Left 4 Dead 2 und die korrekte Ausführung des Victory-Zeichens

Juni 2, 2009

Die Softwarefirma Valve hat einen Nachfolger für seinen erfolgreichen Zombieshooter Left 4 Dead angekündigt, der den einfallsreichen Namen Left 4 Dead 2 (L4D2) trägt. Veröffentlicht wurden schon ein (genre-typisch blutiger) Trailer und das erste Poster [JPG] mit dem Spruch

This time it all goes South

Wie fast jeder Text in der Serie ist das ein Witz: L4D2 spielt nicht nur in den Südstaaten, to go south bedeutet auch, dass etwas auseinanderfällt oder in die Hose geht. Das zweite Spiel soll nicht nur größer, intelligenter und schneller sein, sondern auch gloriously more gory, wie die Spieletester von Rock, Paper, Shotgun es beschreiben.

Entsprechend können wir davon ausgehen, dass die BPjM versuchen wird, das deutsche Volk vor der sozialethischen Desorientierung zu bewahren, die droht, wenn man Zombies mit einer Bratpfanne erschlägt. Beim ersten Teil wurde bekanntlich sogar das Titelbild der Verpackung retouchiert und damit das Wortspiel mit den „verbliebenen vier Fingern“ zerstört. Daher sollten wir schnell den Witz auf dem neuen Cover [JPG] erklären, bevor es wieder von der Zensur zunichte gemacht wird. Das Thema stand eh auf der Liste.

Denn diesmal geht es um zwei Finger, die zu einem V ausgestreckt sind. Im Englischen wird allgemein vom V sign gesprochen, in Deutschland ist die Geste besser als „Victory-Zeichen“ (oder neuerdings als „Ackermann-Zeichen“) bekannt.

Als solches wurde es von dem britischen Weltkriegs-Premierminister Winston Churchill berühmt gemacht. In den USA war es Präsident Richard Nixons Markenzeichen [JPG]. Allerdings ist die Situation bei den Amis etwas komplizierter, denn in den 60ern versuchte die Hippie-Bewegung, die zwei Finger als ein Friedens-Zeichen zu vereinnahmen. Entsprechend hängt dort die Bedeutung vom Zusammenhang ab.

Wie auch immer, die weltweite Verbereitung des V-Zeichens gehört zu den größten Erfolgen des angelsächsischen Kulturimperialismus. Selbst die ärgsten Feinde des Westens benutzen es.

Doch halt.

Es ist in angelsächsischen Ländern, insbesondere in Großbritannien, von entscheidender und manchmal für die eigene körperliche Unversehrtheit von kritischer Bedeutung, die Hand richtig herum zu halten. Um „Sieg“ (oder „Frieden“) zu signalisieren, muss die Handinnenfläche nach außen zum Betrachter zeigen. Zeigt dagegen der Handrücken zum Betrachter – wie beim L4D2-Cover – ist es zwar immer noch ein V sign, aber jetzt eine schwere Beleidigung. Sie liegt etwa auf der Ebene des von Amerikanern bevorzugten flipping the bird, wie liebevoll der ausgestreckte Mittelfinger genannt wird.

Eine eindrucksvolle Demonstration des two-finger salute finden wir, wo sonst, bei Buffy, als der britische Vampir Spike in der Folge „Hush“ zu verstehen gibt [JPG], dass er an der plötzlichen Sprachlosigkeit der Stadt keine Schuld trägt. Das zeigt uns, dass Amerikaner die Geste durchaus verstehen, auch wenn sie sie nicht anwenden, und dass sie selbst im FCC-überwachten Fernsehen zulässig ist. Die Briten werden dagegen richtig fuchsig, besonders wenn ihre Fußballspieler nicht an sich halten können.

Der Unterschied zwischen den Formen ist leider nicht allen Germanen klar. Das sieht man nach kurzer Suche auf Google Images mit den Stichworten „Victory Zeichen“. Der CDU-Politiker Christian Wulff macht es zum Beispiel zwar fast immer richtig, aber leider nur fast. Immerhin fällt das inzwischen Teilen der deutschen Presse auf.

(Ganz bizarr war eine Werbekampagne von Nike, wo zwar vom „weltweit bekannten Victory-Zeichen“ die Rede ist, die Modelle es aber falsch herum zeigen: Der Fotograf Rankin war ein Brite. Hat er die Firma auf den Arm genommen?)

Während der Mittelfinger eine lange Tradition hat und angeblich als digitus impudicus auf die Antike zurückgeht, ist die Herkunft des V-Zeichens unklar. Eine im Internet und in viel zu vielen Medien wiederholte Erklärung hat mit der Schlacht von Agincourt im Jahr 1415 während des Hundertjährigen Kriegs zu tun. Die von ihrem tiefsten Wesen her bösen Franzosen sollen demnach den aufrechten
britischen Langbögen-Schützen [YouTube] gedroht haben, ihnen die Finger abzuschneiden, damit sie nie wieder eine Sehne ziehen könnten. Als die Briten einen überwältigenden Sieg errangen, sollen sie ihre Finger hochgestreckt haben – schaut her, wir haben sie noch.

Dass die Geschichte Quatsch ist, sieht man schon daran, dass die Amerikaner sie auch erzählen, allerdings für ihr Mittelfinger-Zeichen. Kurz, es gibt keine historischen Belege dafür. Angelsachsen mögen sie trotzdem, weil sie den Franzosen grundsätzlich alles Schlechte zutrauen. Außerdem sind sie immer noch sauer, den Krieg verloren zu haben: Bis heute ist das britische Staatsgebiet [JPG] auf dem Festland unter französischer Besatzung.

Bleibt die Frage, was in Deutschland mit dem neuen L4D-Cover passieren wird. Wird nur wieder der Daumen ergänzt? Oder wird man die Geste so erkennen, wie sie gemeint ist? Im November werden wir es wissen. Außer natürlich, das Spiel wird dieses Mal vorsichtshalber ganz verboten – und der Verkauf von Bratpfannen gleich noch dazu.

%d Bloggern gefällt das: