Mindestlöhne in den USA

Mai 25, 2007

Der Kongress hat gestern zusammen mit einem Teil des Militärhaushaltes eine Reihe von anderen Geldern bewilligt, darunter eine Erhöhung des Mindestlohns. Dieser steigt von 5,15 Dollar auf 7,25 Dollar.

(Was in aller Welt haben die Kriege im Irak und Afghanistan mit dem Mindestlohn zu tun, mag sich jetzt der interessierte Leser fragen. Gar nichts. Das ist eine Kröte, die die Republikaner schlucken mussten, damit die Demokraten ihre Forderung nach einem konkreten Abzugstermin aus dem Irak aufgeben. Niemand würde verstehen, wenn Präsident George W. Bush jetzt nochmal sein Veto einlegen würde, und so haben die Demokraten eines ihrer Wahlversprechen eingefügt. Diese Art von Kompromiss – das bessere Wort ist wohl Pferdehandel – ist ein normaler Teil des Gesetzgebungsprozesses.)

Die USA haben seit dem Fair Labor Standards Act von 1938 einen Mindestlohn. Er war Teil von Präsident Franklin D. Roosevelts New Deal, um die Weltwirtschaftskrise zu überwinden, und betrug zunächst 25 Cent die Stunde. Zu dem Protestgeheul der Wirtschaft sagte Roosevelt:

Do not let any calamity-howling executive with an income of 1000 dollars a day […] tell you […] that a wage of 11 dollars a week is going to have a disastrous effect on all American industry.

Die Diskussion in Deutschland über die Einführung eines Mindestlohns ist nicht Gegenstand dieses Blogs. Das Thema ist diesem Autor auch schlicht zu komplex, als dass er sich an irgendwelche Vergleiche wagen würde. Wir halten fest, dass der minimum wage als solches in den USA inzwischen nicht mehr in Frage gestellt wird. Diskutiert wird allerdings, wie hoch er sein sollte. Das aktuelle Schlagwort lautet living wage, ein Mindestlohn, der einen gewissen sozialen Standard ermöglichen soll.

Nun wären die USA nicht die USA, wenn der vom Bund festgelegte Mindestlohn einfach so landesweit gelten würde. Auch hier entscheiden die Bundesstaaten und Kommunen, was wirklich gilt. Der federal minimum wage ist dabei die Untergrenze.

(Warum der Bund hier überhaupt etwas zu sagen hat, ist eine Geschichte, die wir getrennt behandeln werden. Kurz gesagt wurde im New Deal Artikel 1, Sektion 8 der Verfassung schlagartig sehr breit ausgelegt, um den Bund größere Befugnisse beim Handel zu geben. Roosevelt lag während dieser Zeit im offenen Krieg mit dem Obersten Gericht. Er gewann.)

Die meisten Bundesstaaten haben eigene Mindestlöhne festgelegt, das Gesetz auf zusätzliche Berufsgruppen ausgeweitet, andere Regeln für Überstunden beschlossen, den Mindestlohn an die Inflation gekoppelt und vieles mehr. Zusätzlich können die Kommunen eigene Gesetze erlassen. So schreiben mehrere Städte, darunter Washington, Miami, Philadelphia und San Francisco, noch höhere Mindestlöhne vor.