahr. Wer dagegen am 6. Oktober geboren wurde, muss ständig aufpassen. Dieser Autor geht davon aus, dass die NSA eine ganze Abteilung damit beschäftigt, solche Dreher abzufangen.

Tau Day zeigt uns, warum das Format wenigstens ein Gutes hat: Man kann damit Jahrestage etwas leichter definieren. 6,28318… wird zu 6/28, und Pi Day Half Tau Day — 3,14159… — zu 3/14, also zum 14. März. Theoretisch könnte man natürlich auch den 6. Februar zum Tau Day und den 3. Januar zum Half Tau Day erklären. Aber mit drei Stellen ist das Ganze etwas prägnanter.

Jetzt muss man sich nur noch fragen, was der wichtigere Feiertag ist, Tau Day oder Star Wars Day am 4. Mai, an dem alle sagen: May the Fourth be with you.


ZEUGS: Warum Amerikaner nie die Fußball-WM gewinnen

Juni 16, 2014

Alle vier Jahre wieder stellt sich die gleiche Frage: Warum schneidet ein Land mit mehr als 300 Millionen Einwohnern, die alle irgendwann in ihrer Kindheit mit Fußball soccer in Berührung gekommen sind, so schlecht bei der Weltmeisterschaft ab? Die New York Times weiß die Antwort: Amerikaner sind einfach zu ehrlich für diese Schummel-Sportart.

  • Zu Fußball in den USA: In einem Bericht weist die ehrenwerte Zeitung nämlich darauf hin, dass amerikanische Feldspieler völlig versagen, wenn es um Schwalben (dives) geht. In ihrer Heimatliga trauen sie sich das nicht:

    The tendency of American soccer players to eschew diving, Martino said, is directly related to the fact that diving is one of the things that soccer critics in the United States rail against so passionately.

    Etwas direkter formuliert: Die US-Fußballspieler wollen nicht die Vorurteile — wenn es denn welche sind — der Amerikaner gegen ihre Sportart bestätigen, dass nämlich soccer players sich ständig winselnd auf den Boden werfen, während Football- und Eishockeyspieler selbst nach dem härtesten hit aufstehen, schon aus Prinzip. — Dieser Autor würde allerdings vermuten, dass noch etwas dazu kommt: Fast alle Sportarten in den USA haben eine Form des Videobeweises. Sprich, wer schummelt, wird (meist) entlarvt. Unterdessen reden alle im Umfeld dieses Autors davon, dass eine Art Rasierschaum-Spray ein technischer Durchbruch sein soll.

  • Zum Race Across America (RAAM), während wir bei Sportarten für echte Männer und diesmal insbesondere echte Frauen sind: Der „Spiegel“ klaut wieder Themen aus diesem Blog und interviewt ein deutsches Rad-Frauenteam. Eins stellen sie zu Glück ganz zu Anfang klar: Den Titel „härtestes Radrennen der Welt“. Und die Sache mit Kansas stimmt auch.
  • Zu Schulleistungen und etwas anderem, in dem Amerikaner nicht gut sind: Mathe. Selbst die Kinder gebildeter Eltern in den USA liegen beim Rechnen hinter den Blagen anderer Staaten. Experten sehen als Teil des Problems, dass sich Amerikaner nicht mit Ausländern messen, sondern eher darüber diskutieren, ob Schwarze besser sind als Asiaten, reiche Weiße besser als arme Weiße, etc.

    „There is a denial phenomenon,“ says Prof [Paul] Peterson. He said the tendency to make internal comparisons between different groups within the US had shielded the country from recognising how much they are being overtaken by international rivals.

    Amerikaner sind nach den Erfahrungen dieses Autors erstaunt zu hören, was für ein Ruck durch Deutschland ging, als die Pisa-Studien hierzulande gewisse Versäumnisse offenlegten.

  • Zum Vertrauen in die Menschheit und wie man es wiedererlangt: In den USA gibt es mehr Museen als Starbucks- und McDonald’s-Filialen zusammengenommen.

