Kool-Aid mit Apfel-Geschmack

Oktober 31, 2007

So join me as I prepare to drink deeply of the Steve Jobs Kool-Aid and plunge myself into the Leopard, to prove this Apple revolution is truly the way of the future.

– Kuactet, aus einer Leopard-Parodie auf Slashdot

Die Schönste Germanin hält diesen Autor für einen fanatischen Apple-Benutzer. Das sieht er natürlich anders. Als Zeugen würde er die Mitarbeiter der Apple-Feedback-Abteilung vorladen, die seit der Zombifizierung des iBooks bestimmt seine regelmäßigen Ratschläge vermissen – dass ein Dienst wie .Mac im 21. Jahrhundert kostenlos sein muss, dass sie sich für das berüchtigte „downgrade“ von iMovie HD auf iMovie 08 schämen sollten oder der Wahnsinn, die 12″-Laptop-Reihe einzustellen. Die Beziehung war schon immer differenziert.

Trotzdem, der interessierte Leser wird seit dem Dahinscheiden des iBooks hier ein gewisses Maß an, äh, emotionaler Betroffenheit festgestellt haben, und das Verhältnis zum iMac könnte als eng beschrieben werden. Apple-Nutzer haben allgemein den Ruf, quasi-religiöse Gefühle zu ihren Rechnern zu entwickeln, was in Amerika wie in Deutschland als Kult beschrieben wird. In den USA kommt noch eine weitere Formulierung für blinde Hörigkeit gegenüber Autoritäten dazu: To drink the Kool-Aid.

Kool-Aid ist buntes Fruchtgetränk von Kraft Foods, das als Pulver verkauft wird. Man gibt Wasser hinzu und kann es dann trinken, oder damit Wolle färben, oder, wenn man ein Rockstar ist, auch seine Haare. Ein gewisser Edwin Perkins aus Nebraska erfand das Pulver 1927, damals noch als Kool-Ade. Zunächst wurde die Packung für zehn Cent verkauft, in der Weltwirtschaftskrise dann für fünf Cent, heute für 25 Cent. General Foods kaufte die Marke 1953. In Europa kann man es online kaufen.

Kool-Aids Aufstieg zu mehr als nur ein Softdrink begann in den 60er Jahren, als es von Hippies mit dem zuerst noch legalen LSD versetzt wurde. Tom Wolfe schrieb 1968 das berühmte Buch The Electric Kool-Aid Acid Test über Ken Kesey, dem Autor von One Flew Over the Cuckoo’s Nest, und seiner Bande von Merry Pranksters, die mit den Grateful Dead durch Kalifornien fuhren und solche acid tests durchführten. Kraft Foods redet nicht so gerne über diese Zeit, irgendwie.

Der Spruch bekam später einen düsteren Hintergrund. Im Jahr 1978 begingen die etwa 900 Anhänger eines Psycho-Kultes von Jim Jones in Südamerika Massenselbstmord. Unter den Opfern in Jonestown waren 276 Kinder. Der Tod wurde in Form eines Softdrinks verabreicht, der mit Zyanid versetzt worden war.

Nur – dabei handelte es sich nicht um Kool-Aid, sondern um das Konkurrenzprodukt Flavor Aid. Kool-Aid war bis dahin aber schon zu einem generischen Begriff für Pulver-Limos geworden, und durch die 60er vorbelastet. Daher: To drink the Kool-Aid. Manchmal ist es doof, Marktführer zu sein.

Wir sollten festhalten, dass es in der Computerwelt nicht nur Kool-Aid mit Apfel-Geschmack gibt. Mini-Microsoft schreibt in seinem Blog:

I’m just not drinking the current variety of Kool-Aid. I love Microsoft and I work with the absolute best people in the world and it’s because I love this company that I’m flustered with any slothful, stumbling trends.

Und in der Linux-Welt finden wir:

Since it seems that I am the only Linux user who hasn’t drunk the Ubuntu Kool-Aid yet, I thought I’d give a whirl this weekend.

Dieser Autor hat übrigens selbst einen sehr schönen Ubuntu-Server, weswegen er gar kein fanatischer Apple-Benutzer sein kann. Außerdem: Leopard ist schon seit Freitag auf dem Markt und immer noch nicht im Hause Stevenson installiert. Seit Freitag! Jederzeit aufhören zu können, das ist das Wichtige …

[Geändert 28. Nov 2007: Toter Link zur Homepage entfernt]

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