We fired our guns and the British kept a-comin‘
There wasn’t nigh as many as there was a while ago
We fired once more and they began a-running
Down the Mississippi to the Gulf of Mexico
– Jimmie Driftwood, „The Battle of New Orleans“
Dieser Autor kann gesprochene Werbung nicht ausstehen und vermeidet daher wo er nur kann Radio und Fernsehen. Im Auto kommt er allerdings nicht um den Hörfunk herum, denn Kind Nummer Eins hatte in frühen Jahren die Angewohnheit, Münzen in den CD-Schlitz zu werfen, und jetzt traut die Familie auch dem neuen Gerät nicht. Wenn Kind Nummer Zwei über diese Phase hinaus ist, wird die alte Anlage ausgetauscht und durch ein Gerät ersetzt, dessen wichtigstes Merkmal ein Anschluss für den iPod sein wird.
Vor einigen Wochen nun hat dieser Autor beim Fahren gleich zwei Mal in kurzer Folge etwas im Berliner Radio gehört, das er absolut nicht erwartet hätte: Ein amerikanisches Kriegslied, das von der Schlacht von New Orleans im Jahr 1814 handelt, das letzte große Gefecht im Krieg von 1812. Darin wird mit großem Vergnügen beschrieben, wie die bloody British, feige Säcke wie sie sind, vor den intrinsisch tapferen Amerikanern wie die Hasen wegrannten, so schnell, dass nicht einmal die Hunde sie fangen konnten.
Jedem klar, welches Lied gemeint ist?
Wenn nein, hier noch einige Hinweise. Die ursprüngliche Version – „The Battle of New Orleans“ – stammt von Jimmie Driftwood aus dem Jahr 1936. In den USA ist Johnny Hortons Variante von 1959 allerdings bekannter, für das er 1960 auch einen Grammy erhielt. Davon hat in Deutschland aber, wie informelle Umfragen dieses Autors zeigen, niemand etwas gehört. Hier kennt man offenbar nur das Remake der Les Humphries Singers, um den es hier auch geht.
Noch nicht klar? Letzter Hinweis: Mexicooooooooo!
Genau, der Song [YouTube], das „Gute-Laune-Feten-Lied“, wie es eine nichtsahnende deutsche Bekannte beschrieb, das unter anderem auf einer Doppel-CD mit dem Namen „Fußballfieber“ verkauft wird. „Mexico“ ist am Ende nur eine leicht veränderte Cover-Version eines antibritischen, hämisch-nationalistischen amerikanischen Kriegsliedes.
Nun hat dieser Autor nichts gegen das Triumphgeheul, besonders weil die Briten während des Krieges beim Burning of Washington (unter anderem) gezielt die Kongressbibliothek mit Tausenden schon damals seltenen Büchern abfackelten. Auch im Weißen Haus (das entgegen der Legende schon vorher weiß gewesen war) überlebten nur zwei Kunstwerke das Inferno. Geschieht den Inselaffen völlig Recht.
Wie kommt aber ausgerechnet der deutsche Rundfunk dazu, so etwas zu spielen? Sonst sind alle Sender hierzulande, private wie öffentliche, peinlich darauf bedacht, nur politische korrekte Pazifisten-Songs wie „Everybody’s Gone to War“ von Nerina Pallot, „You’re in the Army Now“ von Status Quo, „Cruise Missiles“ von Fischer-Z oder (das sachlich falsche) „19“ des Engländers Paul Hardcastle aufzulegen. Schon bei einem einigermaßen neutralen Song wie „Camouflage“ von Stan Ridgway hört man förmlich den Diskjockey im Hintergrund mit seinem Gewissen ringen.
Fairerweise muss man sagen, dass Jürgen Drews und Co die wahre Natur des Liedes verschleiert haben. Bei Horton dominieren Trommeln und Banjo und Mexicoooo ist nicht der Refrain. In der Cover-Version fehlt auch die lehrreiche Strophe, in der erklärt wird, wie man aus einem Alligator ein Geschoss macht:
We filled his head with cannon balls, and powdered his behind
And when we touched the powder off, the gator lost his mind.
Mehrere Bekannte im Umfeld dieses Autors haben ihm zudem glaubwürdig versichert – bevor sie wussten, worum es ging – dass der Text für Nicht-Muttersprachler schwer zu verstehen ist.
Jetzt, wo wir das Problem beseitigt haben, bleibt für den interessierten deutschsprachigen Leser nur eins: Zu bedauern, dass die Engländer die EM-Qualifikation verpasst haben.