Der Krieg gegen Japan, Teil 9: Verschiedenes

Juni 5, 2010

Eigentlich sollte dieser Eintrag der letzte der Serie sein. Aber die Schönste Germanin, die nicht nur klug ist, sondern auch weise, meint, man könne nicht über die Geschichte des Pazifik-Kriegs schreiben, ohne auf den Angriff auf Pearl Habor einzugehen.

Es wird also noch einen weiteren Eintrag geben. Dann ist aber wirklich Ende.

Da Texte bekanntlich schlecht werden, wenn sie zu lange auf der Festplatte liegen (eine Variante von bit rot), geben wir heute trotzdem den „Reste“-Eintrag heraus. Es handelt sich ausdrücklich nicht um eine allgemeine Zusammenstellung zum Zweiten Weltkrieg – zum Beispiel geht dieser Autor davon aus, dass der interessierte Leser weiß, was ein Kamikaze ist. Auch Dinge ohne einen starken Bezug zu den USA wie die koreanischen Sex-Sklavinnen lassen wir aus.

Diese Liste wird bei Bedarf ergänzt.

Die Atombombenprogramme der Japaner. Japan unterhielt zwei Kernwaffenprogramme, eins beim Heer und eins bei der Marine. Führender Forscher war der Physiker Yoshio Nishina vom Riken Institut. Er war auch Vorsitzender einer Marine-Kommission, die am 6. März 1943 zu dem Schluss kam [2]:

[U]235 separation would require a tenth of the annual Japanese electrical capacity and half the nation’s copper output.

Eine Atombombe sei zwar machbar, aber Japan würde vielleicht zehn Jahre brauchen. Auch die Amerikaner (und die Deutschen) dürften während des Krieges nicht die Ressourcen für solche Waffen haben. Dieser Teil der Marine kümmerte sich daher lieber um Radar-Forschung. Später sollte ein anderer Teil das Zwischenziel verfolgen, ein Zyklotron zu bauen. Nishina setzte unterdessen bei dem Programm der Armee Trennverfahren ein, die beim Manhattan-Projekt als ungeeignet verworfen worden waren. Im Sommer 1944 hatte er damit 170 Gramm Uran-Hexafluorid erzeugt – die USA produzierten die Vorstufe zu diesem Zeitpunkt bereits tonnenweise. Im April 1945 brannte das Labor nach einem amerikanischen Bombenangriff auf Tokio nieder. Das war das Ende der Programme.

The Baatan Death March. Nach der japanischen Invasion der Philippinen wurden im April 1942 etwa 75.000 amerikanische und philippinische Kriegsgefangene gezwungen, knapp 100 Kilometer von der Halbinsel Bataan zu Gefangenenlagern zu marschieren. Ihnen wurde Nahrung und Wasser verweigert; wer das Tempo nicht halten konnte, wurde getötet. Mehr als 10.000 Gefangene starben. Der verantwortliche General Masaharu Homma wurde nach dem Krieg (unter anderem) wegen des Marsches als Kriegsverbrecher verurteilt und hingerichtet. Der Begriff Bataan death march wird im Englischen inzwischen im übertragenden Sinn für etwas langes, quälendes benutzt. Die Daily Show 2008 beschrieb so den Vorwahlkampf der Demokraten [Video] zwischen Hillary Clinton und Barack Obama.

Banzai, insbesondere banzai charge. Allgemein ein Ausruf im Sinne von „lang lebe“ war „banzai“ Teil des Schlachtrufes Tenno heika banzai („lang lebe der Kaiser“). Amerikanische Soldaten hörten ihn bei den Selbstmordangriffen der Japaner und nannten diese entsprechend „Banzai-Angriffe“. Die Japaner selbst benutzen den Begriff gyokusai (etwa: „zerschlagenes Juwel“). Erstmals wurde die Taktik bei der Schlacht von Attu in Alaska gegen die US-Truppen angewandt, später dann immer häufiger. Unter anderem:

[T]he Battle of Tarawa (November 21-23, 1943), 4,600 (17 surviving); the Battle of Kwajalein (January 30 to February 5, 1944), 7,900 (105 surviving); the Battle of Biak (May 27 to June 20, 1944), more than 10,000 (520 surviving); the Battle of Saipan (June 15 to July 9, 1944), 29,000 (921 surviving), and so on

Erst vor der Schlacht von Iwo Jima (s.u.) Anfang 1945 setzte sich im japanischen Militär die Erkenntnis durch, dass es sinnvoller war, sich für ein letztes Gefecht in eine starke Verteidigungsstellung einzugraben. „Banzai“ ist inzwischen in die Populärkultur eingegangen, als Ausruf oder wie in dem Kultfilm Buckaroo Banzai.

