ZEUGS: Gores Haus, Hilfe für Soldaten und Bush gegen die Todesstrafe

April 7, 2008
  • Zu Energieverbrauch und Mais: Mehr als zehn Prozent der 2007 neu verkauften Autos in den USA hatten einen „alternativen Antrieb“. In Zahlen waren es fast 1,8 Millionen Stück, ein neuer Rekord. Viel machen dabei die Hybridfahrzeuge wie der Toyota Prius aus, in den die Amis völlig vernarrt sind. Zu den Fans gehören Leonardo di Caprio, Billy Crystal, Harrison Ford, Kevin Bacon, Susan Sarandon, Arnold Schwarzegger und die Schönste Germanin. Dieser Autor hätte viel lieber etwas anderes – Autos werden überbewertet.
  • Zu Häusern und Energie: Der interessierte Leser wird vielleicht irgendwann eine Spam-E-Mail bekommen haben, in der behauptet wird, Al Gores Haus sei eine Energie-Hölle und die Ranch von George W. Bush ein Öko-Paradies, ausgerechnet. Das ist nicht völlig falsch. Amerikanische Grüne räumen zähneknirschend ein:

    George [W.] Bush’s policies on just about everything to do with the environment are wrong-headed and destructive, but you cannot say the same for his ranch in Crawford, Texas.

    Dort wird Sonnenlicht und Erdwärme genutzt. Gore erklärt, dass er seinen Verbrauch mit dem Kauf von carbon credits ausgleicht. Ach so ist das, sagen seine Kritiker – Reiche dürfen sich vom Umweltschutz freikaufen? Der Rest der Schlammschlacht ist dem Selbststudium überlassen.

  • Zu Häusern, wenn wir dabei sind: Die durchschnittliche Größe eines amerikanischen Hauses nimmt immer weiter zu: 1940 lag er bei 139 Quadratmeter, 2007 bei fast 232 qm. Da die Familien immer kleiner werden, hat der durchschnittliche Amerikaner immer mehr Wohnraum. Ja, aber wozu, fragen die Kritiker –
  • – denn in Amerika gibt es nie einen Trend ohne Gegentrend: Gruppen wie die Small House Society treten für weniger Platz ein – sehr viel weniger Platz, sagen wir mal, 7,8 qm. Das ist fast schon üppig, denn es gibt Modelle mit 6,5 qm. In diesen Diskussionen ist immer wieder von einem gewissen Proto-Öko namens Henry David Thoreau die Rede, dem wir einen Eintrag widmen müssen.
  • Zu Typhoid Mary: Der interessierte Leser JH weist auf den Roman „Die Ballade von der Typhoid Mary“ von Jürg Federspiel hin, der zumindest „im nordwestlichen Teil der Ostschweiz“ ein Erfolg gewesen sei.
  • Zu nervigen Verwandten: The British are coming! Angelockt vom billigen Dollar strömt der britische Pöbel als Touristen in die USA und benimmt sich wie, nun, Hooligans. Amerikaner sind zwar Eurotrash gewohnt, aber der weiß sich wenigstens grob zu benehmen. Der Badehandtuch-Krieg in Spanien geht damit an die Deutschen.
  • Zum Niedergang Europas: Damit nicht Mark Steyn ständig als Beispiel für den nordamerikanischen Glauben herhalten muss, dass die Alte Welt vor dem Aus steht: Bruce S. Thornton von der California State University macht in den USA gerade Werbung für sein Buch Decline and Fall: Europe’s Slow Motion Suicide. Das konservative politische Magazin „National Review“ hat in seiner Online-Ausgabe ein Interview mit ihm:

    Prof. Thornton says Europeans are not reproducing because “the dolce vita lifestyle does not include children.” A Europe that is drawn to instant pleasure has little interest in investing in either children or the future of the Europe.

    Das Interview ist schlecht verlinkt, daher hier Klickhilfen für Teil 2, Teil 3, Teil 4 und Teil 5.

