Mulligans und Magic-Monster

Juni 7, 2013

In Vorbereitung eines Umbaus im Wohnzimmer haben wir nach Jahren einen Schrank in der hintersten Ecke des Wohnzimmers ausgeräumt. Dabei ist uns eine deutsche Ausgabe des Fantasy-Kartenspiels Magic: The Gathering aus den 90er Jahren vor die Füße gefallen. Dieser Autor hatte vergessen, wie grausam das damals war: die Übersetzung fragwürdig, die Kunst minderwertig, die Regeln umständlich erklärt. Kind Nummer Eins hat sich trotzdem sofort in das Spiel verliebt. Damit erübrigt sich wohl jeder Vaterschaftstest.

Wir haben daher ein neues, englisches duel deck geholt (für Freaks: Ajani vs. Nicol Bolas), denn man soll nie eine Gelegenheit auslassen, das Vokabular auszubauen. Kind Nummer Eins lernt jetzt so nützliche Begriffe wie Jungle Shrine, tap, untap, exile, artifact creature und natürlich mulligan.

Moment, mulligan?

Das passt schon allein von der Sprache her nicht in ein Spiel, in dem Namen wie Steamcore Weird, Terramorphic Expanse oder Profane Command üblich sind. Tatsächlich ist das ein Begriff, der vom Golf kommt und sich im Englischen inzwischen verselbstständigt hat. Damit wird eine zweite Chance bezeichnet, zum Beispiel ein zweiter Abschlag bei einer informellen Golfrunde, wenn der erste komplett verunglückt ist.

(Oder so. Dieser Autor hat keinen blassen Schimmer von Golf und weiß nur, dass man die anderen Spieler nicht mit dem Schläger hauen darf und dass irgendwelche Tiger mitspielen, auch wenn das unwahrscheinlich klingt.)

Der Ursprung des Namens ist unklar. Die United States Golf Association (USGA) listet gleich drei Geschichten zu einem gewissen David Mulligan auf, der in Kanada in den 20er Jahren sich einen zweiten Schlag genehmigt haben soll.

Wie auch immer, wir finden den Begriff inzwischen auch bei politischen Diskussionen, wie zu Griechenlands Politik in der Schuldenkrise:

Greece wants two mulligans — like a golfer demanding second chance, a do-over tee shot, times two. The immediate and obvious mulligan is a new national election. (…) The second mulligan, The Big Greek Mulligan, is another matter entirely. What Greece really wants is a complete eurozone do-over — a restart, from scratch, with all debts forgiven.

Bei Magic besteht der Mulligan darin, dass man die am Anfang ausgeteilten Karten zurückgeben und neue erhalten kann. Allerdings zieht man dann zur Strafe eine weniger.

Das Spiel selbst hat in den vergangenen Jahren übrigens erstaunliche Fortschritte gemacht. Die Regeln sind zwar immer noch kompliziert, aber werden (zumindest auf Englisch) besser erklärt und die Kunst auf den Karten ist zum Teil schlicht umwerfend. Nur bei der Preispolitik, da scheint sich nicht viel geändert zu haben.

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