Biologische Kriegsführung. Japan setzte während des Krieges biologische Waffen gegen die chinesische Zivilbevölkerung ein.

Planes dropped plague-infected fleas over Ningbo in eastern China and over Changde in north-central China, Japanese troops also dropped cholera and typhoid cultures in wells and ponds. In all, tens of thousands, and perhaps as many 200,000, Chinese died of bubonic plague, cholera, anthrax and other diseases.

Die Angriffe wurden von der Einheit 731 (engl. Unit 731) geleitet und später von den Alliierten vertuscht (s.u.). Die Überlebenden leiden bis heute an den Folgen der Infektionen. Ein japanisches Gericht bestätigte 2002 erstmals den Einsatz biologischer Waffen. Entschädigungszahlungen schließt Japan aus.

Doolittle Raid. Der erste Luftangriff der USA auf die japanischen Hauptinseln, ausgeführt im April 1942. Von dem Flugzeugträger Hornet starteten 16 kleinere B-25-Bomber und griffen Ziele in Tokio und Umgebung an. Ohne genug Treibstoff für die Rückkehr landeten die Flugzeuge in China. Von den 80 Besatzungsmitgliedern starben sieben – drei während des Einsatzes und vier der acht Männer, die in japanische Gefangenschaft gerieten. Der angerichtete Schaden war trivial, aber der Angriff stärkte die Moral der Alliierten. Mehr noch, Japan konzentrierte sich in der Folge extrem auf die US-Flugzeugträger, was ihnen zum Verhängnis wurde. Beim japanischen Vergeltungsfeldzug Zhejiang-Jiangxi starben etwa 250.000 Chinesen.

Europe First. Doktrin der Alliierten, zuerst den Krieg in Europa zu gewinnen und dann erst sich Japan zuzuwenden. Die Strategie beruhte zu einem Teil auf blankem Rassismus [1]: Die Deutschen waren gefürchtete Krieger, die schon die Römer besiegt hatten; die Japaner waren komische kleine Leute, die rohen Fisch aßen. Wie gefährlich konnten die sein? Tatsächlich zeichnete sich der durchschnittliche japanische Soldat durch Mut und vor allem Opferbereitschaft aus. Der britische Offizier John Masters schrieb zu seinen Erfahrungen in Birma:

In our armies, any of them, nearly every Japanese would have had a Congressional Medal [of Honor] or a Victoria Cross. (…) They believed in something, and they were willing to die for it, for any smallest detail that would help to achieve it. What else is bravery?

Die US-Generäle in Europa schauten trotzdem noch lange auf die Kriegsschauplätze im Pazifik als die bush leagues herab.

The Greatest Generation. Ein von dem Journalisten Tom Brokaw geprägter Begriff für die Kriegsgeneration in den USA. Er erklärte:

Came out of the Depression with all that economic deprivation, went beyond their own shores to help save the world from fascism, came back, rebuilt their enemies, built the country that we have today, married in record numbers, went to college in record numbers, kept their values, never whined, never whimpered.

Brokaw betont, dass es keine „perfekte“ Generation war, unter anderem wegen des Rassismus. Die Beschreibung beinhaltet auch Kritik an die nachfolgende Generation der Baby Boomers: Demnach wären sie im Vergleich ein Haufen egoistischer, jammernder Weicheier, die das Erbe der Kriegs-Generation verschwendeten.

Hell Ships. Spitzname für die japanischen Schiffe, auf denen alliierte Kriegsgefangene transportiert wurden. Von etwa 62.000 Gefangenen auf 56 Schiffen starben bis zu 22.000. Überlebende berichten:

The prisoners had been so crowded in these other holds that they couldn’t even get air to breathe. They went crazy, cut and bit each other through the arms and legs and sucked their blood. In order to keep from being murdered, many had to climb the ladders and were promptly shot by guards.