    There are roughly 11,000 Starbucks locations in the United States, and about 14,000 McDonald’s restaurants. But combined, the two chains don’t come close to the number of museums in the U.S., which stands at a whopping 35,000.

    Mehr als doppelt so viele sogar. Vielleicht ist es allerdings gut, dass da die Besucherzahlen nicht aufgeführt sind.

  • Zur Geburtenrate: Diese hat sich nach dem Ende der Rezession nicht so erholt wie von Demographen erwartet. Ein zentraler Faktor: Die Hispanics bekommen immer weniger Kinder.

    [T]he number of children per Hispanic-American woman has plummeted from just under three in 1990 and 2.7 as recently as 2008 to 2.19 in 2012, just above the replacement rate.

    Anders formuliert, unser Eintrag von damals gilt nicht mehr wirklich. Das passiert, wenn man acht Jahre lang ein Blog führt, das eigentlich nur für vier oder so ausgelegt war.

  • Zur Einwanderung, während wir bei Hispanics sind: Inzwischen werden Frauen und Kinder allein illegal über die Grenze geschickt. Da Texas sie nach eigener Darstellung nicht mehr aufnehmen kann, werden sie in Busse gesetzt und nach Phoenix, Arizona gefahren. Dort setzt man sie am Straßenrand aus.

    Since Memorial Day weekend, about 1,000 women and children have been flown to Tucson from Texas, then driven by bus to Phoenix and dumped unceremoniously, weary and hungry, left to find their families scattered around the nation.

    Die Politiker geben sich alle gegenseitig die Schuld, natürlich. In der Zwischenzeit haben sich Gruppen von Freiwilligen gebildet, um zu helfen.

  • Zur Raumfahrt: Eine Überraschung, die wir vor zwei Jahren verpasst haben: Sally Ride, die erste Amerikanerin im Weltraum, war eine Lesbe.

    She continued to study physics at Stanford, earning her Masters and eventually her PhD in the subject. Around this time, she began her first same-sex relationship. Even in times of reform, homosexuality was extremely taboo, and it was simply something never discussed with others.

    Das Thema ist jetzt nochmal durch die amerikanischen Medien gegangen, weil Lynn Sherr eine neue Biographie veröffentlicht hat.

  • Zu Igeln, die wir wohl bislang in diesem Blog zu Unrecht vernachlässigt haben: Die BBC berichtet darüber, wie die kleinen Stachelbiester in den USA immer häufiger als Haustiere gehalten werden. Die Schönste Germanin hat immerhin hier einen im Garten gefunden.
  • Zur Berichterstattung über die USA: Andrew Hammel vom Blog „German Joys“ hat die atemlosen, sensationslüsternen Darstellungen in der deutschen Presse satt. Er dreht den Spieß jetzt um und schreibt Berichte über Deutschland auf Englisch, so wie die deutsche Presse auf Deutsch seiner Meinung nach über die USA berichtet.

    Jürgen S. is a rapist. Over the years, the obese, malodorous 59-year-old electrician from Dortmund has committed violent sex crimes against defenseless children. Yet in December 2010, the German authorities decided to completely stop monitoring him in the community after his last prison stint, trusting the repeat child-rapist to control his urges alone.

    Hammel selbst hat offenbar schlechte Erfahrungen mit Journalisten.


G wie Geldeinheit

Mai 27, 2014

Die Schönste Germanin ist dem Castle-Fieber verfallen. Nun ist dieser Autor eigentlich nicht für Krimis zu haben, schon allein wegen des fast völligen Fehlens von Zombies, Raumschiffen und psychopathischen KIs. Allerdings spielt Nathan Fillion die Hauptrolle, weswegen er sich einreden kann, sehr, sehr seltsame Folgen von Firefly zu gucken.

Wie auch immer – in einer Episode (deren Name sich dieser Autor leider nicht gemerkt hat) ging es um eine Geldzahlung in Höhe von twenty thousand G. Die Einheit mag etwas seltsam klingen – mehr nach Raumschiff und Beschleunigung und Blättern im Wind. Tatsächlich aber ist es die Abkürzung für grand – ein Slang-Begriff für eintausend Dollar.

