Ja, auch Frauen spielen American Football (und zwar nicht nur in Reizwäsche)

August 24, 2012

Nun waren die Olympischen Spiele ganz unterhaltsam, und ja, dieser Autor hatte großen Spaß dabei, mit seiner Umgebung über die Medallienverteilung im Frauenfußball zu sprechen. Aber der 5. September rückt näher und damit der Anstoß bei der wirklich spannenden Sportart. Wird auch Zeit.

Daher wenden wir uns heute einer Frage zu, die diesem Autor früher oder später im Zusammenhang mit American Football immer gestellt wird — spielen das auch Frauen? Die Antwort ist ein klares „Ja“, wenn auch bestenfalls halb-professionell.

Zuerst müssen wir darauf hinweisen, dass Frauen in der NFL bei den Männern mitspielen könnten. Das gab es tatsächlich: Pat Palinkas hielt 1970 den Football für ihren Ehemann hin, einem Kicker (Nicht-Football-Fans: Das ist die Situation bei dem football gag bei den Peanuts, wo Lucy Charlie Brown den Ball wegzieht). Sie wurde berühmt.

„The neatest present I got from the fans was a bronze jockstrap,“ Palinkas boasts. „It was from a fan club in Nebraska. It’s on a plaque.“

Liz Heaston schoss 1997 die ersten Punkte in einem College-Spiel. Allerdings sind diese sehr wenigen Frauen nur in den special teams vertreten, weil die Kraft- und Größenunterschiede zu extrem sind. Im April 2012 wurde übrigens erstmals eine weibliche Schiedsrichterin eingesetzt, doch schon.

Die erste reine Frauen-Liga, die National Women’s Football League, wurde 1974 gegründet, scheint dann aber in den 90ern zerfallen zu sein. Heute gibt es in den USA und Kanada zusammen fünf Ligen:

(Zur Erinnerung: Die Kanadier haben etwas andere Regeln. Unter anderem sind je Mannschaft zwölf Spieler auf dem Feld. Football ist deswegen einer der wenigen Sportarten, die nicht in einer gemeinsamen nordamerikanischen Liga gespielt werden.)

Die WFA und IWFL spielen im Frühjahr, sprich, nach der Saison der Herren, und mit einem etwas kleineren Ball. Die Teamnamen stehen in Sachen Aggression ihren männlichen Kollegen dagegen in Nichts nach. In der WFA finden wir Wisconsin Wolves und New England Nightmare. Einige sind allerdings spezifisch weiblich, wie Los Angeles Amazons, DC Divas oder die Detroit Dark Angels (Englisch ist hier praktisch, weil nicht alles auf -innen enden muss). Es gibt Fan-Kleidung für Footballerinnen, mit Sprüchen wie Real Women Tackle oder Women Hit Harder.

Spätestens jetzt wird der eine oder andere interessierte Leser bemerken wollen, dass er beim Zappen auf der Suche nach einer TV-Dokumentation über das Spannungsfeld der Dialektik im Diskurs der Junghegelianer ganz zufällig Aufnahmen von Frauen gesehen hat, die in einer Halle Football spielten und dabei, nun, recht wenig anhatten. Zwar einen Helm und Schulterpolster, ja, aber sonst eher … äh … Unterwäsche.

Das ist die Lingerie Football League (LFL), die mit je sieben Frauen auf dem Feld und sonst geänderten Regeln spielt. Die Sendung wird offenbar in 85 Länder übertragen. Ab 2014 soll es auch eine Europaliga geben mit Mannschaften in Barcelona, Manchester, Dublin, Frankfurt und „Rhein“, wo auch immer das liegen mag.

Zurück zu den Spielen in voller Montur — wie Frauen in anderen „typisch männlichen“ Sportarten wie Boxen werden Footballerinnen offenbar ständig gefragt, warum sie gerade diese Sportart gewählt haben. Brigid Mullen von den Wisconsin Wolves schrieb dazu in Sports Illustrated:

Because we love the game — end of story.

Männer müssen ihre Liebe zum Football in Nordamerika eher selten begründen. Die Doktorantin Jennifer Carter, selbst eine Defensive Back, hat eine Arbeit über die Herausforderungen an weibliche Footballspieler verfasst. Diese fangen mit der eigentlich für Männer entworfene Ausrüstung an, gehen über die fehlende Fachbetreuung beim Training bis hin zu den gesellschaftlichen Ansichten über Frauen mit Blessuren:

While visible injuries on the field are dealt with similarly through a culture of sacrifice, off the field, women often face stigma due to visible bruising, cuts, scrapes, and other abrasions

Das alles hat den Frauenfootball nicht aufhalten können. Die erste (wenn auch bislang einzige) Weltmeisterschaft fand 2010 in Stockholm statt. Das Endspiel gewannen die USA mit 66 zu 0 Punkten gegen Kanada, wie es sich gehört. Die deutsche Mannschaft landete auf dem undankbaren vierten Platz.

Und damit sind wir an den Punkt, der im Umfeld dieses Autors für die größte Verwunderung gesorgt hat: Frauenfootball gibt es nicht nur in den USA und Kanada. Seit den Achtzigern wird es als „Ladiesfootball“ auch in Deutschland gespielt.

Das erste Spiel fand am 27. September 1987 zwischen den Berlin Adler Girls und einer Spielgemeinschaft Cologne Crocodiles / Hannover Ambassadors / Leverkusen Leopards statt.

Die Bundesliga umfasst zehn Mannschaften. Das diesjährige Finale, der Ladies Bowl XXI, findet am 23. September 2012 ab 15.00 Uhr im Sportpark „Fritz Lesch“ in Frankfurt an der Oder statt. Dieser Autor hat keine Zweifel, dass die Berlin Kobra Ladies gewinnen werden.

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