Zudem kennzeichneten die Japaner die Schiffe nicht wie nach dem Kriegsrecht vorgeschrieben. Von den Alliierten waren sie daher nicht von normalen Frachtern zu unterschieden. Entsprechend versenkte beispielsweise das britische U-Boot HMS Tradewind im September 1944 die Junyo Maru. Von den 6.500 Gefangenen an Bord – darunter 1377 niederländische Kriegsgefangene und 4.200 Zwangsarbeiter aus Java – starben 5.620 bei dem Angriff.

Die Hinrichtung von Leonard Siffleet. Der australische Soldat Siffleet wurde in Neu-Guinea von Eingeborenen gefangengenommen und an die Japaner übergeben, die ihn am 23. Oktober 1943 hinrichteten. Sekunden vor seiner Enthauptung wurde ein Foto [JPG] aufgenommen, das im April 1944 bei einem toten japanischen Soldaten gefunden wurde. Die Aufnahme gehört zusammen mit der US-Fahne auf Iwo Jima (s.u.), den Luftaufnahmen von Hiroshima und dem Baby von Shanghai [GIF] zu den „ikonenhaften“ Bildern des Pazifik-Kriegs, die ständig abgedruckt werden.

Holdouts. Bezeichnung für japanische Soldaten, die nach der Kapitulation weiterkämpften, entweder weil sie nicht davon hörten oder aus ideologischen Gründen. Die letzten (bekannten) ergaben sich in den 70ern. Dazu gehörte Hiroo Onoda, der erst 1974 seine (noch voll funktionsfähige) Waffe abgab, als ihn sein ehemaliger Kommandeur die Befehle dazu persönlich auf den Philippinen vorlas. Onoda erklärte später (Hervorhebung im Original):

Some dreams are best not to wake up from. On Lubang, I believed I was defending Japan by making the island into a stronghold as best as I could with my two comrades, [Shoichi] Shimada and [Kinshichi] Kozuka. When they both died, I continued my mission alone. When World War II ended for me in 1974, the past all seemed like a dream.

Onoda hatte seit dem Ende des Krieges etwa 30 Menschen getötet. Wegen der Umstände wurde er vom philippinischen Präsidenten begnadigt.

Indianische code talkers. Insbesondere die Marines setzten während des Krieges im Pazifik Indianer als Funker ein. Hintergrund war die Erkenntnis, dass sehr wenige Japaner Navajo sprachen. Zu diesem Thema wird es einen eigenen Eintrag geben.

Internierungslager für US-Japaner. Während des Krieges wurden etwa 120.000 Menschen japanischer Abstammung in den USA (und in Kanada) gezwungen, in Internierungslager (engl. concentration camps) umzuziehen. Dabei wurde die gesamte Westküste zu einer Sperrzone [JPG] für sie erklärt. Betroffen von Executive Order 9066 waren auch Frauen und Kinder. Begründet wurde die Maßnahme mit der Gefahr von Anschlägen und Spionage. Der damalige Staatsanwalt von Kalifornien und spätere Richter am Supreme Court, Earl Warren, erklärte:

When we are dealing with the Caucasian race we have methods that will test the loyalty of them. But when we deal with the Japanese, we are on an entirely different field.

(Mit „Kaukasier“ werden in den USA Weiße bezeichnet). Eine Untersuchung des Kongress befand in den 80er Jahren, dass die Lager ein massives Unrecht waren und auf „race prejudice, war hysteria, and a failure of political leadership“ zurückgingen. Präsident Ronald Reagan unterzeichnete später ein Gesetz, das die Zahlung von Reparationen in Höhe von 1,6 Milliarden Dollar an die Betroffenen anordnete.

Island hopping. Vorgehensweise der Alliierten im Pazifik, um die japanische Strategie der verlustreichen Rückzugsgefechte zu kontern. Dabei wurden nicht alle Stellungen (in der Praxis also Inselgruppen) eingenommen, sondern nur die wenigen, die für einen Vorstoß gegen die Hauptinseln nötig waren. Die anderen wurden von der Versorgung abgeschnitten und sich selbst überlassen (wither on the vine). Insbesondere die japanische Hochburg auf Rabaul wurde nie angegriffen.