Und damit hätten wir noch einen Grund, warum das metrische System solche Probleme in den USA hat – wer braucht schon Ks, wenn er Gs hat?


ZEUGS: AIDS unter Schwarzen, der Tod der jüdischen Kultur und dicke Europäer

Mai 11, 2014

  • Zu USA Erklärt, nordkoreanische Ausgabe: Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA hat beleuchtet das Leben in den USA. Die Zusammenfassung lautet:

    The U.S. is a living hell as elementary rights to existence are ruthlessly violated.

    Präsident Barack Obama kommt auch nicht wirklich gut weg.

  • Zu HIV in den USA: Während die Infektionsraten in Amerika zurückgehen, gibt es eine Ausnahme: junge schwarze Schwule.

    Despite comprising only 13 percent of the U.S. population — only 9 percent in Los Angeles — African-Americans account for 44 percent of new HIV infection nationwide.

    Der Bericht der LA Times geht auf mögliche Faktoren ein – schlechtere Bildung, Misstrauen gegenüber den Behörden, eine sehr in-sich geschlossene Gruppe, Vorbehalte gegen offene Diskussionen über die Krankheit und Vorurteile unter Schwarzen gegenüber Homosexuellen allgemein.

    „In the black community, we have a strange value,“ Jordan says. „It is easier for a mother to accept the fact that her son is in jail for killing two people than that he’s homosexual.“

    Die Zeitung zitiert eine Umfrage von General Social von vor sechs Jahren, der zufolge 72 Prozent der schwarzen Amerikaner Homosexualität „für immer falsch“ (always wrong) halten – eine Quote, die sich seit den 70er Jahren nicht verändert habe.

  • Zur Halbwertszeit von Skandalen: Junge Amerikaner interessieren sich offenbar gar nicht für Monica Lewinsky. Also, so überhaupt nicht. Wichtig, sollte Hillary Clinton tatsächlich 2016 nach der Präsidentschaft greifen.
  • Zu Hispanics in den USA, während wir bei Studien sind: Das Pew Institut hat eine großangelegte Untersuchung von Latinos in den USA vorgelegt. Unter anderem nimmt der Anteil an Katholiken immer weiter ab.

    [T]hese trends suggest that some religious polarization is taking place in the Hispanic community, with the shrinking majority of Hispanic Catholics holding the middle ground between two growing groups (evangelical Protestants and the unaffiliated) that are at opposite ends of the U.S. religious spectrum.

    Die evangelikalen Hispanics neigen deutlich stärker dazu, sich als Republikaner zu bezeichnen.

  • Zu Fernsehen in den USA: Was man immer schon irgendwie vermutet hat: Der durchschnittliche Amerikaner kann zwar 189 Kabelsender empfangen, guckt aber nur 17 davon. Nicht vergessen, die große Mehrheit der US-Bürger hat Kabelanschluss.
  • Zu Juden in den USA: Das Magazin Mosaic erklärt in einem langen und umfangreichen Essay die jüdische Kultur in den USA für tot. Nicht einmal in New York habe sie sich halten können, schreibt der Geschichtsprofessor James Loeffler von der Georgetown University:

    If the cause of Jewish culture cannot sustain a modest physical presence in New York City, the symbolic center of American Jewish life, then it would seem to have exhausted its raison d’être. Indeed, the time may have come to acknowledge the truth: the project of Jewish culture is dead.

    Der Text geht ausführlich auf die Geschichte der jüdischen Kultur in Europa und den USA ein.

  • Zu dicken Amerikanern: Wie erwartet holen die Europäer schnell auf.

    In almost all countries the proportion of overweight and obesity in males was projected to increase between 2010 and 2030 – to reach 75% in UK, 80% in Czech Republic, Spain and Poland, and 90% in Ireland, the highest level calculated.

    Die Reaktion auf Slashdot: Welcome to the club, Euro friends.


