Der Name „Columbia“ (und einige Bemerkungen zu Star Trek Enterprise)

April 30, 2009

Da dieser Autor böse auf Buffy ist, muss er sich andere Unterhaltung suchen. Auf Drängen des interessierten Lesers MLJ hat er sich mit einigem Bauchgrummeln dazu entschlossen, Star Trek: Enterprise eine zweite Chance zu geben. Bekanntlich ist das die Serie, bei der die Produzenten Rick Berman und Brannon Braga ihre volle Verachtung für die Vision und die Ideale von Gene Roddenberry auslebten und die Franchise so an die Wand fuhren, dass der für den 8. Mai angekündigte Film von J.J. Abrams eigentlich den Untertitel It’s not dead yet, Jim tragen müsste.

Aber MLJ bestand darauf, dass zumindest die vierte und letzte Staffel von STE gut sei. Und so weiß dieser Autor jetzt, dass das Schwesterschiff der Enterprise (NX-01) Columbia hieß. Nun, wie auch sonst bei einer amerikanischen Serie.

„Columbia“ findet man in den USA überall: Die Columbia University, dem Regierungsbezirk District of Columbia, dem Fluss Columbia, diverse Kriegsschiffe und natürlich bei der verunglückten Raumfähre. Die Liste in der Wikipedia ist lang. Dass sich der Name von Christopher Columbus ableitet, ist klar und wäre hier nicht eine Erwähnung wert.

Allerdings ist in Deutschland weniger bekannt, dass „Columbia“ lange Zeit als ein poetisches Synonym für die USA benutzt wurde, ähnlich wie Albion lyrisch für England steht.

Die Engländer waren auch diejenigen, die es eingeführt haben. Die erste Nennung – damals noch in Bezug auf die Kolonien – fand 1739 in der Zeitschrift „Gentleman’s Magazine“ statt und diente dazu, die Zensur zu umgehen: Die Briten waren mit der Demokratie noch nicht ganz so weit, und es war verboten, über Sitzungen des Parlaments zu berichten. Man behalf sich mit „Berichten über den Stand der Dinge in Lilliput“ und benutzte dazu einen erweiterten Satz von Namen aus Gullivers Reisen. Deutschland war übrigens „Allemanu“.

Der Spitzname überstand die Revolution. Das Lied „Hail Columbia“ war lange Zeit eine der vielen Pseudo-Nationalhymnen der USA, bis die richtige kam. Mitte des 19. Jahrhunderts gesellte sich „Columbia, the Gem of the Ocean“ [Vorsicht, Heimorgelmusik] dazu:

O, Columbia! the gem of the ocean,
The home of the brave and the free,
The shrine of each patriot’s devotion,
A world offers homage to thee.
Thy mandates make heroes assemble
When Liberty’s form stands in view;
Thy banners make tyranny tremble

Hier haben wir wieder das poetische thy.

Es gab auch eine personifizierte Columbia. Wie es sich für das 18. Jahrhundert gehört, wurde sie in Anlehnung an die griechisch-römische Kunst oft (aber nicht immer) als Frau im Bettlaken dargestellt. Das kennen wir von ihren Freundinnen Justitia, Marianne und Britannia [JPG]. Frau Germania [JPG] ist da wohl eher eine entfernte Cousine.

Das Motiv kennen wir auch von dem Sinnbild der Freiheit, die bei den Amerikanern als Lady Liberty als Teil der Freiheitsstatue Schiffe begrüßt und bei den Franzosen als La Liberté die Barrikaden [JPG] stürmt. Ein Unterschied besteht darin, dass Frau Freiheit in Frankreich zu wardrobe malfunctions neigt.

Der letzte große Auftritt von Columbia war im Ersten Weltkrieg, als sie Rekrutierungsposter zierte. Dort tauchte auch schon der Mann auf, der sie inzwischen verdrängt hat: Uncle Sam [JPG]. Ein Grund dürfte sein, dass Sam mit seinem übertrieben ernsten Gesichtsausdruck und leicht tölpelhaften Benehmen eher den Bedürfnissen amerikanischer Zeichner entgegenkommt als eine übernatürliche Frau, die Schwärmerei inspirieren soll. Wie soll man da ausreichend zynisch sein?

Auch die Südamerikaner dürften eine Mitschuld am Niedergang von Columbia haben. Im Jahr 1819 sagte sich der nordwestliche Teil des Kontinents von Spanien los und wurde zu Gran Colombia, aus dem Ecuador, Panama, Venezuela und das heutige Colombia hervorgingen – Kolumbien.

Man beachte die Schreibweise: Im Englischen und (wichtiger) im Spanischen heißt das Land Colombia mit „o“, im Gegensatz zu Columbia mit „u“. An den Germanen gingen dummerweise die Feinheiten der Namensgebung in der Neuen Welt vorüber, und so trägt der Staat in Südamerika im Deutschen jetzt den Spitznamen der USA. Bevor man sich um „US-amerikanisch“ Sorgen macht, sollte das vielleicht zuerst behoben werden.

Und wie ist Star Trek Enterprise jetzt? Zumindest bei der vierten Staffel scheinen die Autoren sich tatsächlich zusammengerissen zu haben. Es fehlt der Anspruch von Next Generation, aber zumindest die Spannung und der Humor ist da.

Einen Rat nur: Die letzte Folge ist katastrophal und man versteht sofort, warum sie Schauspieler und Fans rasend gemacht hat. Der interessierte Leser tut gut daran, nach „Terra Prime“ die DVD aus dem Player zu nehmen und so zu tun, als hätte es „These are the Voyages“ nie gegeben. Denn wer waren die Autoren? Berman und Braga. Natürlich.

[Korrigiert 11. Juni 2009: „Adams“ ist eigentlich Abrams“, zuerst gesehen von AT, vielen Dank]