Der Totenkopf auf dem Ranzen von Kind Nummer Eins und der Day of the Dead

August 4, 2012

Kind Nummer Eins hat einen neuen Ranzen (der in diesem Teil der Republik verwirrenderweise „Mappe“ genannt wird) auf dem ein großer, weißer Totenkopf prangert. Die Schönste Germanin beteuert, das erst nach dem Kauf bemerkt zu haben, und dieser Autor fragt sich, was alles so vererbt wird. Züchten wir hier einen kleinen Goth heran? Kommt bald der Wunsch, das Kinderzimmer schwarz zu streichen?

Die Ehrenwerte Mutter reagierte völlig gelassen. Solche Totenköpfe gebe es schließlich bei ihr im Bundesstaat Arizona überall, als Zeichen des Day of the Dead, genauer, des Día de los Muertos. Selbst die angeheiratete Tante habe ein Cover für ihren iPad mit einem ähnlichen Muster. Die Frau ist über 70 und eine Anglo.

Der „Tag der Toten“ ist ein mexikanischer Feiertag zu Ehren der Verstorbenen. Er wurde zusammen mit den Hispanics — zur Erinnerung, inzwischen die größte Minderheit — in die USA eingeschleppt. Die Feier findet ab dem 30. Oktober statt, mit offensichtlichen Verbindungen zu Allerheiligen: Nach der Entdeckung der Neuen Welt wurden die jahrtausendealten Traditionen der Ureinwohner mit dem katholischen Glauben der spanischen Eroberer vermischt.

The clergymen likened the indigenous gods to the Catholic Saints. (…) By incorporating the beliefs of the Indians, the Spanish were able to quickly convert the majority of Indians to Catholicism.

Die genaue Beschreibung der Bräuche liegt außerhalb des Rahmens dieses Blogs. Wir weisen hier nur kurz auf die Zuckerschädel hin (die man auch selbst machen kann), die Altare in den Häusern mit Gaben für die Toten (ofrenda) und die Pflege der Gräber.

Wichtig ist, dass es keine Trauerfeiern im europäischen Sinn sind. Entsprechend sind nicht-hispanische Amerikaner beim Erstkontakt schon mal etwas verwirrt:

At first, I was a little creeped out by the whole thing. Visiting cemeteries and hanging out with dead people was kind of a foreign concept to me. (…) Being a „Gringa“ (…) I could not figure out why a majority of the graves were decorated with bottles of BEER!

(Was die Frage aufwirft, ob es nicht eine Form von Leichenschändung ist, Verstorbenen amerikanisches Bier anzubieten.)

Auch nach längerer Betrachtung kann dieser Autor nicht einschätzen, ob der Ranzen die Mappe von Kind Nummer Eins von den mexikanischen Schädeln beeinflusst wurde. Vermutlich nicht, denn es fehlt der Unterkiefer, während die mexikanischen Schädel vollständig zu sein scheinen.

So oder so geht dieser Autor jetzt lauschen, ob aus dem Kinderzimmer „This Corrosion“ kommt.