Japanisch-amerikanische Soldaten. Während Amerikaner japanischer Abstammung zu Zehntausenden in Inhaftierungslager gesteckt wurden (s.o.), kämpften andere gegen das Kaiserreich. Die überwiegend aus japanischstämmigen US-Bürgern zusammengestellte 442nd Regimental Combat Team ist bis heute die höchsten ausgezeichnete Einheit seiner Größe in der Geschichte der USA:

The unit earned over 18,000 individual decorations, including 9,486 Purple Hearts and seven Presidential Unit Citations, the nation’s top award for combat units.

Im Jahr 2000 legte die US-Regierung noch 21 Medals of Honor nach, die höchste militärische Auszeichnung des Landes: Eine Kommission hatte befunden, dass ihre Leistungen damals nicht ausreichend gewürdigt worden waren. Die Geschichte der 442nd wurde 1951 in dem Film Go for Broke erzählt. Der Titel spielt auf das Motto der Einheit an („alles auf eine Karte setzen“).

Kriegsgefangenschaft. Alliierte Kriegsgefangene wurden in Japan deutlich schlechter behandelt als in Deutschland. Unter den gefangengenommen Mitgliedern des US-Heeres lag die Todesrate in deutschen Lagern bei 0,9 Prozent, in japanischen bei 35 Prozent [1]. Der Autor James Clavell – in Deutschland hauptsächlich für Shogun bekannt – verarbeitete seine Erlebnisse in japanischer Gefangenschaft in dem Roman King Rat. Sein Lager gehörte dabei zu den vergleichsweise human geführten.

Mark XIV Torpedo. Die amerikanischen U-Boote begannen den Krieg mit Torpedos, die eher in Ausnahmefällen explodierten – die Versagerquote lag selbst unter perfekten Bedingungen bei bis zu 70 Prozent. Entsprechend mies war die Ausbeute am Anfang des Pazifik-Kriegs:

The Asiatic submarines made 136 attacks, firing 300 torpedoes in the first four months sinking only ten ships.

Hintergrund waren gleich eine ganze Reihe von technischen Problemen. Blödsinn, sagte die Marine-Führung: Der Torpedo ist in Ordnung, die Kapitäne sind unfähig [der Streit mit der Bürokratie dürfte einer der Vorbilder für das Kommando der Sternenflotte bei Star Trek geliefert haben, das auch immer als ein Haufen Idioten dargestellt wird]. Erst 1943 lag eine brauchbare Waffe vor. Daher: In U-Boot-Simulationen des Pazifik-Kriegs immer die Option realistic torpedoes ausschalten.

Massaker von Manila. Angesichts der vorrückenden US-Truppen ordnete General Tomoyuki Yamashita im Februar 1945 den Rückzug aus der philippinischen Hauptstadt an. Mehrere Tausend japanische Soldaten befolgten den Befehl nicht und massakrierten die Zivilbevölkerung der Stadt – darunter auch Priester und Mitglieder des Roten Kreuzes. Etwa 100.000 Menschen wurden ermordet. Yamashita wurde nach dem Krieg als verantwortlicher Befehlshaber verurteilt und hingerichtet, obwohl er weder direkt an diesen Verbrechen beteiligt noch sie angeordnet hatte. Das juristische Prinzip heißt bis heute „Yamashita Standard“ und wurde in Star Trek VI: The Undiscovered Country von den Klingonen gegen Kapitän James T. Kirk angewandt.

Massenselbstmorde japanischer Zivilisten. Neben den oben beschriebenen Selbstmordangriffen der japanischen Soldaten kam es zu Massensuiziden von Zivilisten, die der Kriegspropaganda ihrer Regierung glaubten:

Japanese civilians were convinced that the Americans would rape and abuse them, „punch out their eyes, cut off their noses and pull off their legs and arms“. (…) The Japanese were told that to join the US marines a recruit had first to kill his mother and father.

Am berüchtigtsten ist die Selbstmordwelle nach der Schlacht von Saipan, bei der am Marpi Point Hunderte Familien von den Klippen sprangen [Video, nicht für Kinder geeignet]. Der Marineinfanterist Guy Gabaldon beschrieb eine Szene:

As we stop we can see four children thrown off. They were pleading with their parents not to kill them. It seems that the children had more faith in us than did their parents. (…) In a couple of minutes it’s all over. The whole bunch lies down below either dead or dying.