Wenn Englisch nicht mehr reicht: Umfragen zu Fußball in den USA

Mai 5, 2014

Die Waschbären müssen noch etwas warten, denn das Statistik-Blog FiveThirtyEight hat ein fantastisches Beispiel für die praktischen und unerwarteten Folgen der Mehrsprachigkeit in den USA geliefert. Noch besser ist natürlich, dass es in diesem Fall um Fußball geht, denn die Sportart erscheint erstaunlicherweise mehr interessierte Leser zu interessieren als Buffy oder Mass Effect. Die Welt ist schlecht.

Egal — in der Analyse geht es um eine Ipsos-Umfrage im Auftrag der Nachrichtenagentur Reuters, die sich mit dem Interesse der Amerikaner an der Fußball-WM befasst. Demnach haben doch sieben (in Zahlen: 7) Prozent der US-Bürger vor, sich ausführlicher mit der Sportveranstaltung zu befassen. Eine erschreckend hohe Zahl, wenn man diesen Autor fragt. Was für Eltern müssen diese Menschen haben?

Die Zahl ist Blödsinn, sagt FiveThirtyEight: Die Umfrage sei nur auf Englisch vorgenommen worden. Das sei ein methodischer Fehler.

You can’t get complete data on Americans’ interest in the World Cup unless you talk to people who speak languages other than English.

Es stellt sich heraus, dass insbesondere Hispanics noch so weit von ihren Ursprungsländern geprägt sind, dass sie trotz wesentlich interessanterer Alternativen immer noch Fußball mögen. Allein unter den Latinos in der englischen (!) Umfrage lag das Interesse bei 16 Prozent.

Ipsos hat leider keine spanische Version der Umfrage angeboten. Das ist seltsam, denn mehr als 20 Prozent [PDF] der Amerikaner sprechen inzwischen zu Hause kein English. Hier macht sich die jüngste Einwanderungswelle bemerkbar: Betrachtet man den Zeitraum von 1980 bis 2010, ist das eine Zunahme von 158 Prozent.

Schon wegen dieser Zahlen, so FiveThirtyEight, kann man Umfragen in den USA eigentlich nicht mehr nur auf Englisch führen. Denn es kommt noch schlimmer: Es gibt offenbar wichtige Unterschiede zwischen Hispanics, die English sprechen, und solche, die es nicht tun. Das Blog zitiert den Meinungsforscher David Dutwin:

Hispanics interviewed in Spanish are generally half as likely to own a home, half as likely to be single, nearly half as likely to be employed full time; 1.5x more likely to be a parent (and they are older); four times more likely to have never graduated high school (near 50 percent!), slightly more independent and slightly less Democratic (independent here almost certainly meaning, unaffiliated and nonpolitical); half as likely to be registered to vote; and 1.5x more Catholic; than Hispanics whose surveys are done in English.

Diese Faktoren sollen mit dafür verantwortlich sein, dass Meinungsforscher bei den Wahlen 2010 und 2012 die Unterstützung für die Demokraten unterschätzten. Inzwischen haben viele Institute dazugelernt und führen auch Umfragen auf Spanisch durch. Das kostet natürlich mehr.

Leider konnte dieser Autor keine Zahlen zu den ähnlichen Problemen finden, die es eigentlich bei Umfragen in Deutschland mit Türkisch geben müsste. Allerdings dürfte sich hier das Interesse an Fußball nicht von dem der Mehrheit im Land unterscheiden …


ZEUGS: Der Aufstand der Cheerleader, Godzilla greift ein und alte Kalifornier auf Drogen

April 26, 2014

Eigentlich sollte an dieser Stelle aus aktuellem Anlass ein Eintrag über Waschbären stehen. Aber zwischen diversen anderen Verpflichtungen und zwei gelangweilten Ferien-Kindern sollte es nicht sein. Zum Glück haben wir noch jede Menge Links abzuarbeiten.

Zwar ist sich dieser Autor sicher, dass die meisten interessierten Leser zuerst etwas über Cheerleader wissen wollen, aber wir fangen trotzdem mit Godzilla an: Einige Leute sollte man einfach nicht warten lassen.

