Amerikanische Häuser und die Liebe zum Holzmaß Two-By-Four

Januar 8, 2009

Seit dem Text über den Energieverbrauch der USA wird dieser Autor ständig gedrängt zu erklären, warum so viele amerikanische Häuser schlecht gedämmt sind. Damit endlich Ruhe ist, werden wir in einem der nächsten Einträge darauf eingehen. Vorher schieben wir einige allgemeine Bemerkungen sowie die Erklärung eines Begriffs ein, ohne den man nicht sinnvoll über den Häuserbau in Nordamerika sprechen kann: Die Standard-Holzgröße two-by-four.

Das traditionelle Baumaterial in den USA ist Holz (einige wichtige Sonderfälle wie den adobe-Stil besprechen wir im Dämm-Text). Das geht so weit, dass der amerikanische Standard-Hammer claw hammer hinten eine „Klaue“ hat, um Nägel wieder aus Brettern zu ziehen.

Das hat nicht zuletzt geschichtliche Gründe, denn wie besprochen war die Ostküste der heutigen USA von vorne bis hinten mit Bäumen vollgestellt, als die europäischen Siedler ankamen. Holz gab es in endlosen Mengen, und entsprechend wurden log cabins gebaut. Das findet man heute noch, von der Edelform bis zum Selbstbauprojekt. In Mitteleuropa war Holz dagegen schon seit dem Mittelalter wegen des Schiffsbaus (insbesondere in England) und der Holzkohle-Gewinnung ungleich knapper.

Typischerweise werden Einfamilienhäuser in den USA inzwischen in einer Rahmenkonstruktion gebaut, dem platform framing [JPG]. Hier prallen die Kulturen hart und unversöhnlich aufeinander.

Für Deutsche sieht die ganze Struktur beängstigend instabil aus, denn für sie muss ein Haus festgemauert in der Erde stehen. Generell sollte man Germanen von amerikanischen Baustellen fernhalten, weil sie sich sonst nachher weigern, ins Obergeschoss zu gehen. Deutsche Holzhaus-Bauer reden sich den Mund fusselig über Stabilität, Ökobilanz und Energieverbrauch, beißen aber auch auf Stein.

Amerikaner finden das verwirrend und zwar nicht nur wegen des Preises. Warum in einem nasskalten Klima Mauern aus Stein bauen, die dann mit großem Aufwand gedämmt werden müssen? Wozu überhaupt diese massiven Wände? Nehmen die Deutschen den Spruch my home is my castle etwa wörtlich?

Deutsche und Amerikaner gehen ohnehin grundsätzlich anders mit dem Objekt Haus um. Ein Haus ist in den USA etwas, das man irgendwann später wieder verkauft, also eher wie ein Auto. Für Deutsche ist es eine Lebensinvestition, die entsprechend erstklassig sein muss. Die Website How To Germany erklärt Angelsachsen die Situation in Deutschland so:

Unlike Anglo-Americans, Germans tend to buy houses for life. They don’t often see the more typical, non-European practice of buying now and continuously upgrading. […] The percentage of Germans owning their homes is surprisingly low compared with elsewhere. At about 42 percent, it is the lowest in the entire European Union.

Dieser Autor hat es inzwischen aufgegeben, der jeweils einen Kultur nahebringen zu wollen, warum die andere mit ihrer Bauweise glücklich und zufrieden ist. Stattdessen erzählt er einfach, dass deutsche Häuser bessere Deckung bieten, wenn die Franzosen Zombies kommen, während amerikanische Häuser aus juristischen Gründen leichter gebaut werden müssen, um beim Aufprall aus großer Höhe die Hexen zu schützen. Das hilft zwar nicht weiter, macht aber wenigstens Spaß.

Wie auch immer: Bei der amerikanischen Rahmenkonstruktion werden standardisierte Holzgrößen verwendet. Man spricht von dimensional lumber. Am wichtigsten sind dabei die Latten für die senkrechten wall studs aus denen die Wände aufgebaut werden. Sie stehen im Abstand von 16 Zoll (etwa 41 Zentimeter) voneinander und bestehen aus langen Brettern, die den Namen two-by-four tragen.

Ah, wird der interessierte Leser jetzt sagen. Weil sie einen Querschnitt von zwei Mal vier Zoll haben? Nein, das wäre logisch, und wo kämen wir denn da hin. Ein Two-By-Four hat einen Querschnitt von 1,5 mal 3,5 Zoll (3,8 mal 8,9 Zentimeter). Der Name ist die nominal dimension und hat historische Gründe. Die actual dimension ist immer kleiner.

Über diesen Rahmen werden dann Gipsplatten oder Bretter gespannt und dazwischen (hoffentlich) Dämmmaterial gepackt. Inzwischen werden zunehmend andere Größen als Two-By-Four benutzt um mehr Platz für die Dämmung zu bieten:

[M]any newer houses have 2-by-6 wall studs either 16 or 24 inches on center to make exterior walls stronger and allow a larger cavity for wall insulation.

Diese Entwicklung halten wir im Hinterkopf fest, denn sie wird im nächsten Eintrag wichtig sein.

Der Begriff des Two-By-Four hat einen festen Platz in der Alltagssprache. Insbesondere soll es nach Auffassung der Amerikaner die Aufmerksamkeit einer Person ungemein fördern, mit so einem Brett eins übergebraten zu bekommen. Im Internet findet man (natürlich) ganze Sammlungen von Zitaten mit diesem Bild:

At one point, Senate Majority Leader Dan DeGrow of Port Huron said: „I don’t know what part of shortage or deficit you don’t understand. … Sometimes I think I need a two-by-four to bang some people upside the head.“

Bei Schweden soll das nicht funktionieren, vermutlich weil sie auch so viel mit Holz bauen:

Contrary to popular belief, a whack upside the head with a two by four isn’t how to get a Swede’s attention. Someone tried that with my cousin Guntar and it only broke the two by four.

Ein Two-By-Four kann auch einfach für nackte Gewalt nützlich sein, wie uns die Muppets zeigen:

Statler: „What’d you think of that sketch?“
Waldorf: „Well, it was better than getting hit in the head by a two-by-four.“
Statler: „No it wasn’t.“
Waldorf: „Yeah, you’re right. (Shouting) Hit me again!“
A nurse walks in with a two-by-four and hits Waldorf in the face with it. Statler laughs.

In Deutschland benutzt man in so einem Fall natürlich keine Holzlatten, sondern Baseball-Schläger. Der Kulturimperialismus geht manchmal seltsame Wege.