Der Hispanic Gabaldon wurde berühmt, weil er auf Saipan mit seinem Straßenjapanisch aus Los Angeles insgesamt etwa 1.500 japanische Soldaten und Zivilisten dazu brachte, sich einzeln oder in kleinen Gruppen zu ergeben. Von seinen Vorgesetzten wurde ihm dafür zunächst das Kriegsgericht angedroht, später wurde er ausgezeichnet. Besonders die Ermordung der Kinder [PNG] durch die eigenen Eltern hinterließ tiefe Spuren bei den amerikanischen Soldaten und verstärkte das Bild von den Japanern als unmenschliche Fanatiker.

The Rape of Nanking (Massaker von Nanking). In den sechs Wochen nach der Einnahme der chinesischen Stadt Nanking (Nanjing) ermordeten japanische Soldaten mehrere Hunderttausend Menschen und vergewaltigten bis zu 80.000 Frauen. Wegen der extremen Brutalität ist das Massaker das berüchtigtste der japanischen Kriegsverbrechen und belastet die Beziehung zwischen China und Japan bis heute. Der deutsche Kaufmann John Rabe bot während der Übergriffe als „Schindler Asiens“ etwa 250.000 Chinesen Zuflucht und wird in der Volksrepublik bis heute als Held gefeiert. Zahlreiche japanische Politiker – nicht nur Nationalisten – sprechen dagegen von Lügen. Der in den USA gängige Begriff der „Vergewaltigung“ geht auf die Autorin Iris Chang zurück, deren gleichnamiges Buch 1997 im englischsprachigen Raum zu einem Sachbuch-Bestseller wurde.

Schlacht von Guadalcanal. Erste Groß-Offensive der Alliierten im Pazifik-Raum, von 1942 bis 1943. Die Einnahme der Insel markierte für sie den Übergang zur Offensive. Es zeigte den alliierten Politikern zudem, dass trotz der Europe-First-Strategie (s.o.) auch größere Vorstöße im Pazifik-Raum erfolgreich sein konnten. Ein Teil der Invasion wurde 1999 als The Thin Red Line mit einem Star-Aufgebot verfilmt.

Schlacht von Iwo Jima. Die Invasion der Insel im Februar und März 1945 markiert wiederum eine Änderung der japanischen Strategie: Statt in banzai charges (s.o.) in den Tod zu gehen, gruben sich die Verteidiger ein. Die Verluste auf amerikanischer Seite – etwa 6.900 Tote und 19.200 Verwundete – waren als Folge davon höher als die aller Alliierten während der Normandie-Landung. Auf japanischer Seite starben etwa 18.300 Soldaten. Berühmt geworden ist das Foto von Joe Rosenthal [JPG], wie die (zweite) US-Fahne gehisst wurde. Viele Alliierte konnten nicht verstehen, warum die vergleichsweise unwichtige Insel überhaupt eingenommen werden musste. Erst später wurde bekannt, dass sie für Notlandungen der Bomber benötigt wurde, die die Kernwaffen tragen würden. Die Schlacht wurde von Clint Eastwood zweimal verfilmt, einmal aus japanischer Sicht (Letters from Iwo Jima) und einmal aus amerikanischer (Flags of Our Fathers). Dieser Autor kann nur den japanischen Film empfehlen.

Schlacht von Midway. Seeschlacht am 4. Juni 1942, die allgemein als Wendepunkt des Pazifik-Kriegs gesehen wird: Die Vormacht der japanischen Flotte wurde gebrochen, ab hier waren die Gegner gleich stark. Die Amerikaner spielten bei dem Gefecht ihren überlegenen Nachrichtendienst aus. Japan verlor vier Flugzeugträger (Kaga, Akagi, Soryu und Hiryu), die USA einen (Yorktown). Fast noch schwerwiegender für Japan war der Verlust seiner besten Piloten: Die Regierung in Tokio hatte keinen langen Krieg eingeplant und konnte die Verluste nie wirklich ersetzen.