  • Zu Chaucer, weil erstaunlich viele interessierte Leser danach gefragt haben: Es gibt einen Blog in seinem Englisch mit dem einleuchtenden Namen Geoffrey Chaucer Hath a Blog. Die Site gibt etwas Hintergrund zu der Sprache, ist aber sonst aktuell – es gibt sogar eine Chaucer-Version von LOLCATS, I can hath [sic] Cheezeburger? Unter so gebildeten Leuten kann ein Buffy-Bezug nicht fehlen, und tatsächlich wird gegen Liebeskummer empfohlen:

    And thus, take two pintes of hagen dasz dulce de leche, a ful seson of buffie the vampyre slayre, and calle me in the morninge.

    Das hagen dasz dulce de leche schreibt sich heute etwas anders.

  • Zum FCC: Jetzt will auch das Supreme Court wissen, warum plötzlich „flüchtige Flüche“ (fleeting expletives) mit drakonischen Geldstrafen belegt werden. Die Sender hoffen natürlich auf ein Urteil im Sinne von Stop that shit! Die Verhandlung wird im Herbst erwartet.
  • Zum Militär: Im deutschen Internet macht ein Video [YouTube] von US-Soldaten die Runde, die bei ihrer Rückkehr am Flughafen spontan von den Umstehenden applaudiert werden. Was sich offenbar nicht herumgesprochen hat, ist dass es aus einer Bier-Werbung stammt (es hilft ungemein, sich Filme bis zum Ende anzuschauen). Tatsächlich gibt es ein landesweites Programm namens A Hero’s Welcome, gegründet von der Soldaten-Ehefrau Sharon Hyland Keyser. Und der Veteran Bert Brady und einige Gleichgesinnte [Video] stehen auf eigene Faust 300 Tage im Jahr am Flughafen von Dallas und begrüßen Heimkehrer.
  • Zum Militär: In den USA sieht man häufig die Aufforderung Support our troops als Autoaufkleber, wobei sich wie bei Save the whales der Einsatz oft mit dem Kauf von selbigem erschöpft hat. Allerdings gibt es ein Programm namens Any Soldier, bei dem man Pakete an wildfremde Soldaten schicken kann. Am häufigsten gewünscht? Briefe.

    The NUMBER ONE request from the troops is for letters of support from home, especially from kids. Address letters to „Dear Soldier“ or „Dear Marine“ etc., and write as if you were sending a letter to a friend. Hearing about what’s happening at home boosts a soldier’s morale in a big way. […] A letter of support is a powerful thing to a soldier away from home, often for the first time, in a hostile environment.

    Die obige Aufforderung zur Teilnahme an Any Soldier stammt aus dem demokratischen Blog Daily Kos, der massiv gegen den Irak-Krieg ist.

  • Zu Berkeley: Dort gehen die Proteste und Gegenproteste [Fotos, konservative Quelle] fröhlich weiter. Das Ganze hat die Stadt inzwischen mehr als 200.000 Dollar gekostet.
  • Zu Fluoriden: Seattle hat sich den Städten wie San Fransico angeschlossen, die ihren Behörden aus Umweltschutz- und Kostengründen den Kauf von Wasser in Flaschen verboten haben. Das Leitungswasser sei von der Qualität mindestens genauso gut (Amerikaner trinken Wasser eh ohne Kohlensäure). Es gibt eine lange Debatte darüber, ob das fehlende Fluorid in Flaschenwasser ein Problem ist.
  • Zur Todesstrafe: In einem etwas, äh, ungewöhnlichen Fall hat der Supreme Court Präsident George W. Bush überstimmt, der eine Hinrichtung in Texas stoppen wollte. Der mexikanische Mörder Jose Ernesto Medellin hatte nach Urteil des Internationalen Gerichtshofs nicht ausreichend die Möglichkeit, mit seiner Botschaft zu sprechen. Bush sah dieses genauso und verlangte ein neues Verfahren. Das Oberste Gericht entschied jetzt, dass der Präsident nicht einfach irgendwelche internationalen Verträge abschließen kann, die die Gesetze der Bundesstaaten aufheben – wir sind wieder bei der Trennung der Ebenen. Der Kongress muss sie dazu auf dem normalen Weg in amerikanisches Recht einbauen. Kritiker sahen in Bushs Vorgehen ohnehin nur einen Versuch, seine Macht auszubauen. Vor der Hinrichtung von Medellin wartet Texas auf eine Grundsatzentscheidung des Supreme Courts zur Giftspritze.

[Chaucer zuerst gefunden über Never Enough Homework.]

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