Zu den Plünderungen in London und den L.A. Riots

August 9, 2011

Die Krawalle in London erwischen diesen Autor etwas auf dem falschen Fuß. Zwar arbeitet er nach Blackout gerade an einem Eintrag zum Blitz, den Luftangriffen auf London im Zweiten Weltkrieg, die jetzt als Vergleich herangezogen werden. Aber der Text braucht noch einige Tage. Ohnehin fehlt wieder die Zeit, weil es wieder einer dieser Wochen ist – Schließzeit im Kindergarten, genauer gesagt.

Daher nur ein Hinweis auf einen Randaspekt der Geschichte: Die Plünderungen haben in den USA mal wieder die Diskussion über das Recht auf des Bürgers auf eine Waffe angeschoben.

Auf der einen Seite sehen sich die Befürworter einer großzügigen Auslegung des Second Amendment bestätigt. Ihr Argument: Die britische Polizei ist unfähig, dem Chaos Einhalt zu gebieten, die gesetzestreuen Bürger wurden von ihrer Regierung entwaffnet und als Folge brennt London jetzt lichterloh.

Die vielleicht griffigste Formulierung dieses Arguments stammt von dem Jura-Professor und InstaPundit-Autor Glenn Reynolds:

Unlike L.A., there are no Korean shopkeepers with AR-15s to help contain the looting.

(Die ArmaLite AR-15 ist die zivile Version des M-16 Sturmgewehrs.)

Der Vergleich mit den Krawallen von Los Angeles wird in den USA aus offensichtlichen Gründen häufiger herangezogen als der Blitz. Da die jüngeren Semester das nicht mehr kennen dürften, erklären wir das heute auch kurz.

Im April 1992 sprach eine kalifornische Jury vier weiße Polizisten des Vorwurfes frei, den Schwarzen Rodney King verprügelt zu haben, obwohl Videoaufnahmen [YouTube] einen anderen Eindruck machten. Das Urteil wurde allgemein mit Verwunderung aufgenommen, auch von Bürgermeister Tom Bradley und Präsident George Bush (der Vater, nicht der Sohn).

In Los Angeles kam es daraufhin zu sechstägigen Krawallen. Mehr als 50 Menschen starben, Tausende wurden verletzt und der Sachschaden betrug mehr als eine Milliarde Dollar. Am Ende musste die Nationalgarde einrücken. Ein Bundesgericht sprach zwei der Polizisten in einem getrennten Verfahren später schuldig.

Zu den Zielen der Plünderer gehörten insbesondere die Geschäfte koreanischer Einwanderer. Aus der Sicht einer damals 14-Jährigen:

[V]iolence was rampant in the stucco sprawl of the South-Central district, near Koreatown where her parents worked. And Jang’s ethnic group seemed to be a particular target. As she watched, the news featured vivid images of Korean shopkeepers defending their stores with shotguns and pistols.

Hier entluden sich Spannung zwischen Asiaten und Schwarzen:

„I think the black people are jealous of the Koreans,“ [Carl Rhyu] said, voicing a gut feeling that many Korean residents express privately but are too careful to state in public. „They’re lazy; we are working hard. They’re not making money; we are making money.“

Die koreanischen Einwanderer warfen der Polizei vor, sich verdrückt zu haben

„At that time, four police cars were there. Somebody started to shoot at us. The L.A.P.D. ran away in half a second. I never saw such a fast escape. I was pretty disappointed.“

– und nahmen die Sache selbst in die Hand. Wie man am Zitat von Reynolds sieht, sind diese Aufnahmen [YouTube] bis heute prägend.

(Sie lösten unter deutschen Journalisten auch heillose Verwirrung aus – Koreaner? Wieso Koreaner? – denn vor 20 Jahren herrschte in der Presse noch das Amerika-Bild einer weißen Mehrheit und einer schwarzen Minderheit vor. Das ist ein Grund, warum wir in diesem Blog immer wieder betonen, dass die Lage in Wirklichkeit viel komplizierter ist, besonders in Kalifornien.)

Zurück zur Diskussion über Waffengesetze. Der interessierte Leser wird sich die Antwort der Gegner jetzt denken können: In London ist bislang offenbar niemand ums Leben gekommen und das soll so bleiben; die Plünderer tragen auch keine Waffen; die Polizei hat noch andere Mittel zur Verfügung und überhaupt seien die Hintergründe nicht vergleichbar.

Wir steigen wie üblich an dieser Stelle aus und verweisen stattdessen auf einen ganz eindeutigen Unterschied zwischen Engländern und Amerikanern: Offenbar stellen sich die Briten selbst zur Plünderung ordentlich in eine Reihe.

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