  • Zum Krieg gegen Japan: Strategen des US-Militärs analysieren wie es dem Kaiserreich geholfen hätte, wenn es Godzilla als Wunderwaffe hätte einsetzen können:

    The Allied forces are coming at you with everything they’ve got. How do you determine their center of gravity? No worries, you’ve got Godzilla in your corner.

    Der ernste Hintergrund ist ein Gedankenexperiment, wie man das besagte center of gravity des Gegners ermittelt, ihr „Schwerpunkt“, wie es Carl von Clausewitz ursprünglich formulierte. Die US-Streitkräfte hadern schon länger mit dem Begriff.

  • Zu Baseball, auch wenn dieser Autor nach wie vor der Falsche dafür ist: Der interessierte Leser NMK verweist auf eine Landkarte der USA mit den Fan-Zugehörigkeit der einzelnen Mannschaften. Es bleibt dem interessierten Leser als Übung überlassen, eine ähnliche Karte für Fußball aufzustellen. Wobei dieser Autor das Gefühl hat, dass man die ganze Bundesrepublik auch einfach in Bayern-Fans und Bayern-Gegner aufteilen könnte. — Ach, und nebenbei bietet das Statistik-Blog FiveThirtyEight eine Anleitung, wie man seine eigenes MLB-Team aufbaut. Falls jemand noch ein Hobby sucht.
  • Zum Energieverbrauch und alternativen Energien: Die Solarenergie bietet im Moment ein Lehrstück für die Bedeutung der Landes- und Kommunalpolitik in den USA und wie sie sich komplett anders als auf Bundesebene entwickeln kann. In Oklahoma hat die republikanische Gouverneurin Mary Fallin gerade mächtigen konservativen Gruppen wie den Gebrüdern Koch den Stinkefinger gezeigt und ein Gesetz zur Einschränkung von Solarinvestitionen untergraben. Ihr Verbündeter: Ausgerechnet Vertreter der örtlichen Tea Party Bewegung, zusammengeschlossen unter dem griffigen Namen Tell Utilities Solar Won’t Be Killed (TUSK).

    TUSK and its conservative allies have repeatedly found success placing those utility-backed proposals within a free-market frame that speaks directly to conservatives.

    In den vergangenen vier Jahren hat sich die Solarstrom-Kapazität (oder wie man das nennt) in den USA vervierfacht auf 1,1 Prozent der gesamten Stromproduktion.

  • Zu American Football und Frauen, diesmal aber nicht auf dem Spielfeld: Die NFL-Cheerleader proben den Aufstand wegen schlechter Bezahlung, unter anderem für Nebentätigkeiten. Ja, welche Nebentätigkeiten hat denn eigentlich so ein Cheerleader?

    Unpaid activities included: submitting to a weekly „jiggle test“ (where cheer coaches „scrutinized the women’s stomach, arms, legs, hips, and butt while she does jumping jacks“); parading around casinos in bikinis „for the gratification of the predominantly male crowd“; and offering themselves up as prizes at a golf tournament, where they were required to sit on men’s laps on the golf carts, submerge themselves in a dunk tank, and perform backflips for tips (which they did not receive).

    Der Artikel geht auf die geschichtliche Entwicklung der Sportart (Cheerleading, nicht Football) ein und wie das dazu führte, dass die Frauen mit den Pompoms heute gerade einmal 75 Dollar je Spiel einstreichen. Dass das ihnen jetzt nicht mehr reicht, führt ein Anwalt der Buffalo Jills auf die Occupy-Bewegung zurück:

    There’s an increasing public realization of the tremendous unfairness of America’s present economic situation, and as we grow more and more unequal as a society, those tensions are becoming more pronounced.

    Bekanntlich klafft die Schere zwischen Arm und Reich in den USA inzwischen so weit wie seit den 20er Jahren nicht mehr.

  • Zur Wirtschaft, weil wir dabei sind, einige weitere Trends in den USA, die vielleicht nicht jeder mitbekommen hat: Reiche Amerikaner arbeiten inzwischen mehr Stunden pro Tag als arme. Historisch gesehen ist das ziemlich einmalig.

