Namen in den USA

Februar 26, 2007

Wir fangen nach der Blog-Pause doch nicht mit Fragen der Meinungsfreiheit und Zensur an, sondern schieben aus aktuellem Anlass noch schnell ein anderes Thema zwischen: Heute wäre der 75. Geburtstag von Johnny Cash gewesen.

Wir wollen nicht auf ihn selbst eingehen – den einfachsten Zugang erhält man über den Film „Walk the Line“ – sondern uns seinen Geburtsnamen angucken: J.R. Cash. Dabei stand das „J“ für, nun, „J“ und das „R“ für „R“. Einen „echten“ Namen hatte er zunächst nicht. So ungewöhnlich ist das in den USA nicht: Dieser Autor hatte einen Großvater, der „W.F.“ hieß, ganz offiziell – W-only, F-only, sozusagen. Gerufen wurde er „Bill“, die Kurzform von „William“.

Meistens sind einzelne Buchstaben wirklich Abkürzungen, wie bei „John Ross Ewing“, älteren interessierten Lesern besser als „J.R.“ bekannt. Aber eben nicht immer. So ist für Microsofts Xbox und Zune ein gewisser J Allard zuständig. Das passt nicht zu den anderen Beispielen, denn das „J“ geht nicht auf seine Eltern zurück – die waren mit „James“ klassisch geblieben – sondern war seine eigene Idee. Es zeigt aber, dass der Vorname in den USA auch ein einziger Buchstabe sein kann, weswegen auch kein Punkt hinter dem „J“ kommt (was viele fachfremde Journalisten falsch machen).

Was geht noch? Wir hatten im vorbeigehen darauf hingewiesen, dass die USA keine Meldepflicht und kein Einwohnermeldeamt oder Standesamt haben. Entsprechend gibt es auch keine Stelle, die sich bei der Namensgebung einmischt – Zahlen und Sonderzeichen sind nicht erlaubt, aber das war es eigentlich schon. Wer sein Kind „Pumuckl“ nennen will, darf es tun. Was geht es den Staat an, wie ich mein Kind nenne?

Die Gegenfrage aus Deutschland lautet: Wer schützt die Kinder vor fehlgeleiteter Kreativität ihrer Eltern? Kurz gesagt: Keiner. Da müssen die Blagen durch, denn diese Macht will niemand dem Staat übertragen.

Tatsächlich haben die meisten Amerikaner völlig normale Namen. Klammern wir dann noch die Leute aus, bei denen so etwas wie „Small-Fire Hawk“ eine lange, lange Tradition hat, stellen wir fest, dass es auch in den USA eher die Prominenten sind, die über die Stränge schlagen. Moon Unit Zappa und Cosma Shiva Hagen (geboren in Los Angeles) sind die San Diego Pooths und Cheyenne Savannah Ochsenknechts der USA. Apple Blythe Alison Martin und Zowie Bowie wurden übrigens beide in London geboren: Auch die Briten lassen den Eltern freie Wahl.

Amerikaner (und Briten) sind daher schockiert, wenn sie vom Veto-Recht des deutschen Staates hören. Schnell haben sie das als Erklärung dafür ausgemacht, dass alle Deutschen scheinbar gleich heißen – Claudia, Gaby oder Kathrin bei Frauen, Matthias, Andreas oder Stefan bei Männern. Bestimmt lässt der Staat keine anderen Namen zu!

Hat man ihnen das ausgeredet – es gibt in den USA schließlich auch keinen Mangel an Namen wie „Jacob“ oder „Emily“ – kommt für sie der nächste Schock: Dass einer der Vornamen in Deutschland das Geschlecht klar erkennen lassen muss. Auch das ist in den USA nicht so. Bei Carrie Fisher und Cary Grant wird der Vorname immerhin noch verschieden geschrieben. Bei „Kris“ oder „Angel“ (um einen Buffy-Bezug zu haben) ist man aber aufgeschmissen. Selbst bei „Ali“ darf man keine Schlüsse ziehen.

Wir könnten noch auf andere Besonderheiten hinweisen – dass der Vorname gar kein Vorname sein muss, zum Beispiel, weswegen es Johns Hopkins (mit zwei „s“) und nicht „John“ Hopkins heißt, egal wie häufig man das liest. Aber der Tenor dürfte klar geworden sein: anything goes.

Das heißt aber nicht, dass die amerikanischen Behörden auch auf alles vorbereitet sind. Einige koreanische Einwanderer haben regelmäßig Probleme mit Computersystemen: „O“ wird nicht als Nachname erkannt, sondern als Eingabefehler bewertet.

Und damit schließt sich der Kreis, denn „O“ bringt uns über Pauline Réage zurück zur Zensur. Das soll nun wirklich das Thema des nächsten Eintrags sein.