Wer (oder besser was) ist Mary Jane?

Februar 12, 2011

Face it, Tiger … you just hit the jackpot!
— Mary Jane Watsons erste Worte an Peter Parker

Dieses Blog leidet darunter, dass dieser Autor noch nicht alle Filme gesehen hat, die er sehen müsste, um die bestmöglichen Einträge zu schreiben. Dazu gehört auch Reefer Madness von Andy Fickman (sein echter Name), für den er jetzt erst Zeit gefunden hat.

Empfohlen wurde ihm die Parodie auf die Anti-Drogen-Bewegung der 30er Jahre, benannt nach einem unfreiwillig komischen Aufklärungsfilm, natürlich schon länger (unter anderem mit dem Hinweis auf „Veronica Mars als Domina“, was zu denken gibt). Allein, es ist kein Film, den man zusammen mit Kindern gucken kann (ja, auch wegen der Szene mit Kristen Bell), und das führt im Hause Stevenson zu gewissen Verzögerungen. Noch, äh, etwa zwölf Jahre lang.

Diese spezielle Lücke ist inzwischen geschlossen, aber leider zu spät für die Einträge über Meinungsfreiheit: Ein Film, der unter anderem Drogenkonsum als nicht so schlimm darstellt, der halbnackte Tanzeinlagen von Jesus, Spott über Präsidenten und Patriotismus enthält und in letzter Konsequenz dazu aufruft, Autorität in Frage zu stellen, hätte gut hineingepasst. Auch die Beschreibung von Franklin D. Roosevelt als Supreme Court packing Bolshevik haben wir jetzt leider knapp verpasst.

Was wir noch mitnehmen können, ist dass der Film die Hölle für Übersetzer sein muss: Neben den Anspielungen auf die politische Landschaft der 30er Jahre kommen die Wortspiele mit Slang-Namen von Drogen hinzu. Wir können unmöglich alle abhandeln — die „offizielle“ Liste der US-Regierung zu solchen Begriffen umfasst etwa 27 Bildschirmseiten, von „3750“ und „420“ bis „Zooie“ und „Zoom“.

Aber ein Ausdruck kommt als Anspielung so häufig vor, dass wir ihn ansprechen sollten: „Mary Jane“ für Marihuana. Eine von unseren berühmten informellen Umfragen hat ergeben, dass der Name in Deutschland nicht ganz so geläufig ist.

(Als Erklärung hört man oft, dass „Marihuana“ vom Spanischen María Juana kommen soll, was eine direkte Verbindung wäre. Offenbar ist das aber umstritten, daher ignorieren wir die Frage des Ursprungs.)

Fans von Janis Joplin werden das wegen des gleichnamigen Lieds wissen:

When I bring home my hard-earned pay
I spend my money all on Mary Jane.

Wir finden entsprechend auch Mary Jane’s Last Dance von Tom Petty and the Heartbreakers oder What’s the New Mary Jane von den Beatles; als Titel findet es sich bei Alanis Morissette, Rick „Superfreak“ James — der die Verbindung zu den Mary Jane Girls herstellt — oder Megadeth. Dort ist der Zusammenhang klar:

Fingers gripped around my brain
No control, my mind is lame
I’m in the astral plane
And I’ll never be the same

Auch Tori Amos sagt, was Sache ist.

Aber was ist mit den ganzen anderen Mary Janes in den USA? Was ist, oh Schreck, insbesondere mit Mary Jane Watson, der love interest von Peter „Spider-Man“ Parker? Die offizielle Marvel-Biografie schweigt sich natürlich zu dem Thema aus. Spider-Mans Schöpfer Stan Lee soll erklärt haben:

„I swear, I never smoked marijuana,“ said Lee in the May 2002 issue of Maxim. „When I named Spider-Man’s girlfriend Mary Jane, it was only after a while that somebody said, ‚You’re pretty nervy giving her the nickname of marijuana.‘ I had no idea that’s what it was.“

[Das nervy heißt hier „du bist dreist“, die Bedeutung des Wortes in den USA, nicht „du bist nervös“, wie die Briten jetzt vielleicht denken.]

Nun kann Lee ja viel sagen — nach dem Motto „aber nicht eingeatmet“ und so. Aber auf Nachfrage bestätigte der Comic-Experte CHR, dass es wohl keine Verbindung gibt. Er verweist zudem auf Green Goblin Reborn! aus dem Jahr 1971, in dem Spider-Man etwas arg demonstrativ Drogen ablehnt. MJ ist wohl clean.

Ach, und natürlich hat dieser Autor immer noch nicht den zweiten Spider-Man-Film gesehen, geschweige denn den dritten. Da inzwischen der reboot in Arbeit ist, wird er wohl nie aufholen …

[Korrigiert 13. Feb 2011: Überflüssiges „a“ bei „Megadeth“ entfernt. Zuerst gesehen von MS, vielen Dank]

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