    Other research shows that the share of college-educated American men regularly working more than 50 hours a week rose from 24% in 1979 to 28% in 2006, but fell for high-school dropouts. The rich, it seems, are no longer the class of leisure.

    Hintergrund sind neben wirtschaftlichen Faktoren den Forschern zufolge geänderte Einstellung zur Freizeit als Ganzes und in gewissen Jobs der Spaß an intellektuell anspruchsvollen Tätigkeiten. — Zudem scheint beim Sparen ein Umdenken einzutreten: Der Forschungsgruppe Gallup zufolge geben mehr Amerikaner als jemals zuvor (was in diesem Fall 2001 heißt) an, lieber zu sparen als Geld auszugeben. Allerdings schlägt sich das nicht im Verhalten nieder.

    Data from the U.S. Department of Commerce show that the 2013 average personal savings rate was 4.5%, the lowest since 2007 and low historically. The U.S. average personal savings rate in the 1970s was 11.8%, 9.3% in the 1980s, and 6.7% in the 1990s.

    Der Artikel geht auf das Argument ein, dass viele Amerikaner sich schlicht nicht leisten können, Geld zu sparen, was uns zum vorherigen Punkt zurückbringt. Nicht vergessen: Die US-Wirtschaft wird vom Konsum angetrieben, im Gegensatz zu Deutschland, wo Exporte sehr viel wichtiger sind.

  • Zu Drogen und Sprache: Der BBC – ja, der BBC – bespricht in großer Länge, wie „420“ zum Code für Marijuana wurde. Schuld daran sollen Schüler aus Kalifornien sein (wer sonst) die in den 70ern mit Hilfe einer mysteriösen, handgezeichneten Karte geheime Anbauflächen suchten:

    The friends (…) met after school, at 4:20pm, and drove off on their treasure hunt. They never found the plot. „We were smoking a lot of weed at the time,“ says Dave Reddix or Waldo Dave, now a 59-year-old filmmaker. „Half the fun was just going looking for it.“ The group began using the term 420.

    Der Begriff habe sich dann in ihrem Freundeskreis durchgesetzt – zu dem Mitglieder der Gruppe Grateful Dead gehörten.

  • Zu Kalifornien, weil es einfach zu gut passt: Vielleicht erklärt der vorherige Punkt die vielen, vielen Landkarten, auf denen der heutige Bundesstaat als Insel dargestellt wurde. Der Bericht von Wired schildert dabei auch die Probleme, die ein Sammler dieser Karten zunächst hatte:

    At first we stored them under the bed, but then we were concerned that the cat would pee on them.

    Wie schön, dass auch andere Leute solche Sorgen haben.


ZEUGS: Nackte Deutsche, fehlende Fragezeichen und geheime Eichhörnchen

April 17, 2014

Es hat sich in den vergangenen zwei Wochen einiges angesammelt, daher ein extra-langes Zeugs mit einer extra-kurzen Einleitung.

  • Zur Demokratie in den USA: Der interessierte Leser wird es an anderer Stelle – Slashdot zum Beispiel — vermutlich schon gesehen haben, aber der Vollständigkeit halber verweisen wir auf eine Studie [PDF] mit dem Titel Testing Theories of American Politics: Elites, Interest Groups, and Average Citizens die im Herbst in „Perspectives on Politics“ erscheinen soll und im Netz jetzt schon für Aufregung sorgt.

    Multivariate analysis indicates that economic elites and organized groups representing business interests have substantial independent impacts on U.S. government policy, while average citizens and mass-based interest groups have little or no independent influence.

    Oder, wie es sonst zusammengefasst wird: Die USA sind demnach keine Demokratie, sondern eine Oligarchie. Die Autoren selbst weisen darauf hin, dass frühere Studien das Gegenteil gezeigt haben.

  • Zu Einkommensunterschieden in den USA, wenn wir schon bei
    düsteren Bildern sind: Die sind so Extrem wie seit den 20er Jahren nicht mehr, berichtet der New Yorker mit vielen anschaulichen Grafiken. Mehr noch, die Kluft habe historische Dimensionen:

    Even in terms of income generated by work, Piketty notes, the level of inequality in the United States is „probably higher than in any other society at any time in the past, anywhere in the world.“

    Damit habe sich die Situation verglichen mit Europa umgekehrt — die Neue Welt drohe zur Old Europe des 21. Jahrhundert zu werden.