Tokyo Express. Englische Bezeichnung für die Schiffsroute, mit der die Japaner in der Nacht – und damit sicher vor Luftangriffen – ihre Einheiten auf Neu-Guinea und den Salomonen versorgten. Der japanische Name soll „Ratten-Transport“ (nezumi yuso) lauten.

Tokyo Rose. Kollektiver Name für englischsprachige Ansagerinnen des japanischen Hörfunks, die im Zweiten Weltkrieg Propaganda verbreiteten. Was wirklich gesagt wurde und was auf Seemannsgarn beruhte, ist erstaunlich schwer zu entscheiden: Auf japanischer Seite wurden die Unterlagen gegen Kriegsende zerstört und viele der abgehörten Programme wurden vom US-Nachrichtendienst auf Wachstrommeln aufgezeichnet, die nach dem Gebrauch wiederverwertet wurden. Die Berichte der Soldaten waren nicht unbedingt hilfreich:

Many characterized her voice as „soft,“ „smooth,“ „sultry,“ or „sexy“; she spoke with a slight accent, or they were amazed by its lack. When asked to describe the content of Tokyo Rose’s radio show, some former servicemen recounted taunting tales of unfaithful wives who were dating draft-dodgers.

Als „die“ Tokyo Rose wurde trotzdem die 33-jährige Ansagerin Iva Toguri d’Aquino im September 1949 des Hochverrats schuldig gesprochen. Überwältigend war das Beweismaterial nicht. Sie wurde 1956 aus der Haft in den USA entlassen, 1977 von Präsident Gerald Ford begnadigt und starb 2006. Unabhängig von der historischen Wahrheit gehören Anmoderationen von „Tokyo Rose“ inzwischen zum festen Inventar von Filmen über den Pazifik-Krieg.

Unit 731. Die „Einheit 731“ war eine geheime Forschungseinrichtung der japanischen Armee mit dem Ziel, biologische (s.o.) und chemischen Massenvernichtungswaffen zu entwickeln. Sie wurde 1936 von dem Arzt Shiro Ishii gegründet. Die Labors wurden in Ping Fan im besetzten Osten Chinas gebaut. Im englischen wird die Anlage auch Auschwitz of the East genannt. Dort wurden sadistischen Versuche vorgenommen:

Others had limbs amputated to study blood loss – limbs that were sometimes stitched back on the opposite sides of the body […] People were locked into high-pressure chambers until their eyes popped out, or they were put into centrifuges and spun to death like a cat in a washing machine.

Wie in anderen besetzten Gebieten wurden Vivisektionen durchgeführt. Vor den anrückenden Sowjets tötete das japanische Militär am Ende des Krieges die noch lebenden Gefangenen – insgesamt starben dort je nach Schätzung zwischen 3.000 und 12.000 Menschen – und sprengte die Gebäude. Keiner der Verantwortlichen wurde im Westen vor Gericht gestellt: Im Gegenzug für die Forschungsdaten erhielten sie von den USA Straffreiheit, die Verbrechen wurden von amerikanischer und japanischer Seite vertuscht. Die Sowjetunion verurteilte ihrerseits zwölf der Forscher als Kriegsverbrecher. Ishii selbst starb 1959 in Chiba an Halskrebs.

Yamamoto, Isoroku. Der Architekt des Angriffs auf Pearl Harbor war so etwas wie der Kassandra Japans. Zwischen den Kriegen hatte er in den USA studiert, war ein Kenner der amerikanischen Mentalität und hatte eine realistische Vorstellung von der Wirtschaftskraft des Gegners. Yamamoto war entsprechend gegen den Angriff auf die USA und sagte voraus:

I shall run wild considerably for the first six months or a year but I have utterly no confidence for the second and third years.

Seine Vorgesetzten teilten seine Bedenken nicht. Yamamoto wurde auf der Grundlage von Geheimdienstinformationen im April 1943 von amerikanischen Kampfflugzeugen abgeschossen (Operation Vengeance).

[Hinweis auf den Bataan-Marsch in der Daily Show von TS, vielen Dank]

([1] Richard B. Frank Downfall. The End of the Imperial Japanese Empire. Penguin Books 1999. [2] Rhodes, Richard The Making of the Atomic Bomb, Simon & Schuster 1986.)

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