  • Zu prüden Amerikanern, diesmal aus der umgekehrten Sicht: Der interessierte Leser JS weist auf den Bericht eines Amerikaners hin, der mit den deutschen Konventionen für Nacktheit kämpft:

    Somehow we misunderstood the simple Deutsch dictate, whereby it’s completely acceptable to swim naked outside, and saunas must only be visited nude, but when swimming at an indoor pool in a naked sauna, a bathing suit must always be worn.

    In den Kommentaren finden wir diesen Erklärungsansatz: Germans don’t equate nudity with sexuality.

  • Zur Entwicklung der englischen Sprache: Bei Slate wird darüber diskutiert, ob das Fragezeichen bei rhetorischen Fragen ausstirbt — eine Art im Internet deutlich zu machen, dass man nicht wirklich fragt, was Außerirdische von der Sommerzeit halten. Zum Beispiel.
  • Zu Militärabkürzungen: Quasi als Ergänzung zu unserem Eintrag hat Business Insider eine Liste von Militärslang zusammengestellt, das nur Eingeweihte verstehen. Dieser Autor findet secret squirrel am besten.
  • Zu nicht mehr so religiösen Amerikanern: Eine Studie hat den (Mit-)Schuldigen für die Abkehr der US-Bürger vom Glauben ausgemacht: das Internet, das den Menschen den Kontakt mit anderen Religionen ermöglicht.

    For people living in homogeneous communities, the Internet provides opportunities to find information about people of other religions (and none), and to interact with them personally

    Der Text geht ausführlich auf die Frage ein, ob Korrelation in diesem Fall wirklich Kausalität bedeutet.

  • Zu Baseball, ein Eintrag für den interessierten Leser NMK:
    Sports Illustrated — ja, die Leute mit der berühmten Februar-Ausgabe – untersucht die Unterschiede zwischen den USA und Japan bei der Sportart.

    American coaches generally discourage using the splitter out of fear that it increases torque on the elbow; some teams even take it away from young pitchers. (…) In Japan, says Valentine, „everyone throws the splitter. The star high school kid throws the splitter.“

    Da dieser Autor ehrlich gesagt nur die Hälfte des Artikels verstanden hat, führen wir eine neue Regel ein: Keine Nachfragen über Baseball.

[Korrigiert 29. Apr 2014: Fügt fehlenden Link bei prüden Amerikanern hin, zuerst gesehen von JS, vielen Dank]


META Oops, da war doch noch was

April 13, 2014

Wer mein anderes Blog verfolgt, wird wissen, dass ich nebenbei die Computersprache Forth lerne. Dummerweise gibt es keine moderne Version davon für den 65c02, sondern nur das veraltete FIG Forth. Das ist etwa so, als würde man die Canterbury Tales benutzen, um modernes Englisch zu lernen. Daher musste ich mir selbst ein Forth schreiben, in 8-bit Assembler. Merke: Real Jedi make their own Forth.

Und da in den vergangenen zwei Wochen die richtig komplizierten Dinge wie IF/THEN und DO/LOOP anstanden, habe ich das Blog hier wie angekündigt zwei Wochen ruhen lassen, um mich darauf zu konzentrieren … äh …

… Moment, wie angekündigt?

Curses! Ich war mir sicher, ein META hier gepostet zu haben, aber offenbar ist dieses winzige Detail mir entgangen. Daher entschuldige ich mich für die Funkstille der vergangen Tage, so war das nicht geplant.

Immerhin waren die zwei Wochen ein Erfolg: Bis auf DOES> sind auch die komplizierten Teile von Tali Forth fertig (wird noch im anderen Blog besprochen). In den kommenden Tagen ziehen wir hier schnell erstmal ein ZEUGS hoch und dann geht es wieder normal hier weiter.